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Taehyung

Es dauerte eine ganze Weile, bis das gesamte Chaos beseitigt und die Wohnung wieder aufgeräumt war. Nur der Geruch wollte nicht so recht verschwinden, also öffnete ich alle Fenster, damit man wenigstens wieder vernünftig atmen konnte, bevor ich zum Kühlschrank ging und etwas suchte, das ich hätte kochen können, denn ich wusste, dass mein Vater immer Hunger hatte, wenn er von einer seiner Sauftouren wieder zurück kam.

Wie zu erwarten, fand ich nichts brauchbares, also zog ich Jacke und Schuhe an, um zum Laden zu gehen, der ja glücklicherweise ziemlich lange geöffnet hatte und wo ich meinen Mitarbeiter-Rabatt bekam. Unterwegs zog ich die kühle Luft tief durch die Nase ein und sah kurz in den Himmel. Es war keine einzige Wolke zu sehen und obwohl der Smog in Korea so dicht war, konnte ich die Sterne klar erkennen.

„Oh hey, Taehyung! Was machst du denn hier, du hast doch heute frei?!“, begrüßte Mr Kim mich und ich zuckte mit den Schultern. „Muss einkaufen“, gab ich bloß knapp zurück, aber das war er ja von mir gewohnt.

Nachdem ich alles zusammen hatte, was ich brauchte, ging ich zur Kasse, um zu bezahlen, aber Mr Kim wollte mal wieder kein Geld von mir. „Lass' mal, Taehyung. Du arbeitest hier so gut, da brauchst du das nicht bezahlen. Und jetzt ab mit dir, es ist gleich dunkel und es soll sehr kalt werden“, lehnte er meinen Versuch zu bezahlen ab und lief in einen der Gänge. Da ich das aber absolut nicht mochte und mich mit der Kasse auskannte, öffnete ich sie kurzerhand und legte das Geld, das ich ihm für den Einkauf schuldig war, hinein.

Und ich dankte ihm im Stillen dafür, dass er wegen des Alkohols keine Fragen stellte...

Wieder zu Hause, schüttelte ich die Kälte kurz aus meinen Gliedmaßen. Mr Kim hatte Recht, es war wirklich sehr kalt geworden und meine Finger fühlten sich an, als wären sie eingefroren gewesen. Beim Schuhe ausziehen stolperte ich aber über meine eigenen Füße und machte ruckartig einen Schritt nach vorn, wobei ich gegen die Kommode mit den Fotos stieß und ehe ich mich versah, klirrte es auch schon.

Sofort als ich wieder fest stand, sah ich auf den Boden und riss die Augen weit auf. Das Foto meiner Eltern lag unter kaputtem Glas und einem gebrochenen Rahmen da. Ich stellte schnell die Tüten ab und schmiss mich beinahe schon daneben auf das kalte Holz. „Nein, bitte nicht!“, flehte ich verzweifelt und zog das Foto unter den Scherben hervor. Glücklicherweise hatte das Bild nichts abbekommen und ich drückte es tief atmend an meine Brust, bevor ich es mir wieder ansah und mit dem Daumen darüber strich.

„Du fehlst mir, Eomma“, flüsterte ich in die Stille und seufzte. Es half ja alles nichts. Ich musste sehen, dass ich einen neuen Rahmen besorgte und das ziemlich schnell, bevor mein Vater es bemerkte. Dann wäre nämlich wieder ein Sturm losgegangen, auf den ich wirklich gern verzichtete. Ich räumte noch schnell die Lebensmittel ein und schmiss die Scherben weg, bevor ich in meine Hausschuhe schlüpfte und mir meinen Schlüssel schnappte. An Jins Tür klopfte ich ein paar mal und wartete, bis mein Hyung mir die Tür aufmachte und mich verständnislos ansah. „Du hast echt ein Talent dafür, zu den unmöglichsten Urzeiten aufzutauchen, weißt du das?“, meckerte er, obwohl ich wusste, dass er es nicht wirklich ernst meinte.

„Tut mir leid, Hyung. Aber ich brauche dringend einen Bilderrahmen und die Läden haben geschlossen. Hast du vielleicht einen hier, den du nicht mehr brauchst? Es ist wirklich wichtig“, ratterte ich herunter und Jin überlegte kurz, ging dann aber zu einem kleinen Schrank und nahm einen Rahmen heraus, in dem sich bereits ein Bild befand. Ohne zu zögern nahm er das Bild raus und zerknülle es, ehe er mir den Rahmen in die Hand drückte. Er muss meinen verwirrten Blick bemerkt haben, denn er winkte ab und sagte todernst: „Das war bloß ein altes Bild von mir. Ich muss sowieso mal neue machen.“

Dankbar nahm ich es an und wollte wieder gehen, nachdem ich mich verbeugt hatte, aber Jin hielt mich auf. „Sag' mal, was machst du am Samstag eigentlich?“, wollte er wissen und ich war nur noch verwirrter. „Samstag? Wieso?“. Der Ältere lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. „Na weil du da Geburtstag hast. Sag' bloß, du hast es vergessen!“

Hatte ich bei dem ganzen Stress wirklich...

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Where stories live. Discover now