✧ 58

2.4K 220 62
                                    

Jungkook

Das Wochenende verging schnell.

Viel zu schnell.

Nach Taehyungs Geburtstagsfeier haben wir die ganze Zeit über nur geredet und die Zeit genutzt, um uns besser kennenzulernen. Taehyung sollte den wahren Jungkook kennen lernen, nicht den Schläger, dem nichts wichtiger war, als sein Ruf und deshalb stand ich an diesem Montag auch mit einem mehr als mulmigen Gefühl im Bauch auf, denn wir mussten wieder in die Schule und das bedeutete, dass es nun wirklich soweit war, mich den anderen Schülern zu zeigen, wie ich nun einmal war. Vor allem aber, dass Taehyung zu mir gehörte.  Er sollte nicht länger im Schatten leben, wie er es bisher getan hatte...

Ich stand auf und schlenderte in die Küche, während Taehyung wohl schon unter der Dusche stand. Was mich wunderte, denn es war eigentlich noch viel zu früh, um aufzustehen. Seine Verletzungen waren deutlich besser geworden und er lächelte viel mehr, was mein Herz jedes Mal ein paar Takte schneller schlagen ließ. Wir kuschelten zwar viel, denn wir beide brauchten diese Nähe einfach, aber im selben Bett schliefen wir nicht. Taehyung hatte zwar nichts gesagt, aber ich wollte ihn nicht bedrängen, wo er doch gerade erst erlebte wie es war, seinen Freiraum zu haben. 

 Ich öffnete gerade den Kühlschrank, als ich einen Aufschrei hinter mir hörte und mich ruckartig umdrehte. „J-Jungkook, ich... Oh Gott!", stammelte Taehyung, der bloß mit einem um die Hüften gebundenen Handtuch dastand und sich mit einem anderen offenbar die Haare trocken rubbelte. Wie erstarrt, stand ich mit einer Flasche Orangensaft in der Hand vor dem Kühlschrank und schluckte trocken, denn Taehyung war wirklich schön. Nicht auf eine erotische Weise, was er durchaus auch war, aber sein Körperbau erinnerte mich an eine Statue, die man gemeißelt hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nie bewusst, dass ich einen speziellen Typ bevorzugte oder überhaupt einen hatte, aber genau in diesem Moment wurde mir klar, dass mein Typ offenbar Taehyung war.

„I-Ich gehe mich... anziehen", sagte der Ältere nur noch ziemlich leise und kurz danach war er auch schon mit eiligen Schritten die Treppen hoch gelaufen, während ich noch immer versuchte, die Situation zu verarbeiten. Um es ihm aber nicht noch schwerer zu machen, deckte ich einfach den Tisch und setzte mich mit meinem Kaffee auf den Stuhl. Mein Handy vibrierte wegen einer Nachrichte, als ich aber Jiyongs Namen sah, drehte ich es einfach um und fing an, mein Toast zu essen. Ein paar Minuten später, kam Taehyung wieder in die Küche gelaufen, diesmal aber angezogen und zu meiner Überraschung trug er einen meiner Hoodies und eine Jeans, die er sich offenbar aus meinem Schrank genommen hatte. 

Taehyung schien meinen Blick zu bemerken und sah an sich runter, bevor er anfing, am Saum des Pullovers herum zu fummeln und wohl nach den richtigen Worten suchte. „Ich, ehm... Ich habe mir Sachen von dir geborgt, aber ich werde sie waschen und wieder zurück in deinen Schrank legen, versprochen. Es ist nur... Ich habe ja gar nichts zum Anziehen hier und mein Vater-" „Es ist okay, wirklich", unterbrach ich seinen beinahe hilflosen Erklärungsversuch und schob mit meinem Fuß den Stuhl neben mir zurück, bevor ich nickte und „Setz' dich, das Toast ist noch warm" sagte. Der Dunkelhaarige sah mich kurz irritiert an, öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber doch wieder und setzte sich zögerlich neben mich. Seine Wangen waren leicht gerötet und er vermied es um jeden Preis, mich anzusehen.

Ich wollte nicht, dass Taehyung sich wegen dieser Begegnung vorhin schlecht fühlte, also tat ich etwas, von dem ich mir nicht einmal sicher war, ob es die Situation nicht noch schlimmer machen würde: Ich legte meinen Toast weg, stand auf, zog mir mein Shirt über den Kopf und legte es einfach über die Lehne hinter mir, ehe ich mich wieder setzte und weiter aß, als wäre nichts passiert. „Wa- Wieso-", stammelte der Ältere und hielt in seiner Bewegung inne. „Ausgleichende Gerechtigkeit", zuckte ich mit den Schultern und sah Taehyung an. „Ich habe dich halbnackt gesehen, du siehst mich halbnackt. Das ist nur fair."

„Du bist so ein Idiot. Zieh' dich wieder an", stieß der Dunkelhaarige kopfschüttelnd aus und wollte hinter mir nach meinem Shirt schnappen, bewegte seinen Arm aber so ruckartig auf dem Tisch, dass er dabei das Glas Milch umstieß, das vor mir stand und fast der ganze Inhalt entleerte sich auf meinem Bauch und meiner Hose.  „Oh scheiße, das tut mir leid!", entschuldigte er sich sofort, griff sich eine Serviette und fing an, auf meiner Haut herum zu reiben. Er wischte die ganze Milch von meiner Haut und arbeitete sich zu meinem Schritt runter, was mich scharf die Luft einziehen ließ. Er realisierte überhaupt nicht, was er da tat, bis ich mich räusperte und er mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. „Was ist?"

Sicher, ich hätte es auch dezent machen und einfach seine Hand wegschieben können, aber den kleinen Spaß wollte ich mir dann doch nicht nehmen lassen. „Ach, nichts. Nur vielleicht solltest du etwas fester reiben, damit die Milch auch wirklich rausgeht", sagte ich deshalb und tatsächlich rieb er für genau fünf Sekunden weiter an meiner Hose herum, bis er es selbst bemerkte und wie ein geölter Blitz seine Hand zurückzog. „Du perverser Arsch!", sagte er gespielt schockiert und warf die Serviette auf den Tisch. „Ach, komm' schon, das war 'ne Steilvorlage!", lachte ich, denn sein verärgerter Gesichtsausdruck sah einfach zu lustig aus. Es war bloß ziemlich dumm von mir zu denken, Taehyung würde sich das einfach gefallen lassen.

Mit einer fließenden Handbewegung, nahm er nämlich sein eigenes Glas mit dem Orangensaft und schüttete es mir über den Kopf. Erst war ich geschockt und wollte mich aufregen, als ich aber das herzhafte Lachen von dem Älteren hörte, konnte ich nicht anders, als ebenfalls zu lächeln. „Na warte!", erklärte ich ihm den Krieg und schnappte mir die Marmelade, die ich ihm kurzerhand ins Gesicht schmierte. Natürlich artete es es aus und irgendwann bewarfen wir uns nur noch mit Essen, jagten uns dabei sogar gegenseitig um den Tisch herum, bis es an der Tür klingelte und ich lachend öffnete, denn ich rechnete damit, dass es der Paketbote sein würde. Allerdings irrte ich mich gewaltig, denn vor mir stand Jiyong, der ziemlich wütend aussah. „Alter, kannst du mal an dein Handy gehen oder auf meine Nachrichten antworten? Oder bist du zu beschäftigt damit- Wie siehst du überhaupt aus?", meckerte er drauf los und musterte mich von Kopf bis Fuß, ehe sich sein Ausdruck lockerte und er seltsam grinste.

„Ah verstehe, du hast irgendeine Tusse da drin. Ist sie so gut im Bett, dass du nicht mal deinem besten Freund antworten kannst?", tippte er mir gegen die Schulter und zwinkerte. Ich war so perplex, dass ich einfach, ohne darüber nachzudenken „Ja" sagte und Ji mir wieder auf die Schulter klopfte. „Alles klar, dann besorgs' ihr ruhig weiter. Ich warte an der Schule auf dich, wir müssen über unsere nächste Aktion mit Gaymin reden", sagte er mit einem fiesen Unterton und ging auch direkt wieder. Noch immer völlig überfordert, machte ich die Tür wieder zu und drehte mich um, nur um direkt in Taehyungs Gesicht zu sehen. 

„Hattest du gestern noch Besuch, oder wer soll so gut im Bett sein? Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass ich es nicht gewesen bin."

Fuck.

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt