Kapitel 63

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1 Woche Später

Marcos Sicht:

Der Vorfall mit Janas Vater ist jetzt eine Woche her. Seitdem geht es ihr nur noch schlecht. Sie isst und trinkt nicht. Sie spricht nur wenn man sie etwas fragt. Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Es tut so weh, sie so zu sehen. Ich kann einfach nicht verstehen, was mir ihren Eltern schief gelaufen ist. Wie kann man seine Tochter so behandeln. Ich könnte das niemals bei Mara. Wie kann man bloß so herzlos sein? Ich glaube das einfach nicht.

Ich werde durch das Klingeln meines Handys aus meinen Gedanken geholt. Ich hole es raus und sehe, dass Mats mich anruft. Bevor ich seinen Anruf annehme, gehe ich aus dem Zimmer. "Hey Bro", begrüße ich ihn. "Hey Marco. Ich wollte fragen, ob sich was geändert hat", fragt er mich. Ich wusste es. Wenn er gerade mal nicht hier ist, dass ruft er mich stündlich an, um zu fragen, ob sich was geändert hat. Und jedes mal ist die Antwort dieselbe. "Nein Mats. Es ist immer noch so wie vorher. Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Es macht mich so fertig sie so zusehen. Vorhin kam eine Krankenschwester rein und hat ihr was zu essen gebracht. Jana hat es ihr sofort wieder mitgegeben. Sie hat es sich noch nicht einmal anguckt. So langsam mache ich mir ernsthafte Sorgen um sie", erzähle ich ihm.

Wenn ich ihren Vater noch einmal sehe, dann weiß ich nicht, was ich mit ihm machen werde. Wegen ihm geht es ihr so schlecht. Er ist schuld. Wenn Jana deshalb was passieren sollte, dann mache ich ihn fertig. Darauf kann er sich verlassen. "Man Marco. Das kann so nicht weiter gehen. Ich weiß auch nicht mehr. Aber sie kann sich nicht so hängen lassen. Sie muss stark sein", sagt Mats verzweifelt. "Ich weiß das Mats. Aber wie soll ich denn irgendwas machen, wenn sie nicht mit mir redet. Sie antwortet nur ganz knapp, wenn ich sie mal was frage. Sonst liegt sie nur in ihrem Bett und sieht aus dem Fenster", sage ich.

Am Anfang ging es wirklich noch. Aber als Mara entlassen worden ist, ist alles nur viel schlimmer geworden. Ich kann ja verstehen, dass sie sie vermisst. Ich tue es doch auch. Aber es geht nicht, dass sie sich hängen lässt. Ich sage es ihr immer und immer wieder. Aber sie hört einfach nicht auf mich. Sie ist ja nicht irgendwo. Mara ist bei Mats und Cathy. Seitdem sie aus dem Krankenhaus raus ist, kümmert sich Cathy um sie. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Ich wüsste nicht, was wir getan hätten, wenn Mats und Cathy uns nicht unter die Arme greifen würden. "Marco wir müssen uns was überlegen. Wenn sie so weiter macht, dann wird das nicht gut enden", sagt Mats ganz leise.

Ich muss kräftig schlucken. Alleine der Gedanke, dass Jana den Kampf gegen diesen Tumor nicht gewinnt, macht mich fertig. Ich kann nicht zu lassen, dass sie von mir geht. "Mats ich werde noch einmal versuchen mit ihr zu reden. Auch wenn sie nichts sagt, bringt es alleine was, dass sie mir zuhört", sage ich. Das ist die einzige Chance die ich noch habe. "Okay mach das. Ich komme später vorbei. Bis dann", sagt er und legt auf. Ich packe mein Handy in meine Hosentasche und gehe wieder zu Jana ins Zimmer.

"Ich weiß, du willst nicht reden. Deshalb bitte ich dich, mir jetzt einfach nur zuzuhören. Ich weiß, dass dich diese Aktion von deinem Vater wirklich fertig macht. Ich kann dich verstehen. Wirklich. Aber ich kann nicht verstehen, dass du dich jetzt so hängen lässt. Ich glaube, ich muss dich nicht daran erinnern, dass du krank bist, Jana. Deine Krankheit kann dich umbringen, wenn du nicht gegen sie kämpfst. Und genau das tust du gerade nicht. Wenn du so weiter machst, dann wirst du bald nicht mehr hier sein. Ist dir das klar? Wenn du nicht mehr da bist, was soll dann aus Mara und mir werden? Du bist so eine starke Frau. Ich habe dir schon öfters gesagt, dass du alles schaffen kannst. Du musst es nur wollen. Und bei dir dieser Krankheit musst du halt eben sehr viel Geduld haben. Ich weiß, dass du jetzt am liebsten bei Mara zu Hause wärst. Aber das geht halt nun mal nicht mein Schatz. Du musst es einfach so sehen. Wenn du weiterhin nichts isst und trinkst, dann wirst du noch schwächer. Und das heißt, dass du noch länger hier bleiben musst. Und das willst du nicht. Und ich genauso wenig. Ich bitte dich Jana. Ich kann dich so nicht sehen. Dass macht mich total fertig. Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich dir helfen soll. Du musst wieder die Alte werden. Ich liebe dich doch. Und ich bin immer an deiner Seite und stehe dir bei. Aber du musst mich auch an dich ran lassen, damit ich dir helfen kann. Du hast mich die ganze Woche lang von dir ferngehalten. Und das hat verdammt weh getan. Ich bitte dich Jana. Lass dich nicht so hängen. Dass kann nämlich ein böses Ende haben", sage ich, wobei ich mich echt extrem anstrengen muss, dass ich hier nicht in Tränen ausbreche.

Jana sieht mich einfach nur an. Ich glaube sie weiß nicht, was sie jetzt machen oder sagen soll. Vielleicht war es jetzt gerade ein bisschen zu hart. Aber es war meine einzige Chance. Ich wollte ihr einfach klar machen, dass sie so nicht weiter machen kann. Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner. Ich sehe Jana an. "Marco", sagt sie ganz leise. Sie sieht so zerbrechlich aus. Ich habe jede Minute Angst, dass sie hier zusammenbrechen wird. "Ja mein Schatz", sage ich genauso leise. "Umarme mich bitte", sagt sie und fängt an zu weinen. Sofort nehme ich sie in meine Arme. "Alles wird gut mein Engel. Glaub mir. Wir schaffen das zusammen", flüstere ich ihr leise ins Ohr.

Der Freund Meines BrudersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt