My Little Angel #15

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In der Schule angekommen, wäre ich am liebsten rückwärts wieder Heim gelaufen. Die ganze Schule hatte von meinem Selbstmordversuch gehört und ich war das Tratsch Thema Nummer eins. Dennoch war ich innerlich erleichtert, dass noch niemand von der Schwangerschaft gehört hatte. Ich wollte nicht, dass es Ryan von anderen Leuten mitbekam.

Ich setzte mich auf eine freie Bank und packte mein Pausenbrot aus der Tasche. Doch kaum nahm ich meinen ersten Bissen, wurde ich wieder unterbrochen. Diesmal zu meiner Verwunderung nicht von nervigen Mitschülern, sondern von meiner Klassenlehrerin.

"Helena, darf ich mal kurz mit dir reden?", fragte sie mich mit einem Lächeln im Gesicht. Ich nickte verwundert und sie setzte sich zu mir.
"Nun Helena, wir..äh.. haben von deiner Tat gehört..", stammelte sie nervös und suchte nach den richtigen Worten.

Nicht schon wieder dieses Thema! Die Leute wissen nicht mal was der wahre Grund für meine Tat war! Sie wissen nichts und tun so, als wüssten sie alles!

"Du weißt doch sicherlich, dass du mit den Lehrern über alle Probleme reden kannst, oder? Du bist also niemals alleine mit deinen Problemen. Es gibt immer eine Lösung! Und dann gibt es noch Psychologen und die...-"

Okay, nun reichte es mir endgültig. Länger konnte ich mir dieses unnötige Gelaber nicht mehr geben.

"Ja, ich weiß das. Danke für Ihre Hilfe und Ihr Mitgefühl, aber ich bin noch nicht völlig durchgedreht, also brauche ich noch keinen Psychologen. Wenn es soweit ist, wende ich mich wieder an Sie! Also vielen Dank für Ihre Hilfe!"
Damit nahm ich dann meine Tasche und lief Richtung Schulgebäude. Zu gerne hätte ich ihren Blick nochmal gesehen, aber so war es echt besser.

Ich konnte es noch nie leiden, wenn Menschen sich überall einmischen. Ein richtiges 'No-Go'. Die Leute suchen immer gierig nach einem Thema, um lästern zu können. Unmöglich!

Der restliche Schultag verlief normal. Außer den komischen Blicken, war groß nichts passiert. Als die Klingel zum Schulschluss dann endlich ertönte, machte ich mich erleichtert auf den Weg zu meinem Auto, welches ich vor ein paar Tagen von meinen Eltern geschenkt bekommen hatte. Den Grund dafür wusste ich selber nicht mal. Wahrscheinlich wollten sie wieder durch ihr Geld zeigen das ich ihnen viel bedeute. Auf eine andere Art konnten sie das leider einfach nicht tun.

Ich stieg in meinen Wagen und fuhr los. Diesmal nicht direkt nach Hause, sondern zu Ryan. Die Adresse hatte ich mir gestern von Lene, der laufenden Zeitung, geholt.
Ich wollte ihm einfach nur die Wahrheit sagen. Er musste es einfach erfahren. In der Schule hatte ich ihn heute den ganzen Tag nicht gesehen.
Also wollte ich direkt zu ihm fahren und reden. Er sollte es lieber jetzt von mir erfahren, statt später von anderen durch Gerüchte.

Vor seiner Wohnung parkte ich dann mein Auto und stieg aus. Die Wohnung war noch wie in meiner Erinnerung. Der einzige Unterschied war jedoch, dass das Haus am helllichten Tag noch viel größer aussah, als an dem Abend. Eine riesige Villa nur für ihn? Das nenn ich mal einen Luxus!

An der Haustür angekommen, atmete ich nochmal tief ein und aus und klingelte. Nach ein paar Sekunden öffnete eine Frau die Tür. Sie trug diese typischen Klamotten, wie die Angestellten von den Reichen aus den Filmen.

Er hat also sogar Angestellte zu Hause? Krass.

"Hallo, ich..äh..suche Ryan Draville. Ich habe gehört, dass er hier wohnen soll", stammelte ich verlegen und tat so, als würde ich ihn kaum kennen.
"Ja, er wohnt hier, Miss, aber er ist gerade nicht hier", antwortete sie höflich.
"Wann kommt er denn wieder? Ich kann hier im Garten auf ihn warten, falls es nicht so lange dauert."

Die Angestellte wirkte nun sehr verwirrt und schaute mich mit ihren großen Augen an.
"Nein, Miss! Er hat vor zwei Tagen das Land verlassen, um im Ausland zu studieren. Normalerweise wäre er die nächsten Monate hier geblieben, aber er wollte plötzlich jetzt schon mit seinem Auslandsstudium beginnen und ist deswegen.."

Die nächsten Worte von ihr hörte ich nicht mehr. Alles rauschte an mir vorbei und ich verlor die Realität unter meinen Füßen. Ich fühlte mich wie in einem Albtraum. Ein Albtraum, aus dem ich nicht entkommen konnte.

My little AngelWhere stories live. Discover now