My Little Angel #36

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Ich öffnete meinen Schrank, nahm meine Kiste und setzte mich auf mein Bett. In der Kiste bewahrte ich alle Ultraschallbilder meines Engels auf, welche mir beim Anblick direkt wieder ein Lächeln über die Lippen zaubern konnten. Der Unterschied zwischen dem ersten und dem neusten Bild war wirklich unübersehbar. Man konnte auf dem Neusten einfach alles erkennen. Die Hände, Füße und vor allem das Gesicht.
Mir kamen die Tränen wieder hoch. Immer wenn ich mir diese Bilder anschaue, werde ich sehr emotional. Das passt eigentlich gar nicht zu mir. Normalerweise war ich eigentlich nie ein emotionaler Mensch gewesen. Eher im Gegenteil, ich habe meine Gefühle nie gezeigt. Die Schwangerschaft hat jedoch einen anderen Menschen aus mir gemacht. Unglaublich, aber wahr.

Ich wollte die Bilder in ein Fotoalbum für mein Baby kleben. Das sind die ersten Bilder, die jemals von meinem Kind gemacht wurden und ich wollte sie für immer aufheben. Später soll mein Engel sie auch sehen können. Außerdem wollte ich mich auch etwas ablenken. Seit dieser Nachricht mit Ryan vor drei Tagen, ging es mir nicht so gut. Ich kann dieses Gefühl in mir auch nicht beschreiben. Irgendwie habe ich Schuldgefühle. Schuldgefühle, weil ich es ihm nicht gesagt habe. Sein Zustand ist immer noch schlecht habe ich gelesen.
Was wenn er es nicht überlebt?
Was mache ich dann?
Was werde ich meinen Kind später erzählen, wenn es nach dem Vater fragt?
Diese quälenden Fragen und Gefühle bringen mich noch um.

Ich beschriftete das Fotoalbum und als ich dann die Bilder aufkleben wollte, fand ich meinen Kleber einfach nicht. Ich suchte wirklich überall. Aber nichts. Keine Spur von meinem Kleber.
"Verdammt nochmal, wo bist du denn?", fluchte ich genervt, während ich vergebens weiter suchte. Doch innerhalb von einer kurzen Zeit war die Suche für mich beendet.
"Mom? Kannst du mal kurz herkommen, bitte?"
Nach ein paar Sekunden hörte ich schon ihre Schritte auf dem Flur und gleich danach wurde die Tür aufgerissen.
"Ja?..", fragte sie mich neugierig und schaute sich dann erschrocken den Zustand meines Zimmers an.
"..Helena, was hast du denn hier angestellt?! Was ist das für eine Unordnung?!"
Sie hatte ja Recht. Mein Zimmer sah echt schlimm aus. Überall lagen zerstreute Klamotten, Gegenstände und Kisten.
"Ich suche meinen Kleber, aber finde ihn einfach nicht. Ich wollte die Bilder aufkleben und räume später auch auf. Wirklich! Mach dir keine Sorgen. Das Zimmer wird am Ende wieder ordentlich sein", erklärte ich ihr mit einem unschuldigen Welpenblick. Zögernd starrte sie mich an, bis sie dann nachgab.
"Schau mal oben im Dachboden in der Schublade nach", seufzte sie schließlich.
Ich rappelte mich sofort auf die Beine.
"Danke, Mom. Du bist die Beste. Das weißt du doch, oder?" Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und lief aus dem Zimmer.
"Helena, ich hoffe das mit dem Aufräumen wird heute noch geschehen", hörte ich sie hinter mir noch rufen.
"Ja, natürlich. Keine Sorge!" Meinen Worten glaubte ich in dem Moment selber nicht einmal.

Unser Dachboden war schon immer die Abstellkammer von unserem Haus gewesen. Man konnte von A bis Z alles finden. Auch Sachen, die man normalerweise nie brauchen würde. Manchmal fragte ich mich wirklich, woher meine Eltern all diese komischen Sachen hatten.
Ich öffnete die alte Tür, die dabei ein grässliches Geräusch von sich gab. Dann fiel mir jedoch ein, dass ich meine Mutter gar nicht gefragt hatte, in welcher Schublade ich es finden konnte, weil hier geschätzt hunderte von Schubladen waren! Verdammt war ich mal wieder brilliant!
Also musste ich vergebens weiter suchen.
So schaute ich in allen möglichen Schubladen nach, bis ich dann nach einer Ewigkeit endlich mein Ziel erreichte.
"Na endlich", seufzte ich erfreut und nahm mir gleich eine ganze Dreierpackung aus der Schublade.
Als ich dann alles wieder auf seinen Platz gestellt hatte, wollte ich wieder runter, jedoch hielt mich etwas auf. Etwas, dass meine gesamte Aufmerksamkeit sofort auf sich lenken konnte. Hinter den riesigen Schränken lagen viele Kisten übereinander gestapelt in einem kleinen Baby Bett, welches nicht meins war, da ich ganz genau durch alte Bilder wusste, wie mein Bett damals aussah. Das hier war mir definitiv fremd. Außerdem waren mir sowohl die ganzen Kisten, als auch das Bett noch nie aufgefallen. Zwar war ich schon lange nicht mehr hier oben gewesen, doch in meiner letzten Erinnerung waren diese Dinge auch nicht da.
Neugierig nahm eine von den vielen Kisten und versuchte sie langsam zu öffnen, da sie sehr gut zugeklebt wurden. Als die Kiste dann irgendwann offen war, überraschte mich das, was ich sah. Denn das Endresultat war sehr unerwartet und mir unbekannt.

My little AngelWhere stories live. Discover now