My Little Angel #62

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"Helena, Bestellung Nummer drei geht an Tisch fünf!", gab Mira hektisch von sich und übergab mir das Tablet.
Ich nickte und machte mich schnell auf den Weg zu dem jeweiligen Tisch.
"So hier ist Ihre Bestellung, Sir. Haben Sie noch einen Wunsch?", fragte ich den jungen Mann in einem höflichen Ton. Er war bestimmt nur ein paar Jahre älter als ich, also einer unserer jüngsten Gäste, da in unserem Café meistens nur ältere Leute waren.
"Ja, wie wärs mit dir?", fragte er mich mit einem leicht perversen Grinsen in seinem Gesicht.
"W..Was?! Entschuldigen Sie mal, aber würden Sie mir bitte nur auf meine Frage antworten!", stotterte ich geschockt von seinem Verhalten.
So etwas hatte ich wirklich noch nie erlebt während der Arbeit.
"Du hast mich doch gefragt, ob ich noch einen Wunsch habe, also habe ich nur geantwortet, Süße! Du bist echt ziemlich niedlich muss ich sagen! Also was sagst du? Kann ich deine Handynummer haben?", fragte er mich mit einem perversen Blick, den er über meinen Körper schweifen ließ.
"Nein! Sie sollten..-", stotterte ich aufgebracht, wurde dann aber von einer bekannten Stimme unterbrochen.
"Du kannst gerne meine Faust in deiner Fresse haben! Na, was sagst du dazu, du Bastard?!"
Überrascht drehte ich mich um und sah niemand anderen als Ryan vor mir stehen.
"Ryan?! Was machst du denn hier?!..-"
"Wer bist du denn, du Clown?! Habe ich mit dir gesprochen?! Und außerdem hat sich diese kleine Nutte an mich rangemacht!", sagte der Typ lachend.
Ryan ballte seine vor Wut zitternden Hände zu Fäusten und wollte auf ihn losgehen, doch ich packte ihn an seinem Arm und zerrte ihn weg von dem Typen zur Theke.

"Ryan! Du wirst hier keine Gäste verhauen, verstanden?! Ich könnte meinen Job verlieren, wenn du das tust!", sagte ich vorwurfsvoll und verschränkte genervt meine Arme.
"Dieser Typ verdient es aber! Guck mal, wie der immer noch grinst mit seiner hässlichen Gorilla Fresse! Nur ein Schlag, Babe? Komm schon!" Seine funkelnden Augen waren immer noch gierig auf den Typen gerichtet, also stellte ich mich vor ihn, sodass er ihn nicht mehr sehen konnte.
"Ryan! Nein!....Was machst du überhaupt hier?!", fragte ich ihn in einem ruhigen Ton, um seine Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema zu lenken.
"Ich wollte dich sehen", gab er mit einem süßen Lächeln von sich und wendete seine himmelblauen Augen, die es immer wieder schafften, mich in ihren Bann zu ziehen, auf mich.

Allein diese Worte, dieses Lächeln und seine Augen schafften es wieder, mich komplett verlegen zu machen.
Ich weiß nicht warum, aber seit dieser Nacht, an dem wir uns...äh...nun fast sehr nahe gekommen wären, konnte ich nicht mehr normal reden mit ihm. Ich wurde jedesmal nervös, stotterte vor mich hin und wurde rot wie eine Tomate. Ich hatte eigentlich schon immer die Kontrolle über meinen Körper verloren, wenn er vor mir stand, aber seit dieser Nacht wurde alles nur noch schlimmer und in mir herrschte eine reine Flut von Emotionen jeglicher Art, wenn ich ihn sah.
Wenn er bloß wüsste, dass er eher die Kontrolle über meinen Körper hatte und nicht mehr ich, würde er mich wohl auslachen.

"Außerdem will ich nicht das du hier arbeitest, wenn solche Wichser da sind!", fügte er noch ernst hinzu.
"Was?! Ich arbeite da, wo ich will! Kümmere du dich lieber um Lauren, Ryan!" Augenverdrehend lief ich hinter die Theke, um die nächste Bestellung vorzubereiten. Ryan setzte sich auf den Stuhl vor der Theke und starrte mich lächelnd an.
"Lauren ist Geschichte, Engel! Ich habe an dem Abend die Beziehung beendet", sagte er schließlich total desinteressiert, während mir vor Schock fast mein Atem stockte.
"W..Was?!"
Ich hielt inne mit der Vorbereitung und starrte ihn fassungslos und verwirrt an.
"Glaubst du echt, ich würde dir so hinterherrennen, wenn ich eine Freundin hätte? Auch wenn man es mir nicht ansieht, ich bin ein treuer Mensch. Ich habe Lauren eh nie geliebt und wurde quasi dazu gedrängt mit ihr eine Beziehung zu führen, also macht es mir nichts aus. Sie hat es verdient!"

Ich wäre ihm vor Freude gerne um den Hals gefallen, aber ich konnte es zum Glück noch unterdrücken.
"Klar, du bist wirklich so treu! Ich meine hallo? Du hast doch nur ein anderes Mädchen geschwängert, während du eine Freundin hattest! Mehr nicht! Deine Treue ist unbeschreiblich, Ryan!", gab ich voller Ironie von mir.
"Falsch, Süße! Ich habe erstens nicht irgendein 'anderes' Mädchen geschwängert, sondern die atemberaubende Helena Dorn, die mein Herz von Anfang an erobert hatte. Zweitens war ich treu, da ich zu der Zeit nicht mit Lauren zusammen war."
"Wie..? Ich verstehe nicht ganz..", stotterte ich verwirrt, woraufhin ein arrogantes Lächeln sich auf seinen Lippen bildete.
"Du kannst alle Antworten auf deine Fragen kriegen. Ich habe nichts vor dir zu verbergen. Du wirst sie aber nur kriegen, wenn du mit mir jetzt mitkommst! Also, Babe? Ein kreatives Angebot, oder?"

Oh ja, so kreativ!
Applaus für diesen überaus 'kreativen' Typen!

"Spinnst du?! Ich kann nicht einfach weg! Ich arbeite, Ryan! Schon mal was von Arbeit gehört?!"
Scheiße, meine Gefühle spielen durch seine Worte mal wieder total verrückt!
"Ich arbeite auch, Baby! Also ja, habe ich..-"
"Stimmt! Du gehst einfach in dein Büro, verteilst ein paar Unterschriften und Arbeitsanweisungen, genau wie meine Eltern! Stimmts? Ich kann nicht einfach gehen, wann ich will! Ich habe feste Arbeitszeiten und kann nicht abhauen, wenn ich Bock dazu habe! Ich möchte für mein Haus und meine Zukunft ganz alleine Geld sparen, um auf eigenen Beinen stehen zu können! Nicht jeder hat es so einfach, Ryan! Nicht jeder hat diesen Luxus und kriegt alles in den Arsch geschoben, ohne etwas zu leisten! Ich hasse diese Einstellung von dir!", seufzte ich genervt, aber musste dann selber schockiert feststellen, was ich gerade von mir gegeben habe und der Ton in dem ich es getan hatte.
Scheiße, das wollte ich eigentlich gar nicht so sagen, aber durch meine Verlegenheit, die ich durch seine Anwesenheit habe, hatte ich die Kontrolle über mich und meine Emotionen verloren.

"Wieso musst du mir jedesmal meine Lebensverhältnisse unter die Nase reiben?! Verdammt, wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich doch nichts daran ändern kann?! Du weißt ganz genau, wie ich dazu stehe, aber dennoch tust du das immer wieder! Fuck, wieso willst du das einfach nicht verstehen?! Warum musst du mir jedes mal deutlich machen, was für ein schlechter Wichser ich bin, obwohl ich es schon weiß?! Warum bist du bloß so?! Weißt du was? Ich geh jetzt! Ruf mich an, wenn du besser drauf bist und normal reden kannst, ohne mir Vorwürfe zu machen und mir zu verdeutlichen, was für ein scheiß Mensch ich bin!", gab er wütend von sich und verließ ohne einen weiteren Blick das Café.

Da stand ich nun ganz alleine an der Theke. Nur ich und meine Tränen, die unkontrolliert, wie die Regentropfen am Fenster, über meine Wangen liefen.
Seine Worte hatten mein Inneres zerstückelt, zerrissen und zerbrochen. Seine Worte waren wie Pfeile, die einen Volltreffer erzielten, nämlich direkt in mein Herz.
Ich nahm es ihm nicht übel. Die Schuld an diesem Streit liegt nur bei mir. Wie eine verdammte Idiotin musste ich meine schlechte Laune an ihm auslassen! Ich hasse mich dafür!
Ich war so negativ und zickig ihm gegenüber, weil ich nur auf diese Art und Weise, meine Nervosität und Aufregung verbergen konnte, um mit ihm überhaupt reden zu können.
Nur so konnte ich ihm in sein Gesicht sehen, ohne in meiner Verlegenheit und in der Flut meiner verdammten Gefühle zu ertrinken.
Ich gehörte schon immer zu den Personen, die mit ihrem Schwarm nicht normal reden konnten, sondern durch ihre Verlegenheit immer aggressiv und zickig antworteten. Ich habe es also nicht in meinen Händen! Ich kann es leider nicht ändern und dafür hasse ich mich verdammt nochmal!
Aber warum..?
Warum reagiere ich auch Ryan gegenüber so..?
Fühle ich etwa mehr..?

Ryan...
Immer wenn ich an ihn denke, entfalten sich in mir jegliche Art von Emotionen.
Glück, Hoffnung, Freude, Trauer, Wut, Angst...und Liebe...
Ich kann mir nichts vorgaukeln.
Ich will nicht länger an einer Lüge festhalten, um meine wahren Gefühle zu unterdrücken und zu verstecken. Ich möchte mich nicht weiterhin anlügen, um mich besser zu fühlen. Bis jetzt konnte ich meinen Kopf davon überzeugen an dieser scheiß Lüge festzuhalten, aber mein Herz hat nur gelitten.....denn meinem Herzen konnte ich diese Lüge nicht vorgaukeln. Egal was ich auch getan und wie oft ich versucht habe, diese Emotion zu verdrängen und in den Hintergrund zu schieben, Erfolg hatte ich nie gehabt. Sobald er vor mir stand und mich mit seinen Augen anschaute, mich anlächelte und meinen Namen aussprach, schmolz alles in mir dahin.
Ohne es bemerken, hatte ich mir eine Schutzmauer um mein Herz gebaut, um nicht mehr verletzt zu werden.
Durch meine Vergangenheit hatte ich versucht, alles auf diese Weise zu regeln.
Ich hatte mir ungewollt eine Maske aufgesetzt, um nie wieder schwach und zerbrechlich zu sein. Ich wollte nicht mehr hilflos, alleine und ängstlich sein.
Durch meine großen Ängste, Enttäuschungen und schrecklichen Erfahrungen, die ich in meiner Schwangerschaft wegen Ryan durchmachen musste, hatte ich Angst davor, dass er wieder das selbe tun würde, sobald ich ihn in meine Nähe lasse. Diese Schutzmauer in mir hinderte mich daran, ihm meine wahren Gefühle zu zeigen und ihm zu vertrauen.
Doch das will ich nun nicht mehr.
Er hat es wirklich geschafft diese Mauer in meinem Herzen zu brechen. Er hat es geschafft, mein Vertrauen wieder zu gewinnen. Mein Herz erneut zu erobern.

Ich will nicht wieder alleine und hilflos sein.
Ich will nicht wieder diese erwürgende Einsamkeit in meinem Inneren spüren.
Ich will ihn nicht verlieren.
Ich kann nicht ohne ihn.
Seine Nähe.
Sein Lächeln.
Seine Art.
Sein Geruch.
Ich brauche ihn, weil ich ihn verdammt nochmal liebe..

Voilà, das neue Kapitel mal wieder!^-^
Ich weiß das Kapitel ist jetzt nichts spektakuläres geworden, aber dennoch hoffe ich wirklich, das es euch auch gefallen wird! :)

~Seli

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