„Sie haben dich zum Präsidenten gemacht"

1K 72 0
                                    

Gemeinsam mit Lily verließ ich die Schule und sah mich kurz um, wo Damian heute Morgen geparkt hatte. Den Plymouth fand ich weiter hinten stehend.

„Ah! Da!", meinte ich zu Lily und zeigte auf das Auto

„Hätte ja mal weiter vorne parken können der Herr", maulte meine Freundin. Ich sah sie lachend an und ging dann zielstrebig zu dem Auto von meinem Bruder und mir. Ich schloss auf, schmiss meine Tasche auf die Rücksitzbank und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Lily ließ sich neben mich ins Auto fallen und schloss die Tür.

„Fahr zu. Ich hab Hunger und muss mal", maulte sie und ich startete den Motor.

„Jaja Prinzessin", gab ich amüsiert von mir und fuhr von dem Parkplatz. Lily wohnte genau wie ich, relativ weit weg von der Schule, weswegen wir uns einige Zeit durch den Verkehr schlängeln musste.

„Elo, fahr zu McDonalds. Bitte", jaulte sie auf einmal.

„So großen Hunger?", wollte ich wissen, bog ab und reihte mich in der McDrive Schlange ein.

„Ein Cheeseburger, eine große Pommes und eine Cola", richtete sie an mich und stieg aus

„Was soll das werden?", hinterfragte ich skeptisch

„Ich geh aufs Klo. Wir treffen uns auf der anderen Seite des McDrives wieder", erklärte sie knapp, knallte die Tür zu und rannte in das Lokal. Kopfschüttend sah ich ihr nach und fuhr immer wieder ein paar Meter vor und wartete dann wieder bis ein weiteres Auto vor mir bestellte. Als ich endlich dran war, bestelle ich Lilys Wunschliste und fuhr endlich durch zu der Auslieferung. Ich nahm die Tüte ab, bezahlt und fuhr raus aus dem McDrive. Lily stand breit grinsend am Rand und ich hielt an, um sie einsteigen zu lassen.

„Danke! Du bist ein Engel", gab sie quietschvergnügt von sich und sah mit großen Augen in die Tüte.

„Lass es dir schmecken", meinte ich nur amüsiert und reihte mich in den Stau ein. Knapp eine Dreiviertelstunde später fuhr ich auf die Auffahrt von Lilys Familie.

„Na endlich. Ich hasse diese Staus. Warum gibt es keine Highschool hier in den ruhigeren Vierteln Los Angeles?", kam es seufzend von ihr, währenddessen sie ihre Sachen zusammen räumt

„Bis ich Zuhause bin, werden weitere 15 Minuten vergangen sein. Dann habe ich 1 Stunde für den Weg nach Hause gebracht. Das wäre die drittlängste Zeit", entgegnete ich kalkulierend

„Ach Gott. Schlimm. Naja, danke fürs Fahren. Wir sehen uns Montag", erwiderte Lily breit lächelnd und schlug die Tür zu. Ich lenkte den Plymouth wieder auf die Straße und fuhr nach Hause. Als ich Zuhause ankam war das Garagentor offen, Dads Harley stand neben dem Beet und der Dodge von Mom stand unter den Bäumen. Ich konnte durch die Lücke zwischen den beiden fahren und den Plymouth in der Garage abstellen. Damians Bike war ebenfalls da. Mit meiner Schultasche über der Schulter hängenden betrat ich durch die Garagentür den Flur. Buddy kam bellend auf mich zu und als er mich erkannte sprang er freudig an mir hoch. Mom kam in Anzughose, weißem T-Shirt und auf Socken die Treppe runter gejoggt. Ihre blond gefärbten Haare hatte sie in einen Zopf zurück gebunden. Sie trug etliche Dinge und verstaute sie in einem Umzugskarton. Neben ihr standen zwei ihrer großen Reisekoffer.

„Hab ich was verpasst?", wollte ich wissen und sah sie verwundert an. Mom sah kurz zu mir hoch. Ihr Blick war voller Hass, Unsicherheit, Trauer, Verletzlichkeit und Enttäuschung.

„Nein", gab sie monoton von sich und zog ihre Schuhe über. Sie nahm ihren langen edlen Mantel von der Garderobe und schleppte den ersten Karton nach draußen. Noch immer nicht schlauer über die aktuelle Situationen ging ins Wohnzimmer, wo mein Vater auf dem Sessel saß, seinen Arm auf der Armlehne ablehnte und den Kopf gegen seine Handfläche stützte. Er starrte auf den Fernseher und schenkte mir seine Aufmerksamkeit, als er mich bemerkte. Ich sah ihn mit den Armen vor der Brust verschränkt an und biss auf meiner Unterlippe rum. Dad seufzte und setzte sich gerader im Sessel hin.

„Was wird das hier?", kam es auf einmal von Damian, der sein Zimmer sicherlich nur verlassen hatte, weil er Hunger hatte oder aufs Klo musste.

„Eure Mom hat sich entschieden", gab Dad in einer ruhigen Tonlage von sich. Damian zog die Augenbrauen hoch, schüttelte dann den Kopf und atmete hörbar ein.

„Also sind wir jetzt auch Teil der Generation 'Scheidungskinder'", entgegnete mein Bruder.

"Wir lassen uns nicht scheiden", erwiderte Dad und sah uns beide nacheinander an. Damian lachte heiser auf.

„Wie solltet ihr auch, ihr seid ja nicht verheiratet", konterte er.

„Damian!", kam es wütend von Mom aus dem Flur. Damian sah mich an und lächelte mich künstlich an.

„Pack schon mal deine Sachen. Nur eine Frage der Zeit bis wir ausziehen", meinte er gefrustet, verließ das Wohnzimmer und stapfte die Treppe hoch. Kurz darauf knallte er seine Zimmertür zu. Ich rollte die Augen und lehnte mich gegen den Wohnzimmerschrank. Mom räumte im Flur hin und her. Man hörte Schubladen auf und zugehen, Schränke knallen, irgendwas Klappern.

„Der Hund bleibt hier", rief Dad mit bestimmten Unterton in Richtung Flur.

„Keine Sorge. Für das haarende Viech hab ich eh keine Zeit", entgegnete Mom zickig aus dem Flur.

„Nenn den Hund nicht so, er hat dir nichts getan", erwiderte Dad augenrollend. Mein Vater wirkte nicht wirklich traurig darüber, dass Mom auszog. Ganz im Gegenteil, es schien ihm halbwegs egal zu sein. Ich verließ das Wohnzimmer und schloss hinter mir die Wohnzimmertür und sah Mom dabei zu, wie sie eine Kiste mit Schuhen raustrug. Jetzt stand nur noch ein einziger Koffer im Flur. Mom kam mit großen Schritten wieder ins Haus und sah mich an. Ihr Blick war jetzt doch deutlich trauriger.

„Warum so plötzlich?", wollte ich nur wissen. Mom sah mich verletzlich an.

„Elo, wir haben uns nicht mehr geliebt.", erwiderte sie entschuldigend

„Du hast deinen Job immer geliebt und er den Club", meinte ich. Sie nickte zustimmend

„Wo gehst du jetzt hin?", fragte ich nach

„Zu meiner Schwester, bis ich eine Wohnung gefunden hab", entgegnete sie.

„Mach's gut", gab ich leise von mir. Mom lächelte zaghaft und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

„Vergiss eins nie, okay?", meinte sie auf einmal. Ich nickte.

„Nur weil ich dem Club gegenüber so negativ eingestellt bin, lass dich davon nicht beirren. Er ist dein Zuhause und deine Familie. Er wird immer für dich da sein, wenn es niemand sein wird. Ich passe da einfach nicht rein und du und Damian, ihr gehört da rein", kam es liebevoll von ihr. Ich nickte und lächelte leicht. Dann drehte sie sich um, zog die Tür ins Schloss und war weg. Kurz atmete ich tief ein und ging dann wieder zu Dad, welcher noch immer auf dem Sessel saß und in die Leere starrte. Kopfschüttelnd sah ich ihn an und musste dann heiser auflachen.

„Was?", wollte er wissen und legte die Stirn in Falten.

„Sie haben dich zum Präsidenten gemacht", gab ich ungläubig von mir und dann fiel mein Blick auf seinen Patch. Dort wo einst ‚V-Präsident' stand, zierte nun ‚Präsident' den Flecken seiner Kutte.

O U T L A WWo Geschichten leben. Entdecke jetzt