"der treuste Hund auf diesem Planeten"

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„Okay, dann ist das alles soweit eingetragen", meinte der Cop hinter seinem Computer und erhob sich. Er kam auf die andere Seite des Schreibtisches, kramte all die Schlüssel aus seiner Jackentasche und sah auf meine Handgelenke.

„Dann wollen wir Sie jetzt mal wieder zu einem freien Menschen machen", gab er murmelnd von sich und öffnete meine Handschellen. Danach tat er es bei Judy. Das kalte Metall löste sich von meiner Haut und ein Gefühl der Erleichterung machte sich breit. Uns wurden Plastiktüten gereicht, in welchem sich unsere Klamotten 8 Wochen befunden haben. Der Cop nickte uns distanziert zu und wir durften den Raum verlassen. Wir zogen die Häftlingskleidung aus und unsere eigenen wieder an. Endlich. Beim Verlassen des Knasts gaben wir die Häftlingskleidung ab und spazierten raus aus dem Bunker. Endlich zurück ins normale Leben. Endlich zurück nach Ontario. Auf dem großen Parkplatz des Gefängnisses erblickte ich den schwarzen Van, welcher zum Club gehörte. Im Schatten des großen Gebäudes standen einige Members mit ihren Harleys. Evan kam auf uns zu und begrüßte uns breit grinsend.

„Die ersten sind endlich draußen", meinte er und nahm uns in die Arme.

„Endlich", stimmte Judy ihm zu.

„Gut. Dann lass uns zurück nach Hause", schlug er vor.

„Auf jeden Fall. Ich brauche unbedingt Fastfood", erwiderte ich.

„Das bekommen wir hin, aber wir müssen auf dem Weg den Hund abholen, den deinen Vater ausgesucht hat", entgegnete Evan und wir stiegen alle in den Van. Die vier Harleys fuhren vor und wir folgten.

„Wie hat Charles es eigentlich geschafft einen Hund auszusuchen, wenn er nur im Knast saß?", wollte Judy verwundert wissen.

„Thomas hat sich nach Zwingern umgehört, die Hunde abgeben und bei einem hatte er ein gutes Gefühl. Er hat den Besitzer als Besucher zu Dad geschickt und der hat dann quasi blind sich einen ausgesucht", erklärte ich.

„Wenn ich ganz ehrlich bin, dann gibt es keinen besseren Präsidenten als dein Vater", gab Judy nachdenklich von sich.

„Das stimmt.", kam es auf einmal von Evan.

„Wieso?", wollte ich skeptisch wissen.

„Naja", begann Evan, „dein Vater geht auf jedes Member ein. Er unterstützt die Gemeinschaft. Er lässt uns alle mitbestimmen, jeder darf seinen Vorschlag nennen. Er hält sein Kopf für uns hin und vergrößert unsere Anerkennung. Er gibt seine Frau für den Club auf. Er ist sehr loyal und weiß immer, was dem Club gut tut. Ich weiß nicht, aber er macht einfach vieles richtig"

„Da hab ich nie drüber nachgedacht", musste ich feststellen.

„Wie siehst du Charles denn?", hakte Judy nach.

„Er ist mein Vater und hat mich nicht, wie meine Mutter, im Stich gelassen, weil es ungemütlich wurde. Er ist einfach mein Vater", erwiderte ich schulterzuckend.

„Du bist die wichtigste Frau in seinem Leben", entgegnete sie. Ich zuckte erneut mit den Schultern.

„Niner ist für dich, weil Buddy nicht mehr da ist", warf Evan ein.

„Niner kann Buddy nicht ersetzen. Außerdem habe ich Niner noch nicht mal gesehen", widersprach ich.

„Das soll er auch gar nicht. Niner ist für deine Sicherheit. Er ist quasi eine Waffe", konterte er. Ich schwieg. So hatte ich den Kauf des neuen Hundes noch gar nicht betrachtet. Wir fuhren knapp zwei Stunden, bis wir in einer kleinen Stadt ankamen. Die vier Members auf den Harleys wiesen uns den Weg durch die leeren Straßen der Kleinstadt. Mit den lauten Motoren sorgen wir für viel Aufsehen, in der sonst so ruhigen Stadt. Etwas außerhalb hielten wir auf einem großen Grundstück. Es war eingezäunt mit hohem Maschendraht. Das Wohnhaus war relativ klein und ein großer Pick Up stand vor der Garage. Im Garten sah man mehrere Holzhütten. Lautes Bellen ertönte, als wir uns der Veranda näherten. Scott klingelte und ein älterer Mann öffnete uns die Tür. Als er die fünf Männer in Kutten sah, wirkte er etwas eingeschüchtert und drehte sich prüfend zu den zwei Dobermännern hinter sich um.

„Guten Tag. Wir wollen Niner abholen", ergriff George das Wort und reichte dem Mann einen Zettel. Er überflog ihn kurz und sah uns skeptisch an.

„Ich dachte Hudson taucht hier auf und nicht ein Abholkommando", entgegnete er.

„Charles hat keine Zeit, also übernehmen wir es. Noch Fragen?", gab Scott genervt von sich. Der Mann schüttelte den Kopf und kam zu uns auf die Veranda. Er wies uns den Weg in den Garten und wir gingen an den vielen Zwingern vorbei, in welchen die ganzen Hunde lebten.

„Ihr habt Glück, ich habe gerade erst alle wieder reingebracht. Sonst wären alle durcheinander hier im Garten rumgelaufen", erklärte der Mann, währenddessen wir ihm immer weiter folgten. Vor einem der Zwinger blieb er stehen. Erwartungsvoll sahen wir alle durch den Maschendraht. Auf einer kleinen Tafel, welche am Zaun befestigt war, stand mit Kreide geschrieben ‚Niner'.

„So, hier wohnt der Herr", verkündete der Mann und haute mit einem Stock gegen den Zaun, sodass ein Scheppern entstand. Augenblicklich hörte man lautes Bellen und ein großer schwarzen Hund schnellte aus dem Schuppen. Laut bellend sprang er gegen den Zaun und Evans Augen weiteten sich überrascht. Niner war nichts anderes als eine Deutsche Dogge.

„Charles meinte, Sie bräuchten einen Personenschutzhund. Sobald Niner vertrauen gefasst hat, ist er der treuste Hund auf diesem Planeten", meinte der Mann und nahm die Leine vom Haken. Er holte den Hund aus dem Zwinger und übergab George die Leine, welcher diese direkt weitergab an mich. Ich streichelte über den Rücken des schwarzen Hundes und betrachtete ihn genauer. Er wirkte entspannter, als wie wir ihn eben kennengelernt hatten.

„Er war echt ein Musterschüler. 3 Jahre alt. Läuft gut an der Leine. Man sollte ihn aber nicht allzu oft alleine lassen. Er braucht eine Bezugsperson und am besten ein Rudel", erklärte der ältere Mann und klopfte Niner auf den Rücken. George nickte verstehend und überreichte ihm einen Umschlag mit Geld.

„Danke. Ich denke mal mindestens 5 Jahre werdet ihr noch mit ihm haben, wenn es gut läuft", meinte er noch zum Abschied, bevor wir Niner in dem hinteren Bereich des Vans verstauten. Auf einer alten Matratze trat Niner seine Reise nach Ontario an, in sein neues Zuhause.

Als wir auf das Werkstattgelände fuhren, hörte man bereits durch die geschlossenen Türen des Vans das Bellen der anderen Hunde. Niner spitzte die Ohren, drehte neugierig den Kopf und bellte einmal laut. Evan hielt sich sein eines Ohr zu, und drehte sich mit verzogenem Gesicht nach hinten um.

„Shit ist der laut. Doppelt so laut wie Buddy. Mindestens", gab er erschrocken von sich und parkte den Van an der Seite neben der Wellblechhalle. Wir stiegen aus dem Auto und ich begrüßte die anderen Hunde. Dann öffnete ich die Hecktüren des Vans und ließ Niner aussteigen. Der riesige Hund sprang aus dem Auto und rannte über das eingezäunte Werkstattgelände.

„Schau dir an wie groß Niner im Vergleich zu den anderen Hunden ist", kam es amüsiert von Scott. Ich sah grinsend den Hunden beim Toben zu. Ein friedlicher Anblick. Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse. Endlich wieder Zuhause. Alles war so vertraut, nur der hellbraune Pitbull mit dem weißen Fleck auf dem Brustkorb fehlte – Buddy.

O U T L A WWhere stories live. Discover now