"Der war für dich, Bryan"

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Meine Haare folgen durch den Fahrtwind wild nach hinten und schlugen mir auf den Rücken. Ich spürte den alten Asphalt unter meiner Harley und wie das Vorderrad immer wieder zuckte, weil der Untergrund zum Teil aufgeplatzt war. Wir fuhren im Konvoi. Vor und hinter mir verteilten sich die Members auf unserer Fahrbahn in Richtung Süden. Dunkelheit umgab uns und die kühle Nachtluft, die mir ins Gesicht knallte, war angenehm und schauerlich zugleich. Ich atmete tief ein und spürte, wie sie meine Lunge füllte. Ein schönes Gefühl. Im Rückspiegel sah ich den Van, wie er das Schlusslicht unseres Konvois bildete. In ihm saßen Thomas und Lance. Sie hatten zwei Hunde bei sich, die darauf ausgebildet waren Sprengstoff zu finden. Die beiden hatten uns schon mehr als einmal den Arsch gerettet. Ich sah wie Dad über seine Schulter blickte, um seine Members anzusehen. Da er von den Bikes hinter ihm angeleuchtete wurde, konnte sein Gesicht gut erkennen. Es zeigte keinerlei positiver Emotionen. Sein Blick war finster, sein Kiefer angespannt und er wirkte sehr verbissen. Beim letzten Treffen am Hafen, als die Rebel Rider auf die California Kings und die Geschäftspartner trafen, da fiel kein Schuss. Sie hatten niemanden getötet und sie mussten es auch nicht mehr, denn der Geschäftspartner hatte aus anderen Gründen Druck auf die Devils im Knast ausgeübt, die ihn daraufhin umbrachten. Die Welt der Outlaws konnten Fluch und Segen zugleich sein, mal musste man selbst handanlegen, mal wurde das für einen übernommen. Die Devils selbst wussten nicht, was Dad vor hatte und in wie fern es ihm zu Gute kam. Hätten sie es gewusst, hätten sie wohl auch den Vize der Gang umgebracht, die uns die Waffen abnahmen. So hatten wir eine Person weniger aus der Welt zu befördern. Doch eine Person stand noch offen. Einer der beiden Bullen die daran schuld waren, dass Bryan gestorben ist, war noch am Leben. Wir würden ihm heute Nacht einen Hausbesuch abstatten. Bryans Tod war nun schon über ein halbes Jahr her, doch es war ein Weisheit der Rebel Rider, dass Outlaws niemals vergeben.

Der Konvoi bog ab auf eine Schotterstraße. Wir fuhren nebeneinander über die Spurbahn und über die alte Holzbrücke, bis wir bei einem kleinen Haus ankamen. Es lag neben einem Wald und ein großer Land Rover Geländewagen stand vor der Tür. Wir hielten alle nebeneinander an und stiegen von unseren Harleys. Thomas stieg aus dem Van und sah sich prüfend um. Dann zeigte er auf das kleine Haus neben der Veranda und das Seil daneben.

„Er hat definitiv ein Hund.", stellte Scott fest

„Fuck", kam es von Owen. Der Hund selbst war kein Problem für uns. Die Members hatten keine Angst vor dem Hund, doch sie erschossen ungern Hunde, da sie selbst eine enge Beziehung zu ihren eigenen Hunden hatten. Tyler kniff die Augen zusammen und versuchte etwas zu erkennen. Er zeigte auf die Hütte.

„Bob", kam es leise von ihm, „der Hund heißt Bob" Ich sah zu Scott und nickte ihm zu.

„Nimm Lucy und schick sie durch eins der Fenster nach drinnen. Sie wird den anderen Hund ablenken. Bei euch Männern ist es doch eh immer das Gleiche", meinte ich. Dad und Jayden lachten leise auf und sahen mich kopfschüttelnd an. Scott tat das, was ich vorgeschlagen hatte und schlich sich mich der Hündin ums Haus. Die anderen Members luden ihre Waffen und verteilten sich ums Haus. Dad seufzte sichtbar, setzte seine Kapuze des dunklen Sweatshirts auf und fokussierte das Haus. Er war voller Hass. De Mann, dem er gleich begegnen würde, hatte seinen besten Freund vor seinen Augen erschossen.

Als Scott nach einiger Zeit hinterm Haus ein Zeichen von sich gab, stürmten die Members das Haus. Ich stand mit dem zweiten Hund am Van und beobachtete alles. Durch die Fenster sah ich, wie die Männer durch die Räume liefen. Es war laut und sie schrien jemanden an. Dann wurden sie still und jemand schrie. Ich sah, wie Jayden, Lance und Owen die Räume nach weiteren Menschen absuchten. Scott kam aus dem Schatten der Bäume auf mich zu. Lucy, die Pitbull Hündin lief freudig auf mich zu und freute sich mich und den zweiten Hund zu sehen. Sie wusste nicht, was in dem Haus abging. Scott hatte den großen Mischlingshund am Hals gepackt und ich versuchte zu erkennen, was für ein Hund es war. Als sie bei mir ankamen, vermutete ich, dass er zum größten Teil ein Bernersennenhund war. Ich reichte Scott einen Maulkorb und er legte ihn sicherheitshalber an. Auch Lucy bekam für die Fahrt wieder ihren umgelegt und ich ließ sie in ihre Box springen. Der große Mischling wurde einfach hinten in den Laderaum neben die beiden Boxen gesetzt und angeleint. Wir schlossen die des Vans und gingen in Richtung des Hauses. Gemeinsam betraten wir die knarrende Veranda und betraten das Haus. In der Küche standen die meisten Members. Sie saßen auf den Stühlen, lehnte sich gegen die Küchentheke oder gegen den Türrahmen und schwiegen.

„Und?", wollte Scott wissen. George nickte in Richtung des Türrahmens, der wohl ins dunkle Wohnzimmer führte. Ich ging entschlossen in die Richtung und hörte noch wie Thomas fragte:
„Was ist mit dem Hund?"

„Ist im Auto", erwiderte Scott.

Im Wohnzimmer sah ich, wie Damian vor der Fensterscheibe stand und raus sah. Auf dem Fußboden lag ein Mann. Seine Hände gefesselt und sein Oberkörper Blut überströmt. Dad stand hinter ihm, oberkörperfrei und mit weißen Einweghandschuhen an den Händen. Er rauchte. Die Handschuhe waren rot vor Blut und auch sein Oberkörper hatte einiges abbekommen. Sein Blick war noch immer angespannt, doch er wirkte gelöster, als vorhin noch. Irgendwo erkannte ich auch eine gewisse Art von Zufriedenheit. Er hatte gerade einen Menschen brutal umgebracht und es machte ihn zufrieden. Mein Vater war zu einem Monster geworden. Ich wusste es, er wusste es, die Members wussten es.

Dad erwachte aus seiner Starre und sah mich an. Sein Blick wurde weicher und er seufzte

„Warum tust du dir den Anblick an?", fragte er mich missmutig.

„Weil es ein Teil von dir ist und ein Teil des Clubs. Ich will sehen, was sich ändern muss", erwiderte er. Er nickte minimal, blies eine Rauchwolke aus und reichte mir die Zigarette. Ich nahm ein Zug und Dad zog die Handschuhe aus. Er zog sich sein Shirt und das Sweatshirt an und warf die Handschuhe auf den Boden.

„Lasst uns", meinte er zu meinem Bruder und mir und ging die Küche

„Ty, Dale, Evan. Dann zündet ihm mal ein warmes Feuer", kam es nur von Dad und der Rest der Members verließen das Haus.

Wenig später saßen wir alle nebeneinander auf unseren Harleys und sahen in die Flammen, wie sie hoch in den Himmel schlugen. Das Haus stand lichterloh in Flammen.

„Den Hund habt ihr?", wollte Dad von mir wissen. Ich nickte minimal.

„Gut. Georges Frau soll ihn Morgen zum 181-East bringen. Die freuen sich bestimmt", meinte er leise und sah dann in die Runde.

„Lasst uns verschwinden", rief über die Köpfe aller hinweg und wir wendeten unsere Bikes. Als Konvoi fuhren wir wieder über die Holzbrücke, die Schotterpiste und bogen auf den Highway in Richtung Norden. Für uns ging es zurück nach Ontario. Ich drehte mich noch einmal um und sah selbst aus der Ferne die hohen Flammen. Instinktiv sah ich hoch zum Himmel.

„Gott vergibt, die Outlaws nie. Der war für dich, Bryan", murmelte ich so leise vor mich hin, dass es niemand außer mir hörte.

O U T L A WWhere stories live. Discover now