"Es ist an der Zeit uns den Respekt wieder zu holen"

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Es war eine Art Super Gau eingetreten. Sie hatten Bryan getötet. Bei einer normalen Straßenkontrolle hatten sie ihn einfach erschossen. Vor den Augen meines Vaters, den anderen Members und mir. Er hatte nichts getan. Bryan hatte sich nicht falsch verhalten. Der Befehl muss von oben gekommen sein. Dad hatte es sein Herz gebrochen. Es war wie bei mir, als Ryan starb, nur noch schlimmer. Dad hatte nicht nur einen seiner Brüder verloren, sondern auch seinen besten Freund. Die beiden wuchsen zusammen im Schutz des Club auf. Sie lernten den Club beide zusammen zu schätzen, zu lieben und wurde Teil von ihm. Es war immer so unscheinbar, aber Bryan war die wichtigste Person in Charles Hudsons Leben gewesen. Die wichtigste Person, die nicht mit ihm übers Blut verwandt war.

Ich saß auf der Bank unter dem Vordach vor dem Clubhaus und sah rauf zu dem Dach der Werkstatt. Im schwachen Licht des Mondes sah man die Silhouette von Dad. Ich zog an meiner Zigarette und atmete seufzend wieder aus. Ich wollte mir nicht vorstellen, was für eine Zeit nun auf uns zukommen würde. Noch nie in meinem Leben hatte ich den Blick meines Vaters so sehr hasserfüllt gesehen. Ich wusste, dass er mir nie etwas tun würde, doch allein sein Blick hatte gereicht, um mir das Blut in Adern zu gefrieren. Seit gestern war nicht mehr viel passiert im Clubhaus. Es gab kein gemeinsames Abendessen, es gab keine Versammlung und Besprechung bezüglich Bryans Tod. Es gab nur ratlos Members, die von ihrem Präsidenten alleine gelassen wurden.

Die Tür vom Büro ging auf. Owen, Thomas und Tyler kamen rauchend auf mich zu. Owen setzte sich neben mich, Tyler lehnte sich gegen den Pfeiler und Thomas stand mit der einen Hand in der Hosentasche einfach nur da und sah gedankenverloren auf das dunkle Werkstattgelände.

„Hast du Charles gesehen?", wollte Tyler nach einiger Zeit wissen. Ich nickte in Richtung des Werkstattdaches. Thomas seufzte leicht, als er meinen Vater oben auf dem Dach sitzend erblickte. Dad rauchte, sah stur in die Ferne und schien sich nicht zu bewegen. Er saß einfach nur dort.

„Wir haben Bryan alle geliebt", gab Owen leise von sich. Ich sah ihn kopfschüttelnd von der Seite an.

„Aber niemand so wie Dad", entgegnete ich. Thomas stimmte mir mit einem leichten Nicken zu.

„Da hat sie Recht. Die beiden wuchsen auf wie Brüder. Wie wahre Brüder", erwiderte er.

„Was sollen wir jetzt tun?", hakte Tyler nach.

„Warten", meinte ich nur und blies eine Rauchwolke aus.

„Was soll ihm das denn bringen?", kam es unschlüssig von Tyler.

„Zeit. Der Heiler und Töter", erklärte ich seufzend. Thomas nickte erneut zustimmend.

„Jedenfalls müssen wir es keiner Frau sagen. Da bin ich ihm dankbar, dass er keine Familie hinterlässt mit Kindern", murmelte Owen vor sich hin.

„Ich auch", stimmte ich leise zu. Tyler holte tief Luft und sah uns an.

„Ich hab im Gefühl, dass dieser Tag viel ändern wird", kam es auf einmal von ihm.

„Viel ist noch harmlos", entgegnete Thomas und nickte in Richtung des Daches.

„Lasst uns reingehen. Er kommt runter", setzte der ältere Mann noch nach. Owen erhob sich und hielt mir die Hand hin, um mich hochzuziehen, doch ich lehnte ab.

„Ich warte auf ihn", meinte ich nur und sah zu meinem Vater rüber, wie er langsam über das Werkstattgelände geschlendert kam. Zielstrebig kam er zu mir. Die anderen Members verschwanden im Clubhaus. Ich ging meinem Vater entgegen und seufzend lehnte ich mich gegen ihn. Stumm nahm er mich in die Arme.

„Der Club ist für dich da, aber er braucht dich auch", gab ich zögernd von mir und löste mich von ihm. Mit schmerzgezeichnetem Blick sah er zu mir runter und nickte.

„Ich weiß. Ich werde mich darum kümmern", erwiderte er und zeigte in Richtung der Tür zum Clubhaus.

„Sie warten auf dich", murmelte ich leise vor mich hin.

„Hab ich mir schon gedacht", kam es seufzend von ihm. Gemeinsam betraten wir das Clubhaus. Sofort herrschte Stille und alle Members erhoben sich. Sie sahen den Präsidenten an und warteten darauf, dass er etwas tat. Stumm ging Dad zu den Sofas, in welcher Ecke auf einige ausrangierte Bikes mit Clubgeschichte standen und sah in die Runde.

„Es wird Vergeltung geben, aber nicht heute und nicht Morgen. Erst einmal zählt es, Bryan seine Ehre zu erweisen, dann kommt die Arbeit.", verkündete Dad und sah sich noch ein weiteres Mal im Raum um. Bei Evan blieb sein Blick hängen.

„Du besorgst mir alle wichtigen Informationen die wir brauchen, um diese zwei dämlichen Cops zu finden. Erst finden wir die beiden, dann deren Familien, dann deren Freunde. Gnade war einmal. Uns als Club werden sie weder vertreiben, noch vernichten. Es ist an der Zeit uns den Respekt wieder zu holen, den wir verloren haben. Ich gebe Ontario, Los Angeles und unser Kalifornien nicht kampflos her. Hier regiert die Anarchie", kam es ruhig, aber mit aggressiven Unterton von meinem Vater. Die Reaktion im Clubhaus war positiv auf Dads Ansprache. Dad nickte seinen Members zu und wandte sich dann zu dem leeren Platz von Bryan. Er schüttelte minimal den Kopf und in seinen Augen bildeten sich Tränen. Etwas, was man bei meinem Vater eigentlich nie sah. Der Club ließ meinen Vater in Ruhe. Er setzte sich in die Ecke aufs Sofa und starrte auf den Fußboden vor sich. Ich holte zwei Bier und gesellte mich zu ihm. Ich gab ihm das Bier und ließ mich neben ihm nieder.

„Gott vergibt, die Outlaws nicht", meinte ich leise. Dads Blicke löste sich aus der Starre und ohne den Kopf zu bewegen sah er mich an.

„So sieht's aus. Die werden schon noch merken, wer die Stadt regiert", erwiderte er monoton.

„Was hast du vor?", wollte ich wissen. Dad sah weg von mir und schüttelte den Kopf

„Erst einmal werde ich meinen Bruder begraben, dann werden wir weiter sehen. Aber sei dir über eins bewusst", begann er und griff zu der Innentasche seiner Kutte um eine Waffe herauszunehmen, „du wirst jetzt eine Waffe tragen."

O U T L A WWhere stories live. Discover now