Kapitel 26

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Hermines Sicht

Egal wie sehr ich versuchte sie abzuschütteln, Malfoys Worte verletzten mich. Ich dachte, er hätte sich geändert. Ich dachte, er würde mich nach dem Krieg als Ebenbürtige betrachten und nicht mehr mit diesem erniedrigenden, kalten Wort um sich werfen.

Ein kleiner Teil in mir bereute es ihm Schmerzen zugefügt zu haben, der andere, deutlich größere Teil fand, dass er die Ohrfeige mehr als verdient hatte.

Die restlichen Minuten fühlten sich an wie Stunden. In eisiger Stille arbeiteten wir nebeneinander.

Das hieß jedoch nicht, dass ich ihn nicht aus dem Augenwinkel beobachtete. Sein Ekel vor den Töpfen und dem dreckigen Lappen war nach wie vor witzig anzusehen.

Ich war erleichtert als Professor Slughorn endlich zurückkam und unsere Arbeit mit einem Nicken abnahm. Feierabend, freute ich mich, nahm meinen Zauberstab entgegen und huschte so schnell ich konnte durch die Tür.

Plötzlich blockierte eine unsichtbare Wand meinen Weg. Verwirrt drückte ich mit meiner Handfläche dagegen. Tatsächlich, es schien eine unsichtbare Wand vor mir zu sein.

Ich zog meinen Zauberstab und versuchte es mit einem „Finite Incantatem". Leider kein Erfolg.

„Granger, über dir", kam Malfoys herablässige Antwort rechts neben mir.

Über mir? Verwundert sah ich nach oben: Ein Mistelzweig hing an der hohen Decke.

Ein Mistelzweig Ende September? Es war doch noch nicht Weihnachten. Zur Weihnachtszeit dienten Mistelzweige der Dekoration und wuchsen meist zwischen Verliebten. Verliebt, dass ich nicht lache! Und Weihnachten war auch noch lang entfernt.

Es musste eine andere Ursache geben. Ein normaler Mistelzweig konnte einem nicht am Weggehen hindern. Jemand musste ihn verhext haben, das würde auch den Ursprung des Mistelzweigs erklären. Doch wer sollte so etwas tun? Und warum?

„Irgendwelche besserwisserischen Ratschläge, Granger? Wenn ja, wäre jetzt ausnahmsweise der Zeitpunkt dafür", Malfoy fuhr sich genervt durch sein blondes Haar.

„Danke Malfoy, dass du so lieb nach meiner Meinung fragst. Der Mistelzweig ist verhext", erwiderte ich knapp und überlegte fieberhaft nach einer Lösung.

Welche Flüche gab es für Mistelzweige? Ich kannte da schon einen, aber das konnte es unmöglich sein. Für diesen Fluch gab es auch keinen Gegenzauber.

„Das dürfte sicherlich kein Problem für unsere klügste Hexe des ganzen Jahrgangs sein", meinte Malfoy gehässig und sah mich erwartungsvoll an.

Na los, Hermine, zeig diesem arroganten Frettchen, was du kannst! Entschlossen probierte ich einen Gegenzauber nach dem anderen aus, doch vergebens. Die unsichtbare Mauer blieb und mit ihr wuchs meine Verzweiflung.

„Ich habe besseres von dir erwartet, Grangerlein", Malfoy schüttelte den Kopf.

„Dann schlag du doch eine Lösung vor! Bis jetzt habe ich nur zickiges Gemotze gehört!", blaffte ich ihn wütend an.

Seine sturmgrauen Augen bohrten sich in meine als er mir gefährlich nahe kam.

„Meinst du, ich genieße deine Gesellschaft? Wenn ich eine Lösung wüsste, wäre ich schon längst verschwunden!"

Ich sah nach oben, um meine aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich wusste nicht genau warum, aber seine Abneigung mir gegenüber schmerzte mich zutiefst. Besonders, weil er mich zuvor auch noch Schlammblut genannt hatte.

Moment mal, ist der Mistelzweig etwa gewachsen? Oder täuschte ich mich? Konnte es wirklich dieser Fluch sein?

Vorsichtig drückte ich gegen die unsichtbare Wand und trat dabei noch einen Schritt auf Malfoy zu.

„Was wird das, Granger?", empört wich er zurück.

Tatsächlich! Die Stärke der unsichtbaren Wand hatte nachgelassen als ich direkt vor ihm stand.

„Sieh selbst, Malfoy. Komm näher und drücke dabei gegen die Wand."

„Bist du noch ganz dicht, Granger?", motzte er erneut und zupfte sein bereits perfekt sitzendes Hemd zurecht.

„Tu es einfach", meinte ich genervt.

Mehr als skeptisch folgte Malfoy meiner Anweisung. Je näher er mir kam, umso größer wurden seine Augen. „Granger, die Wand wird schwächer!", seine sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.

„Ich weiß", lachte ich stolz über meine Entdeckung.

„Auf was wartest du dann noch? Komm näher!", wies er mich an.

War klar, dass er zu feige dafür war. Ich trat noch einen Schritt auf ihn zu. Sein typischer, betörender Duft trat in meine Nase. Ich konnte seinen heißen Atem auf meinem Gesicht spüren.

„Und?", fragte ich erwartungsvoll.

„Ich glaube, es fehlt noch ein Stückchen", Malfoy klang etwas nervös. Er wich meinem Blick aus und starrte stur auf den Mistelzweig.

Okay, Hermine, du kannst das. Bleib ruhig. Langsam trat ich noch näher heran. Unsere Oberkörper berührten sich nun leicht. Ich konnte seinen schnellen Herzschlag spüren.

„Und?", ich traute mich kaum zu fragen, da ich die Antwort bereits kannte.

„Etwas schwächer, aber immer noch da", Malfoy klang fast ängstlich, „Granger, ich habe das mal in einem Buch gelesen...", er schluckte merklich, „Denkst du wir müssen uns küssen?"

Endlich sah er mich an. In seinen sturmgrauen Augen erkannte ich, wie nervös und angespannt er war.

Hatte ich mit dem Fluch Recht, so gäbe es keine andere Möglichkeit.

Der Fluch hielt die unter dem Mistelzweig stehenden Personen solange fest, bis sie sich ihre Liebe eingestanden. Meist wurde diese Bedingung durch einen innigen Kuss erfüllt.

Es gab einen bekannten Fall, der hatte ein Paar stundenlang festgehalten. Nur die Person, die den Fluch gesprochen hatte, konnte ihn zurücknehmen.

Malfoy in meinem eigenen Körper küssen? Ich unterdrückte die aufkommende Aufregung. Auch wenn ich wütend auf ihn war aufgrund dessen, was er gesagt hatte, dennoch fand ich den Gedanken ihn zu küssen nach wie vor mehr als verlockend.

Andererseits, würde er nicht merken, dass ich wie die falsche Pansy küsste? Nein, das konnte ich nicht zulassen! Kein Küssen! Auf keinen Fall - auch wenn ich das zu gerne würde.

Wir mussten stattdessen herausfinden, wer den Fluch gesprochen hatte.

~

Na, meint ihr wird es zu dem Kuss kommen oder werden die beiden dort ewig verharren bis sie jemand findet? 😁
Und wer hat die beiden verflucht? 😌

Heimliches BegehrenWhere stories live. Discover now