Kapitel 40

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Hermines Sicht

Mit jeder zunehmenden Sekunde wurde ich nervöser.

Nachtruhe war schon eingekehrt, weshalb es unheimlich still im Krankenflügel war. Die hohen Mauern sahen etwas gespenstisch aus.

Fast so gespenstisch wie Malfoys fahles Gesicht.

Ich konnte nur hoffen und zu Merlin beten, dass Malfoy bald wieder genesen würde und keine dauerhaften Schäden erlitt.

Im Nachhinein bereute ich es zutiefst, Hagrid um den Hippogreifen gebeten zu haben. Ich hätte es besser wissen müssen.

Hätte voraussehen müssen, dass Malfoys Stolz überhand nehmen würde und er den Zorn des Hippogreifen auf sich ziehen würde.

Warum war ich nicht dazwischen gegangen? Warum hatte ich es zugelassen, dass Malfoy sich in Gefahr brachte?

Mein Magen zog sich zusammen als ich die Szene wieder vor meinem inneren Auge erlebte.

Mit voller Wucht hatte der Hippogreif Lydia Malfoy am Kopf getroffen.

Malfoy hatte es niedergerissen. Bevor er zu Boden fiel hatte ich meinen Zauberstab gezückt und geschrien: „Arresto Momentum!"

Seinen Fall hatte ich dadurch etwas abbremsen können.

Danach ging alles ganz schnell.

Ohne darüber nachzudenken war ich zu ihm gestürzt.

Doch da hatten sich Malfoys Augen schon nach hinten gedreht und er war in die Bewusstlosigkeit gefallen.

Seine Stirn war weit aufgerissen gewesen. Er hatte so stark geblutet, dass Blut auf den Boden getropft war. Eine Platzwunde. Möglicherweise innere Hirnblutungen.

Ich war starr vor Angst gewesen.

Malfoy starb. Ich hatte ihn umgebracht. Das Blut war nur so aus seinem Kopf geronnen. Sein Atem ging flach. Seine blasse Haut wurde wenn möglich noch blässer.

Ich hatte ihn umgebracht.

Ganz erstarrt war ich vor ihm gekniet und hatte nur zusehen können wie sein Zustand sich verschlechterte, wie das Leben aus ihm wich.

Zum Glück hatte Harry mich aus dieser Trance gerissen.

Behutsam hatte ich dann Malfoys Kopf in meine Arme genommen und einen Zauberspruch nach dem anderen geschrien.

Die Wunde hatte sich langsam geschlossen, doch nicht komplett. Ich hatte die Blutung nicht stoppen können.

Weiter und weiter war sein dunkles Blut auf meine Hände getropft. Nein! Nein!

Wie verrückt hatte ich weiter jeden Zauberspruch geschrien, der mir einfiel.

Doch umsonst.

Malfoy hatte kaum noch geatmet.

Meine Sicht war ganz verschwommen von den unterdrückten Tränen gewesen.

Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie Hagrid Madam Pomfrey geholt hatte und die anderen Schüler bis auf Parkinson, Zabini, Harry und mich weggescheucht hatte.

Madam Pomfrey hatte mich mit Gewalt von Malfoy zerren müssen. Ich hatte ihn nicht loslassen wollen.

Ich war so durcheinander gewesen, dass ich mich an den Weg zum Krankenflügel nicht erinnern konnte. Hatte nicht bemerkt, wie Harry meine blutige Hand genommen hatte und mitgegangen war.

Ich wusste nur noch, wie Madam Pomfrey um Malfoys immer blasser werdenden Körper herumgehuscht war und ihm einen Zaubertrank nach dem anderen verabreicht hatte.

Zu guter Letzt hatte sie ihm noch einen Verband mit einer hoch dosierten Salbe um den Kopf gewickelt, was Malfoys Erscheinung noch trostloser machte.

Keine Sekunde später hatte es mich zerrissen. Ich musste einfach wissen, wie sein gesundheitlicher Zustand war. Parkinson und ich hatten sie mit Fragen bombardiert.

Sie hatte uns erklärt, dass er irrsinnig Glück gehabt hatte. Innere Blutungen hatte er nicht und deshalb sollte er auch bald wieder aufwachen.

Doch er würde eine Weile mit sehr starken Kopfschmerzen rechnen müssen.

Ich war erleichtert. So erleichtert. Keine langfristigen Schäden.

Danach hatte ich zu kämpfen hierbleiben zu dürfen. Nur mit dem Versprechen ihr regelmäßig die Werte mitzuteilen hatte ich die Erlaubnis bekommen.

Parkinson und Zabini hatte sie unter Protest aus dem Krankenflügel geworfen, genauso Harry.

Und nun saß ich hier. Seit Stunden. Wartete darauf, dass Malfoy wieder aufwachte.

Beobachtete jede noch so kleine Regung in seinem Gesicht.

Dabei fiel mir auch zum ersten Mal auf, wie dicht und hübsch seine Wimpern waren. Wie aristokratisch seine Nase war. Wie sexy seine leichten, kaum merkbaren hellen Bartstoppeln waren.

Mich schmerzte es ihn mit diesem dicken Verband sehen zu müssen. Sein Gesicht war beinahe so blass wie das Laken des Krankenbetts.

Tränen sammelten sich wieder in meinen Augen. Es war allein meine Schuld.

Ich war für sein Leid verantwortlich.

Deshalb war ich es ihm jetzt schuldig auf ihn aufzupassen. Darauf aufzupassen, dass sein Zustand stabil blieb und das Leid sich nicht verschlimmerte.

Da fiel mir auf, dass immer noch sein Blut an meinen Händen klebte.

Schnell ging ich zum nächsten Waschbecken und wusch das dunkle Blut würgend ab. Dabei versuchte ich möglichst leise an den Krankenbett vorbeizuschleichen um niemanden zu wecken.

Als ich wieder zurück kam stellte ich erleichtert fest, dass sich die Zahlen auf dem Monitor nicht geändert hatten.

Sein Puls war stabil.

Zum Glück.

Plötzlich huschte die Zahl besorgniserregend nach oben.

Wenige Sekunden später wusste ich warum.

"Granger?", Malfoys Stimme war ganz rau.

~

Entschuldigt bitte die Verspätung. Wie hat euch das Kapitel gefallen? Wie meint ihr geht Malfoy mit Granger neben seinem Krankenbett um?



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