• neunundfünfzig •

2.1K 164 20
                                    

Finn Morgan

Es klopfte an der Tür. "Spencer, wir gehen schnell für Kayden und Ben Badehosen kaufen. Treffen wir uns in zwei Stunden am Strand?" Es war Lou. Noch immer hatte ich nicht herausgefunden, ob sie Louisa oder Louise hieß. Oder ob Sie überhaupt mit ou oder u geschrieben wurde. Es war zum Mäuse melken! "Geht klar. Viel Spaß!", rief Spencer und sah mich an.

"Wir sollten langsam aufstehen", erwiderte ich. "Warum denn? Es sind Ferien. Und wir haben noch zwei Stunden." Spencer gab mir einen Kuss. "Das mag sein, aber du musst immer noch sehr viel Schulstoff nachholen. Mich wundert es ja, dass sie dich überhaupt weiter gelassen haben."

Ich stand auf und lief in das angrenzende Badezimmer. Es war recht klein, jedoch ausreichend. Auf der Kommode lagen bereits Boxershorts, Jeans und Hemd. Ich zog mich um und sah an mir herab. Mein Hemd war noch offen, ich sah meine Narben. Die Einstiche und Schüsse. Es sah so abartig aus. Vorsichtig strich ich darüber und dachte an gestern Abend:

Vorsichtig legte ich mich neben Spencer, welcher bereits auf dem Bett lag. Es war so warm, dass wir eigentlich keine Decke brauchten, doch trotzdem zog ich Diese über mich. "Gute Nacht", meinte ich und knipste das Licht aus. Sofort wurde es dunkel und man konnte nur noch Umrisse erkennen. "Peanut?" Ich lächelte. So hatte er mich lang nicht genannt. Ich mochte diesen Spitznamen, doch ich würde es niemals zugeben.

"War es wirklich ein Autounfall?" Ich schluckte. "Was meinst du?" "Ich habe das Gefühl, dass ihr mir etwas zu diesem Thema verschweigt." Spencer bewegte sich und nun sah ich seinen Umriss. Er sah mich an. "Wir sprechen nicht gerne darüber. Wir wollen es vergessen. Es war schrecklich", versuchte ich abzulenken. "Hat er dich verletzt?" Spencer legte seine Hand auf meinen Bauch. Sofort verkrampfte ich mich, als er mit seinem Finger Kreise malte. "Nur eine Platzwunde. Für Milo und Nathaniel war es schlimmer. Milo war nicht mehr er selbst und Nathaniel schwebte in Lebensgefahr. Wir waren Stunden mit diesem Kerl allein." Rein theoretisch stimmte dies. Nur das es in der Hütte war und Spencer vergewaltigt und fast tot geprügelt wurde, verschwieg ich.

"Ich bin froh, dass wir das alles hinter uns haben." Spencer küsste mich. Seine Hand glitt unter mein T-Shirt. "Es ist warm. Zieh das doch aus." Ich presste meine Lippen aufeinander. "Spencer, ich-" "Finn, keine Sorge. Du bestimmst, wann der Zeitpunkt gekommen ist. Ich möchte einfach nur, dass du mir vertraust. Das du keine Angst vor mir oder meinen Berührungen hast. Du bist wunderschön. Auch mit diesen Narben."

Wieder küsste er mich. Diesmal erwiderte ich und versuchte, meine Gedanken abzustellen. Meine Hand fuhr plötzlich wie von selbst durch seine weichen Haare, meine Zunge drängte ich regelrecht in seinen Mund. Ich drückte Spencer von mir, als ich etwas in meiner Hose spürte. Dieses Gefühl war mir bisher völlig fremd gewesen.

Seufzend strich ich mir über meine Narben. Ob Spencer es auch noch schön fand, wenn er sie sah? Wenn er sah, wie hässlich ich doch eigentlich war? Außerdem war ich auch nicht durchtrainiert. Ich würde mich nicht als dick oder fett bezeichnen, nein, aber ein paar Kilogramm zu viel hatte ich definitiv auf den Hüften.

Jedoch würde ich es nie erfahren, wenn ich es ihm nicht zeigen würde. Wiederum waren wir in Spanien. In einem Dorf, am Ende der Welt. Natürlich nicht wirklich am Ende der Welt, jedoch irgendwo in der Pampa. Doch wenn es schief gehen würde, würde ich alles versauen und die nächsten drei Wochen würden ein Alptraum werden.

Ich atmete tief ein und aus, lief zur Zimmertür und öffnete diese. Mein Herz raste.

Spencer war an seinem Smartphone. Ich versuchte mich lässig an den Türrahmen zu lehnen und sah ihn einfach an. Noch könnte ich mich ins Badezimmer zurück ziehen.

Und das wollte ich. Ich wollte nichts mehr, als mich wieder hinter meiner Fassade zu verkriechen und niemanden mehr an mich heran lassen.

Doch meine Beine machten das Gegenteil.

Plötzlich stand ich schon vor dem Bett. Spencer bekam mich nun mit und sah zu mir auf- okay, er sah auf meine nackte Haut. "Was wird das?" Spencer setzte sich auf. "Findest du so etwas schön? Das ist abstoßend. Hässlich." Ich ließ das Hemd auf den Boden fallen.

Als hätte ich keine Kontrolle mehr über meinen Körper.

"Ich habe sogar auf dem Rücken zwei hässliche Narben. Denn ich wurde durchlöchert. Zwei Kugeln sind direkt durch mich durch gegangen. Ein Wunder, dass ich noch lebe, meinten die Ärzte. Doch für mich ist es die Hölle. Mein ganzes Leben ist die reinste Hölle, der reinste Scherbenhaufen, Spencer. Ich will, dass das aufhört. Ich will doch nur normal leben."

Spencer zog mich zu sich. "Und das kannst du. Aber das kannst du nur, wenn du dich damit abfindest. Du kannst es nicht mehr ändern. Du kannst nur das Beste daraus machen. Und ich kann dir dabei helfen." Er strich mir über meine Wange. "Du bist etwas Besonderes. Ein Überlebender. Das kannst du mit Stolz zeigen. Und ich kann dich stolz als meinen festen Freund vorstellen. Und weißt du eigentlich, wie stolz ich auf dich bin? Und ich glaube, ich habe das Wort stolz noch nie so oft benutzt." Spencer lächelte.

Ich küsste ihn einfach. Er hatte recht. So verdammt recht. Normalerweise war ich doch derjenige, der recht hatte! Ich hatte immer recht!

Spencer drehte uns. Nun lag ich unter ihm. Er fing an, meine Narben zu küssen. Jede einzelne.

Der Zeitpunkt war gekommen, das spürte ich.

The Tape ∣ boyxboy ✔️Where stories live. Discover now