• sechsundsechzig •

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Spencer James

Noch immer starrte ich auf den kleinen Bachlauf vor mir. Finn war nun offiziell ein Student an der Harvard Universität in Cambridge. Ich freute mich natürlich für ihn- sehr sogar. Doch auch wenn er erst einige Tage dort war, vermisste ich ihn schrecklich.

"Hier." Milo reichte mir ein Sandwich und setzte sich zu mir, als ich es angenommen hatte. "Danke." "Gern. Nate hat extra mehr gemacht." Ich lächelte. "Weil du so viel isst." "Bei seinen Sandwiches kann man einfach nicht widerstehen. Mum will ihm das Kochen beibringen." Milo lachte. "Er schafft es ja nicht mal, Nudeln zu kochen", fügte er hinzu. "Aber diese Sandwiches sind echt geil."

Ich holte nebenbei mein iPhone heraus. Noch immer keine Nachricht von Finn... "Hey, Kopf hoch. Er ruft bestimmt bald an. Es muss ziemlich aufregend für ihn sein, dass das alles so schnell ging und er seinem Traumjob nun ein ganzes Stück näher ist." Milo legte einen Arm um meine Schulter. "Aber eine Nachricht, dass es ihm gut geht, ist doch nicht zu viel verlangt, oder?" Ich sah Milo an.

"Die kommt bestimmt noch. Schau mal, wenn wir erst mal in Yale sind, beginnt für uns auch ein völlig neuer Lebensabschnitt." "Aber du würdest Nate anrufen", murmelte ich und aß das Sandwich. "Wir machen uns heute erst mal einen schönen Tag!"

Als wir aufgegessen hatten, packten wir zusammen und wanderten weiter. Das Milo Mich ablenken wollte, war ja wirklich toll gemeint, doch es klappte nicht wirklich.

Warum meldete sich Finn nicht? Nur eine kurze Nachricht... ja, ich wusste, dass er nicht wirklich Fan von dieser Technik war, aber einfach ein Satz... mit einem Satz wäre ich doch schon mehr als zufrieden!

"Weißt du, was komisch ist?" Milo sprang auf die einzelnen Steine, damit er den Fluss überqueren konnte, weshalb ich es ihm gleich tat.

"Nein, was denn?", fragte ich und lief wieder neben ihm. "Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich einmal festlege und so. Also zumindest nicht so schnell. Aber irgendwie glaube ich, dass Nate der Eine ist. Weißt du?" "Ja, das verstehe ich. Ich bin froh, dass du ihn hast. Er tut dir gut."

"Willst du mein Trauzeuge werden? Also die Hochzeit ist wahrscheinlich erst in ein paar Jahren, mal schauen. Vielleicht auch nächstes Jahr, kommt auf meine Noten drauf an. Ich muss mich auf die Schule konzentrieren, bevor ich planen kann. Und wir bekommen das Haus von Peter geschenkt. Da muss auch einiges verändert werden." Ich nickte, steckte meine Hände in die Jackentasche, da es etwas windig wurde.

"Aber ja, ich wäre gern dein Trauzeuge", lächelte ich. "Wenn du dir sicher bist. Du hast ja immerhin noch zwei Brüder", fügte ich hinzu.

"Ja, klar. Ich verstehe mich zwar mit denen, aber sie sind mir immer noch fremd. Und Patrick sehe ich ja nicht oft, obwohl er jetzt entlassen werden will. Er möchte Zeit mit mir verbringen und sowas. Thomas meint, es geht bergauf mit ihm, seit sie mich quasi wiederhaben." "Das ist doch gut."

Ich bekam einen Regentropfen ab. "Ich dachte, es soll heute nicht regnen", meinte ich und sah meinen besten Freund an. "Soll es auch nicht." Milo sah zum Himmel. "Aber ich habe einen Regentropfen abbekommen", erwiderte ich. "Ach Quatsch. Du spinnst."

Stumm liefen wir weiter. Es war kein Vogel zu hören, kein einziges Tier. Man hörte nur den Wind in den Bäumen rauschen. Es war unheimlich.

"Wo laufen wir eigentlich hin?", entschied ich mich zu fragen, damit es nicht mehr so still zwischen uns war. "Zu einem meiner Lieblingsplätze. Dad und ich sind hier oft her gewandert, wenn er zu Hause war und ich wieder Alpträume hatte. Es hat mir immer geholfen und waren erst spät abends zurück."

Und wieder ein Regentropfen.

"Milo, ich glaube-" "Ja, ich habe auch einen Tropfen abbekommen", unterbrach er mich. In der Ferne hörten wir ein Grollen. "Wollen wir umdrehen?", fragte er, lief jedoch weiter. "Was sagt denn die Wetter-App?", stellte ich die Gegenfrage und holte mein iPhone aus der Jackentasche, um die Wetter-App zu öffnen. "Hm, es soll gleich regnen", meinte ich und blieb stehen. "Na ja, tut es ja schon." Milo lachte kurz. "Komm, weiter. Das geht bestimmt gleich wieder vorbei." Ich nickte und lief mit meinem besten Freund weiter.

"Wann sind wir da?" "Du nervst", lachte Milo. "Aber rein theoretisch in ein paar Minuten." Ich nickte und folgte weiterhin brav meinem besten Freund.

Nach einigen Minuten waren wir an einem wunderschönen Ort angekommen. Eine Wasserfallquelle, abgegrenzt von großen Steinen, waren Wildblumen. "Wow", erwiderte ich, bekam dabei erneut einen Regentropfen ab. "Das Beste ist, dass hinter dem Wasserfall eine Höhle ist. Hier kommt nie jemand her- zumindest nicht, wenn Dad und ich hier waren. Dieses Fleckchen Erde sieht so unberührt aus, ich weiß nicht mal, ob jemand davon weiß." Milo lächelte mich an.

Dann ertönte ein lauter Donner. "Oh je", murmelte Milo. "Ich wollte doch Sandwiches mit dir essen. Und schnattern. So über heiße Jungs und sowas. Wir haben uns drei Wochen nicht gesehen", schmollte er.

"Wenn nicht, laufen wir zurück und ich kann ja bei dir übernachten", schlug ich vor. "Ja! Das ist eine gute Idee! Nein, eine großartige Idee!", rief Milo begeistert. "Aber erst brauche ich ein Sandwich, sonst schaffe ich den Rückweg nicht."

Er setzte seinen Rucksack ab und diesmal bekam ich mehrere Tropfen ab. "Beeile dich lieber." "Jaja, wir können dann schön heiß zusammen duschen gehen." Ich verdrehte meine Augen. Ganz der alte Milo!

Als er sein Sandwich hatte, drehten wir um und liefen etwas zügiger zurück. Wir würden bestimmt eine Stunde brauchen, trotz unseres schnellen Laufschrittes.

Der Regen wurde mittlerweile immer doller, der Donner immer lauter. Wir waren nass. Klitschnass.

"Hier müssen wir aufpassen!" Wir waren an dem Bach angekommen, die Steine sahen ziemlich glitschig aus. Vorsichtig machte ich große Schritte auf die Steine, jedoch -wie sollte es auch anders sein- rutschte ich aus und fiel ins Wasser. Mein Kopf prallte auf einen Stein, ein Schmerz durchzuckte mich.

Und plötzlich war alles da:

Es war kein Autounfall.

Es war eine Vergewaltigung.

Soooo, der Titel für die Fortsetzung steht, ein Cover gibt es auch, allerdings ein sehr schlechtes. Falls jemand eine Begabung dafür hat, kann er mich gern anschreiben😅😅

Und nein, dies ist noch nicht das Ende von The Tape. Es kommen noch 1-2 Kapitel + Epilog 😁

The Tape ∣ boyxboy ✔️Where stories live. Discover now