• sieben •

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Spencer James

Ich sah Finn Morgan an. Es war bereits kurz nach sechs, ich konnte keine Soldaten mehr ersehen. "Wir haben jetzt 200 Soldaten. Das sollte reichen", murmelte Finn Morgan vertieft.

"Ich bitte darum", grummelte ich. "Jetzt müssen sie nur noch trocknen. Ich habe Modelliermasse genommen, welche an der Luft trocknet."

Ich dachte die ganze Zeit, es war Ton oder so etwas. "Morgen-" "Morgen ist Sonntag, Kleiner", unterbrach ich ihn direkt. "Da will ich etwas mit Kayden machen."

Leicht nickte Finn Morgan. "Okay, ich verstehe." Er klang irgendwie... enttäuscht.

"Hey, ihr fleißigen Bienchen. Essen ist fertig. Kommt ihr?" "Ich.... darf mit essen?", fragte Finn vorsichtig. "Klar. Ich glaube, du kommst heute nicht mehr heim." Dad zeigte zum Fenster.

Tatsächlich war der Himmel fast vollständig schwarz, hin und wieder war ein Blitz zu sehen. "Oh. Das sieht nicht gut aus." "Am besten, du sagst deinen Eltern Bescheid, wo du bist, junger Mann."

Ich hörte ein "Glauben Sie mir, das muss ich nicht", von Finn Morgan, blieb jedoch stumm. "Komm, wir gehen Hände waschen." Ich stand auf und lief ins Badezimmer, wusch dort meine Hände.

"Ist alles okay bei dir?" "Ich mag Unwetter nicht." "Das gehört aber nun mal dazu." "Manche Donner hören sich an wie Schüsse", flüsterte er kaum hörbar. Ich wusste nicht, warum er diesen Vergleich brachte, es war mir im Prinzip auch relativ egal. Aber eins wusste ich: Ich musste die Nacht mit Finn Morgan im Haus verbringen.

Und das kotzte mich an!

Stumm lief ich nach unten. "Wir wollten eigentlich draußen essen, aber das können wir vergessen." Mum lächelte mich an. "Was gibt es denn?" "Spaghetti Carbonara." Wissend nickte ich und wuschelte Kayden vor mir durch die Haare. "Hat der kleine Herr etwa wieder das Essen ausgesucht?", fragte ich grinsend, weshalb er kicherte. "Die Vorteile vom kranksein", antwortete er grinsend.

Draußen fing es an zu regnen. "Ich liebe das Geräusch von Regen", lächelte Kayden, als Finn Morgan die Küche betrat. "Dieser Trottel ist gerade erschienen, richtig?" "Jap." "Okay, Trottel. Komm zu mir", befahl Kayden und drehte sich auf seinen Stuhl in seine Richtung.

Finn Morgan stellte sich unsicher vor ihn. "Also wegen gestern, das tut mir leid. Ich dachte, hier herrscht so ein Sauberkeitstick." "Nein. Ich bin einfach nur blind", erwiderte Kayden und fasste an Finn Morgans Schultern. Dann ertastete er sich höher, hinauf zu seinem Gesicht. "Er hat nicht so hübsche Wangenknochen wie Milo."

"Man vergleicht keine Personen miteinander, das habe ich dir schon so oft gesagt", seufzte unser Vater und servierte das Essen. Ich setzte mich auf meinen gewohnten Platz neben meinen kleinen Bruder.

"Finn, was möchtest du denn trinken? Wir haben Apfelsaft, Orangensaft, Cola und Fanta." "Äh.., ein Glas Wasser reicht, danke." "Okay." Finn Morgan setzte sich neben mich. Als sich meine Eltern gesetzt hatten, fingen wir an zu essen.

Der Regen wurde stärker, es blitzte und donnerte immer doller. "Ich mag Gewitter nicht. Die hören sich so schrecklich böse an!", maulte Kayden. "Glaub mir, die Blitze sehen viel schlimmer aus", meinte ich aufmunternd zu ihm. "Das kann ich nicht bezeugen."

"Und, Finn, hast du schon einen Plan, was du nach der Schule machen möchtest?", fragte meine Mutter lächelnd. "Mein Ziel ist es, zum FBI zu gehen." "Analysierst du etwa deswegen Menschen?", fragte ich. "Ja. Es ist ein Tick von mir. Ich stelle mir vor, wie sie leben, wie sie aufgewachsen sind und warum manche Leute so sind, wie sie sind. Oft liege ich damit auch richtig."

Finn Morgan sah mir zum ersten Mal direkt in die Augen. "So wie bei dir. Du hast ein Geheimnis." "Ich habe kein Geheimnis", knurrte ich. "Doch. Sonst wärst du nicht so wütend." "Ich bin nicht wütend."

"Kein normaler Mensch setzt sich freiwillig eine Dreiviertelstunde in einen stinkenden Bus, um in eine Schule am anderen Ende der Stadt zu gehen. Du hast ein Geheimnis und ich finde heraus, was es ist. Niemand wechselt einfach so mitten im Schuljahr."

Finn Morgan betonte den letzten Teil so... scharf und hart. Als wäre er wirklich schon ein Detektiv. "Okay, erstens, Bus fahren stört mich nicht, zweitens, hatte ich auf eine öffentliche Schule keine Lust mehr und wollte eine Uniform tragen, damit ich mir das ganze Gehetze um mich herum nicht mehr mit anhören musste. Vor allem die Weiber waren schlimm, okay? Das ist der einzige Grund."

Doch ich sah ihm an, dass er mir nicht glaubte. Ich tat es ja selbst nicht einmal wirklich.

"Okay, ihr beiden. Schluss jetzt. Schließt doch einfach Freundschaft." "Nein", riefen Finn Morgan und ich gleichzeitig. "Wir haben dieses dämliche Projekt miteinander, mehr nicht", brummte ich und aß meinen Teller auf.

Die restliche Zeit des Essens verblieben wir alle stumm. Hin und wieder hörte man den Donner, sonst nur den Regen. "Wir können ja alle UNO spielen!", rief Kayden dann begeistert. "Das ist eine gute Idee. Wollt ihr beide mit spielen?" Mum sah uns fragend an.

"Von mir aus gerne." Ich sah zu meinem Mitschüler. "Ja. Okay. Ich habe das aber noch nie gespielt." "Das ist nicht schwer. So ähnlich wie Mau-Mau, bloß mit anderen Karten." "Hm, okay."

Kayden, Finn und ich liefen ins Wohnzimmer. "Jeder bekommt sieben Karten. Du musst entweder die gleiche Farbe, oder die gleiche Zahl auf den Stapel legen. Wer als erstes seine Karten weg hat, hat gewonnen." "Klingt doch einfach." Ich grinste. "Hm, das sagen sie am Anfang alle."

Ich mischte die Karten und teilte schon mal aus. "Woher weiß ich eigentlich, dass ihr mich am Ende nicht bescheißt?", fragte Kayden dann. "Du musst uns wohl oder übel vertrauen, Hosenscheißer", grinste ich und wuschelte durch seine Haare.

Dann sah ich zu Finn Morgan. "Soll ich dir eigentlich bequeme Klamotten leihen?", fragte ich ihn dann. "Wieso?" Okay, damit war das Thema für mich auch erledigt.

"Lasst uns spielen!" Mum und Dad setzten sich an den Tisch. Jeder nahm seine Karten. "Okay, Kayden, du fängst an." Er nickte und tastete nach der ersten Karte des Stapels. "Eine gelbe neun", murmelte er und tastete seine Karten ab, legte eine gelbe vier auf den Stapel. "Das ist so faszinierend", murmelte Finn Morgan neben mir und strich über seine Karten.

"Ist es schwer, Blindenschrift zu erlernen?" "Es ist bei jedem unterschiedlich. Bei uns ging es relativ gut, während Spencer große Probleme hatte. Er war damals schon neun, als er es lernen musste. Seine Konzentration war gleich Null."

Kayden lehnte sich an mich. "Aber ich bin froh, dass er es geschafft hat", lächelte mein kleiner Bruder.

The Tape ∣ boyxboy ✔️Where stories live. Discover now