• neunzehn •

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Spencer James

Mein iPhone klingelte. Es war Tommy. "Wie hat er es aufgenommen?", fragte ich sofort.

Eigentlich wollte ich dabei sein, doch Tommy wollte Milo dann doch lieber alleine sagen, das sie Brüder waren.

"Ich habe ein blaues Auge und eine aufgeplatzte Lippe. Er war ziemlich wütend und will mich nie wieder sehen, weil er denkt, ich möchte ihn zu mir holen, was allerdings nicht stimmt. Das wäre nett, wenn du es ihm sagen könntest. Ich kam nicht mehr dazu. Seine Pflegeeltern haben mich raus geschmissen, weil Sie meinten, es sei sicherer für mich."

"Oh Gott. Gehts dir denn gut?" "Ach klar, Kleiner. Ich muss ihm nur etwas Zeit geben, dann versuche ich noch einmal mit ihm zu reden. Mich bringt so leicht nichts um, das weißt du doch."

Ich sah auf meinen iMac, aktualisierte nebenbei meine E-Mails. "Aber trotzdem hätte ich das von Milo nicht erwartet", erwiderte ich dann und klickte auf E-Mail verfassen.

Empfänger: merlinthewizard@polar.com

Betreff: Schnitzel

Hey, hast du Lust, vorbei zu kommen? Ich bin mit Kayden alleine und es ist ehrlich gesagt langweilig.

Seufzend sendete ich die Nachricht.

"Hörst du mir überhaupt zu? Du hast gerade auf deinem Computer herum getippt. Was lenkt dich ab?"

Ich biss mir auf meine Unterlippe. "Ich bin doch neu auf dieser Privatschule. Und da ist so ein Junge. Er ist total grausam zu mir, und wir müssen gemeinsam an diesem Geschichtsprojekt arbeiten und-"

Ping! Eine neue Nachricht!

Sofort hörte ich auf zu reden und öffnete die Nachricht.

Empfänger: spencerjames@polar.com

Betreff: RE: Schnitzel

Wieso zur Hölle nimmst du solch einen unpassenden Betreff?!

Aber ja, ich komme. Liam ist mit so einem Mädchen beschäftigt.

Bis gleich.

Ich lächelte. "Er kommt vorbei." "Okay, schön für dich. Aber erzähle deine Geschichte weiter." "Ähm, auf jeden Fall können wir uns nicht leiden, oder konnten wir zumindest nicht. Dann waren wir in einer Bar und haben uns stundenlang unterhalten. Seitdem möchte ich ihn immer um mich herum haben."

"Klingt für mich, als willst du etwas von ihm." "Ich will keine Beziehung, Tommy." "Nach all dem, was du mir vorgestern erzählt hast, hast du einfach nur Angst. Rede doch noch mal mit deinem Therapeut darüber."

"Nein. Außerdem steht er auf kein Geschlecht, wenn ich das richtig in Erinnerung habe." "Das muss doch nichts heißen. Ihr seid Teenager, ihr ändert eure Meinung ständig. Ich erinnere dich gerne daran, dass du mir mit 13 erzählt hast, dass du schwul seist und mit 14 eine Freundin hattest. Und dann hattest du wieder einen Freund."

"Hatte ich nicht mit 15 eine Freundin?", fragte ich verwirrt. "Das ist doch unwichtig. Damit will ich nur sagen, dass du ihm das mit dem ich-stehe-auf-kein-Geschlecht-Ding nicht abkaufen musst."

Okay, 1:0 für Tommy.

"Spencer? Mir ist langweilig!" Kayden kam in mein Zimmer. "Äh, Tommy, ich muss Schluss machen." "Okay, kein Ding. Ich muss sowieso erst mal einen neuen Eisbeutel für mein Auge holen. Bis später, Süßer." "Bis dann."

Ich legte auf und sah Kayden an. "Hast du deine Hausaufgaben fertig?" "Nicht direkt." "Was soll das heißen?" "Mir fehlt Mathe, aber Englisch ist fertig. Das musst du mir nur noch ausdrucken."

Dann klingelte es. "Okay, wir begrüßen Finn und dann machen wir deine Hausaufgaben fertig." "Echt jetzt? Der Trottel?" Kayden seufzte, lief mir aber hinterher.

Als ich die Haustür öffnete, sah ich ihn mir an. "Schon wieder in Uniform?", fragte ich verwirrt. "Hallo, Spencer. Hallo, Kayden." Finn trat ein. "Ich muss meinem Bruder noch helfen, dann müsste mein Dad kommen." "Alles klar."

"Trottel? Kannst du Mathe? Spenc ist ziemlich schlecht im erklären." Und zum ersten Mal sah ich Finn Morgan grinsen. "Nun, ich bin im erklären ziemlich gut." "Gut. Komm mit. Und stelle deine Schuhe auf den richtigen Platz!"

Finn Morgan stellte seine Schuhe auf den freien Platz und lief dann mit Kayden nach oben. Ich machte kurz einen Abstecher in Dads Büro und schaltete den Brailledrucker an, damit ich Kaydens Hausaufgabe ausdrucken konnte.

"Stell dir vor, du hast zehn Äpfel", hörte ich Finn Morgan sagen, weshalb ich vor der Tür stehen blieb. "Aber das steht nicht in der Aufgabe!", meckerte Kayden sofort, weshalb ich grinsen musste.

"Deswegen sollst du es dir ja vorstellen... Also, du hast zehn Äpfel und dein Freund hat 23 Äpfel-" "Ich habe keinen Freund. Ich habe eine beste Freundin. Sie heißt Mackenzie."

Finn seufzte. "Okay, deine beste Freundin Mackenzie hat 23 Äpfel und-" "Sie hasst Äpfel!"

Lachend betrat ich den Raum. "Kayden, lass ihn ausreden!", erwiderte ich und setzte mich an seinen Schreibtisch. Dort schaute ich über Kaydens Englischhausaufgabe. Es waren Rechtschreibfehler enthalten, trotzdem druckte ich es aus, da er es anders ja nicht lesen konnte.

"Was mag Mackenzie denn?", fragte Finn Morgan meinen Bruder. "Erdbeeren. Sie liebt Erdbeeren. Und Kekse."

"Okay. Du hast zehn Kekse und Mackenzie 23. Wie viele habt ihr, wenn ihr beide eure Kekse auf den Tisch legt?" Kayden überlegte. "Ungefähr fünf. Weil Spencer immer alle futtert!" Ich lachte erneut. "So viele Kekse kann ich gar nicht essen!", rechtfertigte ich mich. "Sagst du."

Dann klingelte mein iPhone, weshalb ich es aus meiner Hosentasche holte. Es war Dad. "Was gibt's?" "Ist Kayden neben dir?" "Ja. Wieso? Wir machen gerade seine Hausaufgaben", antwortete ich. "Such dir eine Ausrede und verlasse den Raum."

Verwirrt sah ich zu Kayden. "Äh, Kayden, ich hole dein Englisch, dann kannst du noch mal drüber lesen." "Okay." Ich verließ sein Zimmer und lief der Treppe hinunter. "Was ist los?"

"Ich kann heute nicht nach Hause kommen. Es gab einen Unfall, die Polizei vermutet einen Anschlag." "Okay, ist nicht so schlimm. Mum kommt ja morgen früh." "Das ist das Problem. Eure Muter war bei dem Unfall dabei."

"Was?!", fragte ich geschockt. "Ist alles okay mit ihr?!" "Ja, keine Sorge. Sie hat nur ein paar Kratzer abbekommen. Aber ich möchte sie über Nacht hier behalten. Meine Kollegen meinen, sie hat nur eine leichte Gehirnerschütterung. Nur unser Auto ist Schrott."

"Okay", meinte ich erleichtert und setzte mich auf Dads Bürostuhl. "Aber wie soll ich das mit Kayden machen?" "Das habe ich schon geklärt. Du erklärst Kayden, dass wir beide arbeiten müssen und er deswegen bei Mackenzie übernachten muss, weil du sonst zu spät zur Schule kommst."

Leicht nickte ich, bemerkte, dass Dad es ja gar nicht sehen konnte. "Okay." "Gut. Ruf an, wenn du Kayden abgesetzt hast. Aber du musst bei mir im Büro anrufen." "Mache ich, bis dann."

Ich legte auf. Hoffentlich ging es Mum wirklich gut und er log nicht.

The Tape ∣ boyxboy ✔️Where stories live. Discover now