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Abrupt riss ich meine Augen auf und starrte in zwei leuchtende Türkise Augen. Prinz Finnian stand neben mir und lächelte leicht besorgt. „Wo bin ich?" fragte ich und sah mich in dem kleinen Zimmer um. Es schien ein Gasthauszimmer zu sein. In der Ecke saß Kellan mit verschränkten Armen und ernster Miene auf einem klapprigen Holzstuhl und starrte mich missbilligend an. „Im Gasthaus am Marktplatz in Meran. Könnt ihr mir sagen, was passiert ist?" Ich schluckte schwer. So einfach war das nicht zu erklären. „Ehrlich gesagt kann ich es euch gar nicht genau sagen, eure Hoheit. In einem Moment wache ich von lautem Rascheln neben meinem Fenster auf und im nächsten werde ich hinaus gezogen und von einem Wesen verschleppt, das mit mir durch die Luft geflogen ist. Es brachte mich in den Osten des Grätenwaldes, ein Ort wo ich niemals wieder hin möchte, und ich biss es in die Hand damit es mich loslässt. Und dann bin ich einfach nur gerannt." „Ein Wesen? Das ich nicht lache." Kellan schnauft verächtlich und kommt dann auf Prinz Finnian und mich zu. „Prinz ich habe euch gesagt, dass es keine gute Idee ist sie mit hierher zu bringen. Ihr wisst, wenn rauskommt, dass ihr ein Mädchen in eurem Zimmer hattet, ist die Verlobung aufgehoben und das wird eurem Vater nicht gefallen." Ich setzte mich auf und verdrehte genervt die Augen. „Danke für deinen Input Kellan, aber ich habe das unter Kontrolle, keine Sorge. Miss Norwood-" „Einfach nur Gwenneth bitte." Unterbrach ich ihn so höflich wie möglich und er nickte. „Nun gut, Gwenneth. Dieses Wesen, wie hat es ausgesehen? Hat es etwas gesagt? Bist du verletzt?" Ich schüttele langsam den Kopf. „Danke, aber nein ich bin bis auf ein paar Kratzer an meinen Füßen nicht verletzt. Es war zu dunkel, um wirklich etwas sehen zu können, es war einfach nur eine schwarze Gestalt ohne Gesicht und gesprochen hat es auch nicht. Aber ich spürte auch kein Leben in ihm. Es war wie eine Hülle."

Der Prinz blinzelte mich verwundert an. „Du... spürtest kein Leben in ihm?" Ich nickte nur. „Du spürst das Leben?" „Von allem und jedem, ja. Die Bäume des Waldes, die Büsche und Gräser, die Vögel, Nagetiere, Insekten, einfach alles. Und manchmal sprechen sie zu mir. Nicht direkt in Worten, aber ich verstehe, was sie sagen." Während Kellan einen Schritt zurück wich und mich verständnislos ansah, wirkte der Prinz nachdenklich und setzte sich zu mir an das Fußende des Bettes. „Davon habe ich noch nie gehört. Wie ist das so, die Lebewesen spüren zu können?" „Es ist beängstigend und aufregend zugleich. Es gibt mir ein Gefühl der Sicherheit und ich fühle mich in der Natur zuhause. Als sei ich ein Teil von ihr. Aber ich habe keine Ahnung, wieso und woher ich diese Fähigkeit habe. Sie ist schon mein Leben lang da." Der Prinz nickte nachdenklich und sah dann zu Kellan „Wir sollten sie nachhause bringen und danach sollten wir ins Schloss zurückkehren, ich bin mir sicher, dass meine Mutter sich schon Sorgen macht." Kellan nickte und begann die Sachen im Zimmer zusammenzuraufen, während Prinz Finnian mir aus dem Bett half. Meine Fußsohlen brannten noch leicht, doch es war nicht so schlimm.

Ich bedankte mich beim Prinzen, dass er mir geholfen hatte und verabschiedete mich von ihm, als er mich noch zur Haustür begleitete. Er lächelte mich zum Abschied freundlich an und machte sich dann mit Kellan auf den Weg zum Schloss.

Nachdem ich mich lange in die heiße Wanne gelegt und meine angespannten Muskeln durch das Brennen des heißen Wassers weniger schlimm schmerzten, trocknete ich mich ab, kämmte mein Haar und zog mir eine lockere Stoffhose und ein Hemd an. Die bereits untergehende Sonne sagte mir, dass ich den Arbeitstag heute verpasst hatte, doch das machte nichts. Ich beschloss mit den Äpfeln von Calima zwei Apfelkuchen zu backen – einen für mich und einen für Calima. Sie würde mich morgen mit Sicherheit ausfragen, was passiert war und ich wollte sie mit dem Kuchen etwas besänftigen.

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