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Heute würde die Hochzeit stattfinden und ich war sehr aufgeregt. Rhaka wuselte schon den ganzen Morgen in ihrem Zimmer herum und gab Mari, Cali und mir Aufgaben, was wir zu tun hatten. Ich sollte ihre Haare machen, Cali sollte ihr Gesicht schminken und Mari war eigentlich für alles andere zuständig. Sie sollte das Kleid holen und ihr hinein helfen, das Bouquet vorbereiten und dafür sorgen, dass alle pünktlich waren.

Am Nachmittag begann die Hochzeit. Alle Gäste hatten sich im Schlossgarten eingefunden, in dem die Trauung stattfinden sollte und hatten sich auf die bereitgestellten Stühle gesetzt. Der Garten war wunderschön. Ich war gebeten worden alle Blumen in einem cremeweiß zu färben und am Traualtar einen großen Bogen aus weißen Rosen zu formen. Ich hatte außerdem einen großen Baum gezaubert, dessen große Blätter das Altar überdachte. An den Ästen wurden Kerzen in kleinen Gläsern angebracht, damit ein warmes Licht leuchtete, sobald die Sonne unterging.

Rhaka hatte mich gebeten ihre Trauzeugin zu sein und so stand ich wie Finnian und sein Trauzeuge Kellan auf dem Altar und wartete auf die Braut. Meine Aufregung nahm sekündlich zu und ich spürte, wie mir mein enges Kleid die Kehle zuschnürte.

Es war nicht nur die Aufregung, die meinen Körper verrückt spielen ließ. Ich hatte Kellan die letzten Tage kaum gesehen und als wir uns sahen, hatte er weder mit mir gesprochen noch mich angesehen und es machte mich verrückt. Er machte mich verrückt. Und nun stand er hier, auf dem Altar, neben Finnian und trug schwarze Hosen, die viel edler waren als die Stoffhosen, die er sonst immer trug, und darüber ein weißes Hemd, dessen Ärmel er ein wenig hochgezogen hatte. Seine starken Unterarme zeigten seine Venen, die hervortraten und seine großen Hände waren ineinander verhakt. Er sah mich nicht an, blickte nur ins Publikum und atmete ruhig.

Ich war kurz davor ihn wütend anzufallen, doch da begann das Orchester zu spielen und die Gäste erhoben sich.

Rhaka war wunderschön. Sie hatte ein cremeweißes Kleid mit Spitze an, dass ihrem Körper schmeichelte. Es war ein Figurbetontes aber kein enges Kleid. Von der Hüfte herab war es locker und floss, wie ein Wasserfall um ihre Beine herum, während sie den Weg zum Altar entlang ging. Sie grinste breit und ich konnte die Tränen in ihren Augen erkennen. Ich wusste, wie glücklich sie war, endlich frei zu sein von ihrem Vater und den Mann zu heiraten, den sie liebte. Und zusätzlich war sie bald auch noch Königin! Sie hatte alles, was man sich nur wünschen konnte. Und ich hatte nichts. Bei dem Gedanken daran kam ich mir plötzlich furchtbar vor. Wie konnte ich immer nur an mich denken? Meine Freunde heirateten heute und ich dachte nur daran, wie schlecht es mir ging? Was für eine schlechte Freundin ich doch war.

Rhaka stellte sich neben mich und reichte mir ihr Bouquet, dass ich ihr lächelnd abnahm. Daraufhin drehte sie sich Finnian zu und sah zum Pastor, der beide anlächelte. Er begann mit der Geschichte der beiden und welche Wege und Hindernisse sie hinter sich bringen mussten, um ganz und endlich beieinander zu sein. Bei der Hälfte schaltete ich ab und sah zu Kellan. Er hatte mich fest im Blick und mir lief eine warme Gänsehaut den Rücken herunter. Obwohl ich zwei Meter von ihm entfernt stand, konnte ich tief in seine Augen sehen und er in meine. Ich dachte an nichts, bekam auch nichts mehr mit. Ich sah nur ihn. Und er sah mich.

Plötzlich klatschten die Gäste und ich blinzelte. Ich blickte zu Rhaka und Finnian, die sich küssten. Die Trauung war vorbei. Ich hatte sie verpasst. Wie lange hatten Kellan und ich uns angesehen?

Rhaka und Finnian gingen vom Altar herunter den Weg entlang zum botanischen Garten, in dem die Feierlichkeiten weitergeführt werden sollten. Das Orchester spielte Musik und es wurde getanzt und gegessen, gelacht und gefeiert. Alle hatten Spaß, nur ich wusste, dass dies mein letzter Abend auf Erden war.

Rhaka kam grinsend auf mich zu und umarmte mich. „Herzlichen Glückwunsch.", sagte ich ehrlich und lächelte sie an. „Danke, für alles Gwen. Ohne dich wüsste ich nicht, wo ich heute wäre." Ich schüttelte den Kopf. „Aber nicht doch. Das war Schicksal. Ihr beide musstet zusammen kommen." Sie nickte nur und umarmte mich erneut. „Wir reden später nochmal, ja? Ich muss erstmal alle Leute begrüßen – die neuen Pflichten einer angehenden Königin, wie mir gesagt wurde." Wir lachten und dann verschwand Rhaka im Getümmel.

Ich blickte umher und entdeckte Mari und Cali auf der Tanzfläche, Arm in Arm tanzend. Sie sahen wunderschön aus in ihren Brautjungfern-Kleidern. Wir drei hatten alle dieselbe Farbe an – ein Smaragdgrün, das Rhaka passend zu Finnians Augen ausgesucht hatte. Und es stand uns allen gleich gut. Rhaka hatte wirklich ein Auge für schöne Dinge.

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Natures HeritageWhere stories live. Discover now