-48-

30 5 1
                                    

꧁꧂

Einige Tage – keine Ahnung wie viele – waren nun vergangen, in denen ich im Kerker mit mehreren Messern, Dolchen, Drähten, Hämmern und vielen weiteren Werkzeugen von Yanec gefoltert wurde. Ich konnte ihm nicht geben was er verlangte, doch er wollte das nicht akzeptieren. Ich hatte schon jede Hoffnung auf Rettung aufgegeben und die Schmerzen von der Folter spürte ich auch schon nicht mehr. Ich hatte komplett abgeschaltet, bekam nicht mal mehr mit wann Yanec den Raum betrat oder verließ. Mir fiel irgendwann nur auf, dass ich mehr Wunden als vorher hatte. Nach jeder Folter sorgte Yanec dafür, dass meine Wunden weitestgehend heilten, damit ich für die nächste Runde fit genug war. So hielt er mich am Leben.

Der einzige Gedanke, der mich durchhalten ließ, war der an Kellan. Ich war nicht sicher, ob ich ihn wieder sehen würde und ich hoffte inständig, dass er nicht nach mir suchen würde. Woher sollte er auch wissen, dass ich im Schloss von Yeseda war – er könnte es höchstens erahnen. Doch er sollte nicht herkommen. Yanec war mächtig, nicht so machtvoll wie seine Mutter, doch mächtig genug, um Kellan zu töten und das ohne viel Mühe. Allein durch seine Manipulationskräfte hatte er die Überhand in einem Kampf, in dem Kellan einfach nicht gewinnen konnte.

Ich hatte einen klaren Moment, als Yanec die Tür öffnete und mich finster anlächelte. „Hallo Gwen, freut mich, dass du endlich wach bist. Es ist viel zu lange her, dass wir miteinander ordentlich geredet haben." Ich sah Yanec nur müde an und seufzte, ich war es leid. „Nur nicht so unhöflich, liebe Cousine. Das ist nicht nett. Wir hatten doch so viel Spaß die letzten sechs Wochen." Sechs... Wochen...?! Ich sah ihn ungläubig an. Er hatte mich bereits sechs Wochen hier? Nein, Moment. In der echten Welt, außerhalb des Schlosses, waren es nur sechs Stunden. Doch es fühlte sich nicht so an. Yanecs Zeitmanipulation hatte bereits alles von mir verlangt. Ich war fertig mit ihm, mit mir, mit allem. Mein ganzer Körper war in konstantem Schmerz und falls ich je hier herauskommen sollte, würde mein ganzer Körper bedeckt sein von Narben. Große und kleine, dicke und dünne, an den verschiedensten Stellen. Einige sogar übereinander. Und ich hasste die Vorstellung.

Als Kind hatte ich einmal mit den Messern meiner Patenmutter gespielt. Ich war sehr klein, vielleicht 5 Jahre alt, und ich wusste nicht, wie gefährlich das war. Ich fuchtelte wild mit den Messern in der Küche herum, während meine Patenmutter draußen im Garten war. Im nächsten Moment schnitt ich mir mit einem Messer ins Gesicht. Seitdem trug ich eine daumenlange Narbe direkt am Kinn unter dem linken Mundwinkel. Es war eine große hässliche Narbe, die mich immer an meine kindliche Dummheit erinnern würde. Die Wunde wurde damals schlecht zugenäht und war daher ungerade und leicht wulstig verheilt. Sie war nicht schön, doch sie war nun ein Teil von mir. Genau wie all die Wunden, die Yanec mir zugefügt hatte, es jetzt werden würden.

Yanec ging zum Tisch, auf dem er die blutigen Werkzeuge liegen gelassen hatte und strich sanft über die Messer und Dolche. „Nun, Gwenny, was hättest du denn heute gerne? Lieber einen Silberdolch? Oder doch das Bronze-Messer mit dem Obsidian-Griff? Ich finde es sollte etwas Edles sein. Immerhin habe ich vor es heute zu beenden." Mit diesen Worten wurde mir plötzlich ganz kalt. Er wollte mich töten. Egal ob seine Mutter ihre Kräfte zurückbekam oder nicht. Ich wollte nicht sterben, ich durfte nicht sterben. Ich musste doch meinen Platz als Mutter Tag einnehmen. Der Tag kann nicht ohne Nacht existieren, das hatte meine echte Mutter zu mir gesagt. Doch wusste Yanec das auch? Was würde passieren, wenn ich starb?

Panik stieg in mir auf, als ich zusah, wie Yanec das Bronze-Messer in seiner Hand wog und zufrieden nickte. Dann kam er mit langsamen Schritten auf mich zu. „Warte!" keuchte ich, als er das Messer bedrohlich hob. Er stockte in seiner Bewegung und sah mich mit hochgezogener Augenbraue schelmisch grinsend an. „Du hast also endlich herausgefunden, wie du meiner Mutter ihre Kräfte zurückgeben kannst?" „Ja.", log ich atemlos. „Sehr gut. Wieso hast du das nicht schon früher gesagt? Das hätte uns einiges an Zeit erspart." Sagte er freudig und legte das Messer weg.

„Ich sage dir jetzt wie das Laufen wird. Ich werde dich von dem Stuhl befreien, dich fesseln und zu Mutters Zimmer bringen. Dann entfessele ich dich und du befreist die Kräfte meiner Mutter. Solltest du auch nur versuchen zu fliehen oder deine Kräfte gegen einen von uns zu verwenden, werde ich meine anderen Kräfte an dir ausprobieren. Hast du verstanden?" Ich nickte nur, wollte versuchen so gefügig wie möglich zu erscheinen. Allerdings versuchte ich mir einen Plan zu überlegen, wie ich Yanec stoppen und fliehen konnte. Vielleicht sollte ich probieren meine Kraft Seelen einzuschließen auch an Yanec testen. Ich hatte nicht gelogen, ich wusste nicht, wie ich die Kräfte in Yesedas Körper eingeschlossen hatte. Doch vielleicht würde ich es an Yanec noch einmal probieren.

꧁꧂

Natures HeritageDove le storie prendono vita. Scoprilo ora