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Elysia. Ich hatte lediglich davon gehört. Gehört wie schön und außergewöhnlich es war. Und doch kam die Beschreibung nicht ansatzweise an die Wahrheit heran. Das Schloss über den Wolken war so groß wie ganz Civita mit samt dem angrenzenden See und so hoch, dass ich das Ende nur erahnen konnte, als es zwischen den anderen Wolken verschwand. Das Schloss war ganz in Weiß und glänzte im Sonnenlicht wie Perlmutt am Sandstrand. Mehrere Schlosstürme reichten hoch in den Himmel und die Dächer, die man sehen konnte, schienen in einem leichten hellblau zu schimmern. Das Eingangstor war mehr als nur dreimal so groß wie ich, mindestens 8 Meter lang und bestand aus einem massiven Holz, das weiß lackiert worden war.

Meine Mutter und ich traten durch das Tor in den Eingangsbereich des Schlosses und mir fiel auf, wie eintönig alles war. Es war edel, keine Frage, doch es hatte keine Persönlichkeit. Alles war weiß mit silbernen und goldenen Ornamenten oder Edelsteinen verziert, doch es hingen keine Gemälde an den Wänden oder an den Decken. Nicht so wie in der Bibliothek in Agrev.

Meine Mutter führte mich durch mehrere sehr leere Flure, bis hin zu einer Tür aus dem gleichen Holz wie das Schlosstor, sowie der gleichen Lackierung, - wobei alle Türen im Schloss scheinbar aus diesem Holz gemacht waren. Wir traten durch die Tür und zu meiner Überraschung sah mir ein wunderschönes großes Zimmer entgegen. „Dies ist dein Zimmer. Ich habe es für dich vorbereitet, als du auf der Erde noch mit deinen Freunden zusammen warst."

Das Zimmer war größer als das Zimmer von Rhaka, sah aber vom Aufbau sehr ähnlich aus. Die Wand gegenüber der Tür war voll mit bodenlangen Bogenfenstern, die jeweils links und rechts dicke Vorhänge aus dunkelgrünem Samt hatten. Die Wände waren im selben dunklen grün gestrichen und sowohl über dem Bett als auch an den anderen Wänden hingen Gemälde von Irdischen Landschaften, Gebirgen, Gewässern und Dörfern eingefasst in goldene Rahmen. Das Bett stand rechts an der Wand nahe der Fenster und bestand aus einem dunkelbraunen Holz, ich vermutete Walnuss. Aus demselben Holz bestand eigentlich alles in diesem Zimmer. Die beiden Nachttische neben dem Bett, der Kleiderschrank auf der linken Seite des Zimmers, der Tisch mit Stuhl neben dem Schrank und die Kommode rechts neben der Tür. Neben dem Tisch auf der linken Seite des Zimmers war eine weitere Tür, die offen stand und durch die ich ein helles weißes Bad erkennen konnte. Der Boden war ebenfalls ein dunkelbraunes Holz, passend zu den Möbeln und ein großer cremefarbener Teppich belegte den Großteil der rechten Seite des Zimmers.

Auf der anderen Seite neben dem Kleiderschrank stand ein Spiegel ebenfalls in einem goldenen Rahmen eingefasst und makellos blank poliert, so dass ich vermutete daran erblinden zu können, wenn ich die Spiegelung von Licht darin sah. Außerdem entdeckte ich freudig eine schöne cremefarbene Chaiselongue vor dem Fenster und daneben ein kleines Holzregal mit alten schweren Büchern in bunten Ledereinbänden. Ich freute mich schon darauf sie zu lesen.

Fasziniert trat ich näher in die Mitte des Zimmers und sah mich lächelnd um. Ich hatte schon gedacht, dass die Zimmer hier aussahen, wie die Flure. Das hätte mich verrückt gemacht. „Die Zimmer im Schloss sind sehr personalisiert, nicht so wie der Rest. Die Flure und allgemeinen Aufenthaltsräume sind unpersönlich, damit die Götter, die hier hausen, nicht von ihren Aufgaben abgelenkt werden." Ich nickte nur, verstand aber nicht, wie sie das meinte. Würden ihre Zimmer sie nicht ablenken? Aber ich zuckte nur mit den Schultern und nahm an, dass es einen Grund dafür geben musste, also dachte ich nicht weiter darüber nach.

Wieder kam die Erschöpfung über mich, also setzte ich mich auf die Chaiselongue und sah zu meiner Mutter. „Ich würde gerne den Verband wechseln, könntest du mir bitte etwas Verband und Salbe bringen?" Meine Mutter lächelte und schüttelte den Kopf. „Aber nein, Kind. Ich werde dir etwas anderes holen. Einen Moment." Damit verschwand sie aus dem Zimmer und ich war allein. Kaum 5 Minuten später trat sie wieder ins Zimmer und hatte einen Mann mittleren Alters dabei. Beide traten näher an mich heran und ich sah zwischen ihnen beiden hin und her.

„Alvena, das ist Isodran. Gott der Heilung. Er wird dich heilen, damit wir gleich an die Arbeit gehen können mit deiner Aufgabe als Mutter Tag." Erst war ich überrascht, ich hatte vergessen, dass ich im Reich der Götter einen anderen Namen hatte, doch dann sah ich zu Isodran, der mich freundlich anlächelte. „Es freut mich, dich kennenzulernen Alvena, zukünftige Mutter Tag." „Ebenfalls Isodran."

Isodran deutete auf meinen Bauch. „Darf ich?" Ich nickte und hob mein Nachthemd an, das ich immer noch trug. Isodran bückte sich vor mich und schloss seine Augen, während er seine beiden Hände übereinander auf meine Wunde legte. Einige Sekunden tat sich nichts und ich fragte mich, ob überhaupt etwas passieren sollte, doch im nächsten Moment leuchteten seine Hände bläulich auf, genau wie meine bei Rhakas Heilung. Die Erleichterung der Schmerzen war in meinem ganzen Körper zu spüren und ich fühlte mich plötzlich, als hätte jemand meinen Körper mit Energie geladen. Isodran nahm seine Hände wieder weg und lächelte mich an. „Bitte nicht wundern, in ein paar Stunden lässt dieses energetische Gefühl stark nach und du wirst dich ein wenig abgeflacht fühlen. Das ist normal. Morgen ist alles wieder so wie es sein sollte." Ich nickte dankend, Isodran verabschiedete sich und meine Mutter ging zum Kleiderschrank. Sie nahm ein blassgrünes Kleid mit langen Puffärmeln heraus und legte es behutsam aufs Bett. „Ich schlage vor du wäschst dich erst einmal. Ich komme nachher wieder, dann kann ich dir die Haare machen und führe dich herum. Ist das ok?" „Sehr gerne.", sagte ich aufgeregt und sprang förmlich von der Chaiselongue auf. Meine Mutter verließ lächelnd das Zimmer und ich betrat gespannt das Badezimmer.

Es war ein großes Bad mit einer tiefen freistehenden Badewanne, einem Waschbecken mit einem großen runden Spiegel darüber und einem Schrank in der Ecke voll mit Seifen, Handtüchern und verschiedenen Flakons und Döschen mit allerlei Cremes und Flüssigkeiten darin, die wunderbar rochen. Ich schnappte mir einen Flakon mit der Aufschrift „Zitrusfrucht Badezusatz", ein großes sowie ein kleines Handtuch und Seife und ließ heißes Wasser in die Badewanne ein. Ich fügte den Badezusatz hinzu und zog dann mein Nachthemd aus. Mein Blick fiel auf den Spiegel am Waschbecken, der mir den Blick auf meinen Bauch freigab.

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