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Fertig gegessen zog ich mich um, kämmte meine Haare und band sie zu einem einfachen Zopf zusammen, bevor ich mich auf den Weg zum Planetarium machte. Meine Mutter wartete bereits auf mich und lächelte mich an, bevor wir gemeinsam hineingingen. Das Planetarium hatte mir gestern schon besonders gefallen. Es war riesengroß und hatte eine hohe Kuppel, unter der die Planeten und Sterne schwebten. Sie kreisten magisch durch die Luft und ich fragte mich, wie das funktionierte. Doch meine Mutter erklärte mir nur, dass, solange die Planeten und Sterne lebten, diese auch hier lebten. Sie waren wie eine Kopie der echten Variante. Ich hatte zuerst vor allem deshalb gestaunt, weil ich nicht wusste, wie viele Sterne und Planeten es tatsächlich gab. Es schwebten dutzende Planeten über uns und Abermillionen Sterne. Es war beeindruckend.

Meine Mutter führte mich die Mitte des großen Raumes und deutete hinauf. „Mutter Tag zu sein heißt nicht nur, dass du das Leben auf der Erde beschützt. Es gibt viele Planeten im Universum, die Lebewesen und Pflanzen beherbergen, und sie alle haben Wesen, die dem Menschen auf der Erde ähnlich sind. Sie alle brauchen dich." Irritiert starrte ich sie an. „Aber wenn es so viele Planeten gibt, die Mutter Tag und all die anderen Götter beschützen, wieso ist das Schloss Elysia im Himmel des Planeten Erde?" „Das ist eine gute Frage und die Antwort ist, dass der Planet Erde in seiner Entwicklung viel länger brauchte als alle anderen Planeten und somit mehr Aufmerksamkeit braucht. Alle anderen Planeten haben schon so viele Millionen Jahre hinter sich gebracht und sich viel entwickelt, doch die Lebewesen der Erde brauchen einfach länger. Sie entwickeln sich nur langsam und beschwerlich. Indem wir in der Nähe der Erde bleiben, können wir sie besser beschützen." Ich nickte. Die Menschen der Erde waren also weniger gebildet wie die Wesen auf den anderen Planeten. Sehr interessant.

Meine Mutter führte mich durch den ganzen Raum und zeigte mir alles, womit ich arbeiten sollte, und sagte mir was ich zu tun hatte. Es war viel. Ich wusste nicht, ob ich alles verstanden hatte und mir alles jemals merken könnte, doch ich war zuversichtlich. Ich musste es schaffen. Am Ende des Tages war ich wieder furchtbar erschöpft. Ich fragte mich, ob das immer so sein würde, oder ob ich mich an diese vollen Tage und viele Informationen gewöhnen würde. Ich fragte mich auch ob, ich das wirklich alles wollte.

Es war bereits dunkel draußen, als ich zurück in mein Zimmer kam. Die Tabletts mit dem Essen waren von meinem Tisch verschwunden. Ich zog mich um und legte mich ins Bett. Ich hatte keinen Hunger und war auch nicht in der Stimmung mich mit meiner Mutter zu unterhalten, als sie an die Türklopfte und mit dem Abendessen hereinkam. Sie stellte es auf dem Tisch ab und setzte sich zu mir ins Bett. „Möchtest du allein sein?", fragte sie nach einer Weile des Schweigens und ich nickte nur. Wieder liefen mir die Tränen und ich konnte sie nicht zurückhalten. Ich war traurig und konnte es nicht leugnen. Meine Mutter strich mir sanft über meine Wange und nickte. „In Ordnung. Gute Nacht, Alvena." Sie gab mir einen leichten Kuss auf die Stirn und verließ dann leise den Raum.

Ich weinte noch eine ganze Weile. Egal wie besonders dieser Ort war und wie beeindruckend alles hier schien, ich wollte nicht hier sein. Das wurde mir in dem Moment erst klar und es machte mich noch trauriger. Ich war kaum zwei Tage hier und wollte schon wieder zurück. Es tat mir weh zu wissen, dass ich meine Freunde – meine Familie – niemals wiedersehen würde. Schweren Herzens und mit einem nassgeweinten Kissen schlief ich irgendwann ein.

Ein sanftes Rütteln weckte mich am nächsten Morgen und ich sah verschlafen ins Gesicht meiner Mutter. Sie lächelte leicht und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Guten Morgen, Liebes. Ich denke du solltest schnell mal mitkommen. Zieh dir einfach eine Jacke über.", sagte sie und ich richtete mich müde auf. Ich nahm die Jacke, die sie mir hinhielt, zog sie über und folgte ihr in Hausschuhen durch die Flure bis zu einem Raum, den ich noch nicht kannte. Es war ein scheinbar ein Schlafzimmer. Meine Mutter klopfte und nach einem leisen „Herein." traten wir ein. Der Raum war genau so groß wie mein Zimmer und in einem angenehmen hellen Blau gestrichen. Die Möbel waren weiß lackiert und die Vorhänge schimmerten in einem schönen Samt-Blau. Eine ältere Frau mit weißblondem Haar und eisblauen Augen saß auf der Chaiselongue, die vor ihrem Bett stand, und sah uns lächelnd an.

„Willkommen Galaya, Alvena." Sie nickte uns nacheinander zu und wir traten näher an sie heran. „Guten Morgen, Cassya. Bist du bereit?" sie nickte nur und nahm dann abrupt meine Hand in ihre. Ich erschrak und bevor ich wusste, was genau passierte, griff sie auch nach der Hand meiner Mutter und schloss ihre Augen. Unsere Hände begannen zu leuchten und ich spürte eine Art Freiheit, wie ich sie noch nie gespürt hatte. Es war als würde ich nach einem Schnupfen endlich wieder frei atmen können. Überrascht sah ich zu meiner Mutter, die zufrieden lächelte und mir zuzwinkerte.

Als Cassya mit dem was sie tat fertig war, sahen mich beide an und Cassya stand auf. „Es ist getan.", sagte sie nur und strich mir dann sanft über die Wange. „Ich hoffe wir sehen uns eines Tages wieder." Mit den Worten verschwand sie aus ihrem Zimmer und ich blickte meine Mutter irritiert an. „Was...?", setzte ich an, doch ich kam nicht weiter. „Ich bat Oberin Cassya den Großteil deiner Kräfte auf mich zurück zu übertragen, damit du zurück auf die Erde kannst. Es war nicht fair, dich zu zwingen meinen Platz als Mutter Tag anzunehmen und von deiner Familie zu trennen. Ein kleiner Teil meiner Kraft lebt weiter in dir, er sorgt dafür, dass du weiter am Leben bleibst, aber alles darüber hinaus ist wieder in mir. Du wirst ein normales Leben auf der Erde führen." Ich musste ein paar Mal blinzeln, bevor ich verstand, was sie mir da gerade sagte. „Ich kann zurück nachhause?" Sie nickte und lächelte mich breit an. „Ich bringe dich gleich zurück. Vorerst musst du allerdings noch zwei Dinge wissen. Da du kein richtiger Mensch bist wird es dir nicht möglich sein Kinder mit einem Menschen zu bekommen. Das ist leider der Nachteil daran, dass du göttlich bist." Langsam nickte ich, es war in Ordnung für mich, solange ich nur bei meiner Familie sein konnte. „Und zum anderen musst du wissen, dass hier zwar nur drei Tage aber auf der Erde drei Monate vergangen sind." Wieder nickte ich. Das war mir egal. Ich war nur aufgeregt und mehr als bereit Kellan und die anderen wiederzusehen. „In Ordnung. Willst du dich noch umziehen, bevor wir zurückkehren?" „Unbedingt." Eilig gingen wir zurück zu meinem Zimmer und ich öffnete die Schranktüren. Ich holte ein dunkelgrünes Kleid hervor, das aussah wie die vorherigen, nur mit kurzen luftigen Ärmeln. Aufgeregt zog ich es an, machte meine Haare ein wenig zurecht und wollte dann mit meiner Mutter zur Tür raus, als ich mich an die Münze erinnerte. Schnell holte ich sie und sah sie an. Bald bin ich bei dir, dachte ich für mich und folgte meiner Mutter.

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Natures HeritageWhere stories live. Discover now