-32-

36 5 3
                                    

꧁꧂

Als ich zu Yeseda sah, wirkte sie seltsam ruhig und ich trat einen unbeholfenen Schritt zurück. „Ich werde dich kriegen. Und dann werde ich dir die Kräfte nehmen, die du mir gestohlen hast.", ihre Stimme war eisig und bitter. Ich atmete tief durch. „Ich habe dir nichts gestohlen, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass du versuchst die Kräfte deiner Schwester zu stehlen. Aber nicht heute. Und auch sonst nie. Ich werde alles dafür tun." Yeseda schnaubte verächtlich und ich sah sie bedauernd an. „Wirklich schade, dass meine eigene Tante mich tot sehen will." „Tante?! Du bist nicht mal ein richtiger Mensch, geschweige denn eine Göttin wie ich." „Das mag sein,", begann ich unsicher, „, trotzdem habe ich dich heute besiegt." „Nicht so selbstsicher, Kleine. Das wird nicht noch einmal passieren." „Ist das eine Drohung?", fragte ich herausfordernd, doch ihr Blick verdunkelte sich und sie sah verachtend auf mich herab. „Ein Versprechen."

Atemlos trat ich aus dem dichten Wald und entdeckte, dass ich an dem Berg herauskam, auf dem sich Civita befand. Bestimmt waren die anderen bereits auf dem Weg nach Civita. In Gedanken an die anderen machte ich mich auf den Weg Richtung Kapitol, als ich ein Rufen vernahm. Überrascht drehte ich mich um und entdeckte eine Kutsche auf mich zukommen. Auf dem Kutschbock saß Kellan mit den Zügeln in der Hand und neben ihm eine erschöpfte Mari, die ihren Kopf sanft auf Kellans Schulter ruhte. Ein leichter Stich durchzuckte mich, doch ich ignorierte es und ging ihnen entgegen. Die Kutsche hielt neben mir und Finnian steckte seinen Kopf durch die Kutsche. „Schnell, steig ein. Rhaka ist schwer verletzt und wir müssen sie ins Schloss bringen." Mein Blick fiel kurz zu Kellan, der mich nur aus dem Augenwinkel beobachtete und stieg dann hastig in die Kutsche ein. Diese setzte sich wieder ruckartig in Bewegung und ich sah von Finnian zu Rhaka. Diese lag mit ihrem Kopf auf seinem Schoß und er strich ihr sanft über die Locken, während er mich besorgt ansah.

„Ich weiß nicht genau was sie hat, aber ich kann kaum noch ihren Puls fühlen.", sagte er mit schwacher Stimme und ich legte Finnian aufmunternd eine Hand aufs Knie. „Das wird schon wieder.", ich glaubte selbst kaum was ich da sagte, doch ich wollte ein wenig Stärke zeigen.

Rhakas Zustand war allein meine Schuld. Ich hätte sie niemals begleiten sollen, dann wäre sie nie mit in diese Sache hineingezogen worden. Traurig legte ich ihre Hand zwischen meine Hände und streichelte sanft ihren weichen Handrücken. Ich atmete tief durch, um die Tränen zu unterdrücken, die sich langsam anbahnten und schloss die Augen.

„Gwenneth!" rief Finnian erschrocken und ich riss abrupt die Augen auf. Ebenso abrupt blieb die Kutsche stehen und die Tür wurde aufgerissen, während ich völlig entgeistert auf meine blauleuchtenden Hände starrte. Mein Blick sprang zwischen meinen Händen, einem erschrockenen Finnian und einem sehr irritierten Kellan hin und her und riss dann meine Hände weg. „Was zum...?", setzte Finnian an, doch sprach nicht zu Ende was er sagen wollte. Verwirrt drehte ich meine immer noch leuchtenden Hände hin und her. Es war genauso wie im Wald, als meine Hände gelblich leuchteten, als ich die Gestalten zerstörte, und grünlich, als ich mit der Natur verbunden war. Und nun blau. Doch was bedeutete das?

Es musste etwas mit Rhaka zu tun haben. Ich machte Anstalten, meine Hände wieder auf Rhakas zu legen, doch Finnian und Kellan schritten gleichzeitig ein und hielten meinen Arm fest. Irritiert starrte ich sie an. „Was hast du vor?" „Ich will wissen, was passiert, wenn ich Rhaka berühre.", sagte ich langsam und beobachtete, wie Kellan und Finnian Blicke austauschten. Kellan schüttelte schließlich den Kopf und griff nach meiner leuchtenden Hand. „Teste es an mir. Was auch immer es ist." Überrascht nickte ich und schloss unwillkürlich die Augen, als ich meine Energie freiließ und sie durch meine Hände in seinen Körper übergab. Ein warmes Gefühl machte sich in mir breit und als ich die Augen öffnete und Kellan ansah, stutzte ich. Sein verletztes Gesicht war völlig geheilt.

Als auch Finnian Kellans Gesicht bemerkte, riss er meine Hand förmlich von Kellan und legte sie auf Rhakas Stirn. „Was auch immer du gerade getan hast, mach es nochmal. Du musst Rhaka helfen.", sein ernster Ton jagte mir etwas Angst ein, doch ich war derselben Meinung. Ich konnte anscheinend Wunden heilen, also musste ich es bei Rhaka versuchen.

Wieder schloss ich die Augen und strengte mich an alle meine Energie in Rhaka zu stecken. Ich spürte, wie ich immer schwächer und schwächer wurde, doch auch, dass Rhakas Herz stärker zu schlagen begann und ihre Atmung sich normalisierte. Es ging ihr besser, doch mir nicht. Kraftlos ließ ich von ihr ab und fiel nach hinten. Im nächsten Moment war ich ohnmächtig.

꧁꧂

Natures HeritageWhere stories live. Discover now