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Der botanische Garten war wirklich wunderschön. Letztes Mal hatte ich den Garten nur bei Nacht und schlechter Beleuchtung gesehen, doch dieses Mal kamen das Tageslicht und die Sonnenstrahlen durch die Glaskuppel hindurch und offenbarten mir die Pflanzen. Es war wirklich wie ein Märchen. Alles wirkte so friedlich und ruhig und ich schlenderte den Weg entlang durch den Garten. Neben dem Teich setzte ich mich auf den Boden und beobachtete die Fische, die mir zuvor nicht aufgefallen waren. Es waren große Goldfische und Regenbogenfische, die feuchtfröhlich umherschwammen und das kalte Wasser genossen. Vorsichtig steckte ich einen Finger ins Wasser und kicherte, als die Fische sich an meinen Finger anschmiegten wie eine Katze an das Bein seines Besitzers.

Verträumt legte ich mich in das Gras neben einem großen Rosenbusch ein Stück vom Wasserfall entfernt und starrte hinauf an die mit Blumen bedeckte Glaskuppel. Die bunten Blumen summten ihr Lied leise vor sich her und ich atmete den Duft der Rosen ein, der so kraftvoll und herrlich war.

Ich bemerkte erst nicht, dass ich eingeschlafen war, bis ich verwirrt aus meinem Schlaf erwachte, als ich ein lautes Summen wahrnahm. Es war viel lauter als das normale Summen der Blumen in meiner Umgebung. Ich stand langsam auf und folgte dem Klang. Es verschlug mich zur hintersten Ecke des Gartens, zu einem hohen Busch, doch der Klang kam nicht vom Busch selbst, sondern dahinter. Vorsichtig schob ich die großen Blätter des Busches zur Seite und es zeigte sich ein Durchgang, durch den ich mich zwang. Dahinter sah es aus wie eine andere Welt. Ranken aus Efeu umschlossen den ganzen Bereich rundherum, wodurch man weder hinein noch heraus sehen konnte. Es war wie ein eigener Raum aus Pflanzen. Auf dem Boden wuchs saftig grünes Gras und abgesehen von einer Blume direkt in der Mitte nichts anderes.

Die Blume erinnerte mich stark an die, die ich Rhaka vor einer Weile geschenkt hatte. Sie hatte wieder optisch viel gemeinsam mit einer Lilie, nur das diese Blütenblätter schmaler und länger waren und auch deutlich mehr. Doch diese Blume war nicht rosa wie Rhakas, sondern Azurblau mit feinen weißen Linien, die der Länge nach verliefen. Die Blume zog mich in ihren Bann und ich versank förmlich in dem betörenden Lied, das sie von sich gab. Leise flüsterte sie mir zu. „Alvena, pflück mich, ich werde dich beschützen." Erschrocken erwachte ich aus meiner Trance und trat einen Schritt zurück. Wer war Alvena? Wieso nannte mich diese Blume so? Und wovor wollte sie mich beschützen?

Wieder und wieder flüsterte die Blume dasselbe und ich spürte, dass sie wollte, dass ich sie zu jeder Zeit bei mir trug. Festentschlossen hockte ich mich zur Blume herunter und pflückte sie so weit unten am Stiel wie möglich, um den Blütenblättern nicht zu schaden und steckte sie in den Knoten meines Haares. In mir wurde es ganz warm und ich atmete tief durch.

Gerade als ich durch den Busch wieder nach draußen trat, sah ich Kellan um die Ecke kommen. Ich erschrak und er blieb abrupt stehen und sah mich misstrauisch an. „Was machst du in dem Busch?", fragte er und kam näher. „Das geht dich nichts an. Was willst du überhaupt hier?" Ich ging an ihm vorbei zurück zum Teich, an dem ich meine Tasche stehen gelassen hatte und hörte wie Kellan mir folgte. „Ich soll dich holen. Das Abendessen steht bereit." „Und dafür schicken sie dich los? Bist du zum Laufburschen degradiert worden?" er schnaufte und verdrehte die Augen. „Ich hatte keine Wahl, der Prinz bat mich darum." „Ach und ihm kannst du keinen Wunsch ausschlagen? Ich bin mir sicher du wärst lieber bei Mari und tuschelst weiter mit ihr herum." Irritiert starrte er mich an. „Wovon zum Teufel sprichst du?" Ich seufzte. Wieso hatte ich es überhaupt angesprochen? Es war mir egal was er tat – er war mir egal. Wieso war ich aber doch so gekränkt, dass er mit Mari klar kam und mit mir nicht? „Vergiss einfach was ich gesagt habe.", sagte ich schließlich, schnappte mir meine Tasche und ging Richtung Schloss.

Nach dem Abendessen, an dem Rhaka kaum ihre Augen von Finnian abwenden konnte und umgekehrt genau so, begab ich mich auf mein Zimmer setzte mich an den Spiegeltisch. Ich zog die Blume aus meinem Haar und legte sie vorsichtig auf dem Tisch ab, um meine Haare aus dem Knoten zu lösen und sie durchzukämmen. In Nachthemd und mit offenen Haaren, legte ich mich schließlich ins Bett und schloss die Augen. Die Gedanken kreisten durch meinen Kopf und ich konnte kaum einen ruhigen Moment finden.

Ich wollte wissen wer Alvena war. Was es mit den Blumen auf sich hatte, die ich zuvor nie gesehen hatte. Und weshalb ich mich in Kellans Gegenwart sowohl schlecht als auch gut fühlte. Es war als hätte ich eine Verbindung zu ihm, die nur ich spüren konnte und doch mochte ich ihn nicht. Er verhielt sich wie ein Vollidiot mir gegenüber, obwohl ich ihm nie etwas getan hatte und ich konnte nicht verstehen, weshalb. Und weshalb war ich eifersüchtig auf Mari, als sie sich so gut mit Kellan verstand? Diese Gefühle waren mir fremd und ich wollte sie nicht fühlen. Ich wollte nichts mit Kellan zu tun haben, wieso fühlte ich also so?

Nach stundenlangem Denken gelang es mir endlich einzuschlafen, doch eswar kein wirklich erholsamer Schlaf.

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Natures HeritageWhere stories live. Discover now