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Ein brennender Schmerz machte sich in meinen Händen breit und ich riss schreiend meine Augen auf. Meine Atmung ging schnell und ich begriff erst was los war, als ich mich umsah. Ich saß auf einem alten hölzernen Stuhl mit breiten Armlehnen, an denen meine Arme an den Gelenken festgebunden waren – und in meinen Handrücken steckten Dolche! Schockiert schrie ich erneut und spürte, wie ich begann zu weinen. Durch meine verschwommenen Augen konnte ich gerade so erkennen, wo ich mich befand. Ich atmete scharf ein. Wie kam ich in Yesedas Schloss und wer zum Teufel hat mich hierhergebracht?!

Ich schnaufte angestrengt im Versuch den Schmerz zu unterdrücken, doch es war zu schmerzhaft. Panisch versuchte ich mich zu befreien, doch immer wieder zuckte der Schmerz erneut auf und ich blieb ruckartig in meiner Bewegung stehen. Eilig sah ich mich um, suchte nach einem Gegenstand, der mir helfen könnte. Da fiel mir meine Kraft ein. Ich konzentrierte mich und schloss meine Augen dabei, doch als ich sie wieder öffnete, war nichts passiert. Der Zauber von Yeseda musste hier im Kerker wohl noch funktionieren.

Gerade als ich versuchen wollte mit dem Stuhl aufzustehen und ihn irgendwie zu zerstören, hörte ich wie sich der Eingang zum Kerker öffnete und leise aber schnelle Schritte auf mich zu kamen. Ich hielt inne und drehte mich zur Kerkertür, vor der ein junger Mann stehen blieb und mich ausdruckslos ansah.

„Du bist also endlich wach. Es freut mich dich endlich persönlich kennenzulernen, liebe Cousine." Cousine. Der Atem stockte mir. Er hatte mich entführt. Ich erinnerte mich. Der botanische Garten. Der Nebel. Kellan...

Ich war also seine Cousine. Dann musste er Yesedas Sohn sein. Jetzt wo ich ihn sehen konnte, machte es Sinn. Er hatte dieselben schmalen Augen und die leuchtend lilafarbenen Pupillen. Das schwarze glatte Haar, dass ihm zerzaust ins Gesicht hing und seine Augen beinahe verdreckten. Seine Figur war sportlich, doch nicht zu muskulös, und er war sicherlich einen halben Kopf größer als ich – trotzdem aber kleiner als Kellan.

„Mein Name ist Yanec. Ich schätze du hast verstanden, dass ich Yesedas Sohn bin." Ich nickte nur, während er die Kerkertür öffnete und ich dabei zu sah, wie er einen großen Stoffbeutel auf dem Tisch neben der Tür ablegte. Ich schluckte schwer. Die Tasche klang schwer und es war etwas Metallisches darin. „Du fragst dich sicher, weshalb ich dich hergeholt habe." Er sah zu mir und ich nickte erneut.

Ich brachte kein Wort über die Lippen. Nicht weil ich Angst hatte, nein, sondern weil ich unsicher war. Ich war unsicher, was er vorhatte. Unsicher, was ich tun sollte. Also nickte ich nur und wartete ab, was er sagen würde.

„Du hast mir meine Zukunft gestohlen, liebe Cousine, und ich bin nicht sehr glücklich darüber." Er öffnete die Tasche und holte ein großes Messer heraus. Geschockt starrte ich das Messer an. Es war sicherlich 20cm lang und ich konnte auch von ein paar Meter Entfernung sehen, dass es sehr scharf geschliffen war.

„Was meinst du damit, dass ich deine Zukunft gestohlen habe?", fragte ich vorsichtig und sah zwischen dem Messer und ihm hin und her. „Du weißt nicht was du getan hast? Ist das dein Ernst?!" Sein wütender Ton bereitete mir eine Gänsehaut und im nächsten Moment stand er mit dem Messer vor meiner Nase vor mir und drohte mir. „Du hast die Kräfte meiner Mutter weggesperrt! Das heißt, dass ich ihre Kräfte nicht übernehmen kann!" Mit seiner freien Hand drehte er den Dolch in meiner rechten Hand und ich schrie auf, als der Schmerz mich durchzuckte.

„Mach es rückgängig!" drängte er und drehte erneut den Dolch. Ein weiterer Schrei entglitt mir und ich spürte wie immer mehr Tränen meine Wangen hinunterliefen.

„MACH. ES. RÜCKGÄNGIG." Schrie er nun und ich sah die Verrücktheit in seinen Augen, bevor er mir das große Messer mit voller Wucht in den Oberschenkel rammte. Ich schrie erneut. Mehr aus Überraschung als aus Schmerz, obwohl es so sehr schmerzte, dass ich befürchtete in Ohnmacht zu fallen.

„ICH KANN NICHT!" schrie ich zurück. Mein Herz schlug wie wild und ich spürte, wie ich immer schwächer und müder wurde. Mein Kopf drehte sich. „WIESO?!" „Ich weiß nicht wie! Ich weiß nicht mal wie es geschafft habe die Kräfte von Yeseda einzusperren."

Yanec stellte sich aufrecht hin und sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Erbärmlich." Sagte er nur und ging wortlos davon, nachdem er meinen Kerker wieder geschlossen hatte. Mit tränenden Augen sah ich hinab zu meinem Oberschenkel und musste würgen bei dem Anblick. Mein Blut hatte den unteren Teil meins Brautjungfernkleides beinahe völlig durchnässt und es schimmerte in einem seltsamen goldenen Ton im sanften Mondlicht, dass durch das Fenster am Kerker trat.

Wieder sah ich mich panisch um, ich musste hier raus. Ich musste meine Wunden versorgen. Und ich musste Yanec loswerden. Er war ganz offensichtlich verrückt. Er rammte mir, ohne mit der Wimper zu zucken ein Messer ins Bein.

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Natures HeritageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt