Make-up

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Poppy Cox x Kaz Brekker
Six of Crows/Shadow & Bone
Trans mtf, Trans ftm, T4T, Unlabeled, Queer

Wörter: 1169

"Hey." sagte Kaz und lehnte seinen Gehstock gegen die Wand, während er seinen Mantel auszog. Dann hängte er auch sein Jackett über die Stuhllehne und lockerte seine Krawatte. Vielleicht würde er heute noch hier bleiben. Bei Poppy. Aber er hatte sich noch nicht entschieden.

Verwundert sah er über seine Schulter, als er immer noch keine Antwort bekam.

"Hey." sagte er erneut. Dieses Mal mit etwas mehr Nachdruck. Aber er erhielt wieder keine Antwort.

Besorgt zog er die Augenbrauen zusammen und lief zu ihr hinüber. Kurz zögerte er, aber dann erinnerte er sich, dass er seine Handschuhe trug und sie nicht berühren würde. Also legte er seine Hände auf ihre Schultern und drückte sie leicht.

"Was ist los?" fragte er und suchte in dem Spiegel, vor dem sie saß, ihren Blick. Aber sie wich ihm aus, ließ den Kopf hängen. Tat alles, um den Blickkontakt mit ihm zu vermeiden. "Poppy." sagte er mit fester Stimme. Nun sah sie ihn doch an.

Sofort sah Kaz die Tränen in ihren Augen glänzen.

Er zog sich einen Stuhl heran, drehte den von Poppy so, dass ihr Körper ihm zugewandt war. Dann nahm er auch Platz. Poppy positionierte ihre Beine sofort so, dass Kaz sein kaputtes Bein ausstrecken konnte, obwohl sie so nah beieinander saßen.

"Was ist los?" wiederholte er. Er beugte sich nach vorn, stützte sich mit den Ellenbogen auf seinen Knien ab und streckte Poppy seine Hände hin. Poppy ergriff sie zögerlich und für einen Moment hellte sich ihr Gesichtsausdruck auf, als sie sah, wie Kaz beim Betrachten ihrer blau lackierten Fingernägel ein Lächeln über die Lippen huschte.

"Nichts funktioniert, wie ich es will." seufzte Poppy. Ihre Stimme zitterte und die Tränen begannen tatsächlich über ihr Gesicht zu laufen. "Darling..." flüsterte Kaz. Er ließ eine ihrer Hände los und legte seine stattdessen unter ihr Kinn und hob es sanft an. "Was funktioniert nicht, wie du es möchtest?" fragte er geduldig.

Poppy seufzte frustriert und machte eine vage Handbewegung in Richtung Spiegel. Kaz schmunzelte. "Bist du dysphorisch?" fragte er dann. Poppy nickte schwach.

Kaz konnte immer noch nicht wirklich verstehen, wie Poppy all das wollen konnte, was er an sich hasste. Was er an seiner Kindheit und seiner Erziehung hasste. Aber Poppy ging es mit Kaz nicht anders. Sie hatten sich daran gewöhnt und kommentierten es nicht.

Kaz betrachtete den Stapel Make-up, der sich auf dem Tisch auftürmte. Poppy hatte vermutlich versucht sich zu schminken und war gescheitert und es hatte sie nur noch mehr frustriert.

"Ich habe Schminken gelernt. Ich kann dir helfen, wenn du möchtest." bot er zögerlich an. Poppy folgte seinem Blick zu dem Make-Up, dann schüttelte sie den Kopf: "Es reicht, wenn einer von uns beiden dysphorisch ist."

"Ich will dich schminken, nicht mich." "Das Wissen, was ich über typisches Männlichsein habe, macht mich dysphorisch." Kaz schmunzelte: "Ich habe mir das ausgesucht. Lass mich dir helfen."

Kaz zog das Make-up zu sich und sah es sich an. Dass er das gelernt hatte war schon eine halbe Ewigkeit her, dass er das alles gelernt hatte. Er hoffte wirklich, dass das gut gehen würde.

Mit einem feuchten Tuch wischte er die Tränen von Poppys Gesicht, strich ihr liebevoll über die Wange und versuchte sein Bestes, sie zum Lächeln zu bringen. "Du bist so wunderschön." murmelte er und beugte sich zu Poppy, als würde er ihr einen Kuss geben wollen, aber das tat er nicht.

"Ich bin nicht sicher, wie viel ich noch kann. Also... Lass mich erst das Grundlegende versuchen." murmelte Kaz. Er ging das Make-Up nochmal durch, griff dann einen dünnen Pinsel und eine schwarze Flüssigkeit. Sanft hob er Poppys Kinn an und flüsterte ihr zu, die Augen zu schließen. Poppy tat es und entspannte sich, ließ ihren Kopf ein wenig schwerer in Kaz' Hand lasten. Dieser ließ sie.

Er war dankbar dafür, dass ihm das viele Schlösserknacken ruhigere Hände gegeben hatte. Er schaffte es, Poppy auf jeder Seite einen perfekten Eyeliner zu geben, den er vorsichtig ausmalte. Dann griff er eine goldene Flüssigkeit, von der er nicht sicher war, dass es sich um Eyeliner handelte, aber er konnte damit arbeiten. Also zog er noch eine zweite Linie über dem Eyeliner, hinterließ eine goldene Spur.

Poppy hielt die Augen ruhig geschlossen. Ihre eine Hand ruhte auf Kaz' bekleidetem Arm, dessen Hand ihr Kinn hielt. Die andere lag in ihrem Schoß. Dann griff Kaz Lidschatten und begann diesen auf Poppys Augen aufzutragen.

Er war nicht mehr sicher, ob man das überhaupt in dieser Reihenfolge machte und ob man das überhaupt irgendwie so machte, wie er es tat. Aber das Ergebnis war recht präsentabel, also vermutete er, dass er seinen Job nicht ganz schlecht machte.

Poppy zeigte ihm, die Farben, die sie sonst verwendete und Kaz trug Rouge und Highlighter auf. Kaz griff den Lippenstift mit dem prallsten Rotton, denn er dann vorsichtig mit einem Pinsel auftrug. Poppy verzog die Lippen und drehte ihren Kopf weg.

"Ist alles in Ordnung?" fragte Kaz sanft. Er hielt Poppys Kinn nicht so stark, dass sie sich nicht bewegen konnte, nur so, dass er sie ruhig halten konnte, während er die Schminke auftrug, weswegen er zugelassen hatte, dass Poppy ihren Kopf einfach wegdrehte, als sie es wollte.

"Ich mag das Gefühl nicht. Von Pinseln auf meinen Lippen." "Wie trägst du es sonst auf?" fragte Kaz ruhig. "Mit meinen Fingern." murmelte Poppy und sah entschuldigend zu Kaz auf. Er wusste, dass er das nicht wollen würde. Und sie würde es nicht von ihm verlangen.

Kaz streifte seinen rechten Handschuh ab und sofort griff Poppy seinen Ärmel fester: "Nicht." Kaz lächelte sanft: "Keine Sorge, ich brauche nur noch ein bisschen mehr Kontrolle über meine Hand." Poppy ließ wieder locker. Kaz zog einen Dietrich aus seiner Tasche. Das flache, hintere Ende zog er durch den Lippenstift und kratzte ihn damit ab.

Dann zog er das Ende mit dem Lippenstift sanft über Poppys Lippen, hinterließ eine dünne rote Spur. Es war nicht perfekt und Kaz musste mehrfach Verbesserungen vornehmen. Aber dann ließ er von ihr ab.

"Das hier sollte genau zu diesem Look passen." schmunzelte Kaz. Eine dünne Goldkette mit einem Rubin als Anhänger blitzte zwischen seinen Fingern auf. "Hast du die gestohlen?" fragte Poppy. Kaz musste lachen: "Niemals. Nur das Geld, mit der ich sie bezahlt habe." Poppy lächelte. Sie drehte sich um, wendete ihren Rücken zu Kaz, welcher ihr die Kette umlegte.

"Du bist wunderschön." flüsterte Kaz ihr ins Ohr, bevor sie sich zum Spiegel wendete. "Wow..." flüsterte Poppy. Sie lehnte sich zurück, ließ ihr Körpergewicht gegen Kaz lasten. Dieser ließ seine Hand, mit dem Handschuh, den er wieder angezogen hatte, um ihre Kehle gleiten und hielt ihn sanft fest. Er würgte sie nicht, hielt sie nur an der Kehle.

"Du bist die schönste Frau der Welt." flüsterte Kaz. "Du bist perfekt." schmunzelte Poppy und griff Kaz' freie Hand, drückte einen Kuss darauf und hinterließ einen roten Lippenabdruck auf dem schwarzen Leder. Kaz verdrehte die Augen, konnte sich aber nicht davon abhalten lächeln.

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