Kapitel 5 - Surfen will gelernt sein

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Der Sportunterricht in diesem Schuljahr - Surfen am nahegelegenen Küstenabschnitt  - gehörte nicht unbedingt zu Dees Lieblingsbeschäftigungen.

Zwar spielte Sport in ihrem Leben durchaus eine Rolle, für das Surfen hatte sie allerdings nie eine besondere Leidenschaft entwickelt, obwohl sie an der Pazifikküste aufgewachsen war, wo der Surfsport ganz offiziell zum guten Ton gehörte.

Nichtsdestotrotz war Wasser Dees Element, sie schwamm, seit sie fünf Jahre alt war, im örtlichen Schwimmverein, und mittlerweile war sie nur noch schwer zu schlagen. Das half ihr natürlich auch beim Wellenreiten, trotzdem fehlte ihr die wahre Begeisterung dafür. Aus diesem Grund hielt sich ihr Enthusiasmus auch an diesem Morgen in überschaubaren Grenzen, während der Großteil der Teilnehmer ihres Sportkurses hochmotiviert wirkte. Die meisten surften seit frühster Kindheit und beherrschten spielend die ausgefallensten Manöver. Selbst Bones, von Natur aus nicht unbedingt mit Geschmeidigkeit ausgestattet, wirkte auf dem Board gar nicht mehr unbeholfen und plump.

Dee machte ihre Sache sicher nicht vollkommen schlecht, aber es fiel ihr nicht so leicht, das Gleichgewicht zu halten. Außerdem hasste sie es, sich auf dem Wasser zur Schau stellen zu müssen. Denn etwas gab es, das sie an ihrem Körper auszusetzen hatte, und das war ihre beachtliche Oberweite. Während andere Unsummen für Implantate ausgaben und alles für Dees Kurven gegeben hätten, wünschte sie selbst sich drei Körbchengrößen weniger. Bis Allegra es einmal so treffend formulierte:

„Was willst du denn machen, du kannst sie schlecht abschneiden! Also steh dazu!"

Das hatte ihr zumindest insofern geholfen, dass sie ihre Oberweite nicht länger unter wallenden T-Shirts versteckte. Tapfer ignorierte sie seitdem die teilweise anzüglichen Blicke ihrer männlichen Mitschüler, ebenso wie die Aufmerksamkeit , die sie selbst bei Fremden auf sich zog. Leicht bekleidet auf dem Surfbrett fühlte sie sich dennoch nicht wohl.

Lustlos wachste sie ihr Board und beobachtete dabei leicht verärgert, wie Richie ausgelassen mit Jordan Richtung Meer stürmte, um gleich allen Anwesenden eine kleine Kostprobe seines Könnens abzuliefern. Dass Christina albern gackernd hinterher lief, hob ihre Stimmung nicht gerade.

„Bereit dich in die Fluten zu stürzen?", fragte Isabelle, die plötzlich neben ihr stand.

Dee hob resigniert die Augenbrauen.

"Ich werde diese alberne Faszination dafür nie verstehen. Was ist so toll daran, sich auf ein kleines Brett zu stellen und sich von einer Monsterwelle untertauchen zu lassen?"

Isabelle lachte. "Ich weiß, was Du meinst. Aber wenn Du oben bleibst, ist es schon ein geiles Gefühl."

Dee zuckte die Achseln, klemmte sich ihr Board unter den Arm und lief mit Isabelle zum Wasser. Der Sand unter ihren nackten Füßen knirschte ein wenig. Sie atmete den frischen Geruch des Meerwassers ein und schmeckte das Salz auf ihren Lippen.

Bones stand mit den Füßen in der weißen Gischt, hatte sich nach den beiden Mädchen umgedreht und winkte ihnen einladend zu.

Christina schwamm ihrer ersten Welle entgegen, stemmte sich leichtfüßig auf ihr Brett und nahm sie mit sicherem Stand. Etwas überrascht stellte Dee fest, wie groß ihre Abneigung ihr gegenüber geworden war. Aus dem Augenwinkel sah sie nun auch Ethan mit seinem Board ins Wasser laufen. Bones tat es ihm nach.

Wie lange wollte sie denn noch hier stehen? Bis der Sportkurs beendet war?

Kurz beobachtete sie die Dynamik des Wassers, wartete auf den richtigen Moment, dann rannte sie ebenfalls in die kühle Brandung. Sie blickte weder rechts noch links, konzentrierte sich ganz auf die Welle, die auf sie zugerollt kam. Jetzt bloß nichts verpatzen, dachte sie nervös. Das fehlte ja noch, dass sie Christina Grund gab, sich über ihre Ungeschicklichkeit zu amüsieren. Sie nutzte den Schwung der Welle und stemmte sich auf ihr Brett.

The Soulcollector - Rätselhafte TodesfälleUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum