Kapitel 21 - Jake verursacht ein Gefühlschaos

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An dem Abend, an dem sich alle anderen am Strand trafen - und den Richie dann wirklich konsequent auf seiner Familienfeier verbrachte -  war es hochsommerlich warm und nahezu wolkenlos. Ein leichter Wind wehte vom Meer herüber und fegte die Schwüle hinweg, die sich über den Nachmittag aufgebaut hatte. Das perfekte Wetter für eine Partynacht. Ethan und Jake schleppten gemeinsam einen Kasten Bier zwischen sich, außerdem hing über Jakes Schulter noch eine große Stofftasche, deren Inhalt bei jeder Bewegung verräterisch klimperte! „Futter!", rief Jake grinsend.

Eve, Jakes Tanzpartnerin, die heute offenbar mit ihm zusammen gekommen war, hatte ein Sixpack alkoholfreies Bier dabei. Isabel, die gerade ihre Strandmatte unterhalb einer Sanddüne ausrollte, warf einen schnellen Seitenblick auf Dee, konnte aber keine Reaktion bei ihr feststellen. Entweder hatte Dee sich gut im Griff, oder zwischen Jake und ihr lief doch  nichts. Isabel hatte es bis jetzt noch nicht richtig aus ihr herausbekommen.

Christina, die ihre Decke und den Gitarrenkoffer neben sich im Sand abgelegt hatte, machte urplötzlich einen sehr nervösen Eindruck und nestelte hektisch an den Schnürsenkeln ihrer Nikes, als gäbe es nichts Wichtigeres, als sich der Schuhe sofort zu entledigen. Der Grund dafür näherte sich von der Strandpromenade: Jordan stapfte durch den Sand auf die kleine Gruppe zu, Hand in Hand mit Anne.

Dee blickte dem Paar entgegen und dachte ein wenig zusammenhangslos: Richie fehlt hier.

Ethan platzierte einen Bluetooth-Lautsprecher auf einem Campingstuhl und verband ihn mit der Playlist seines Mobiltelefons. Sie hatten in einer Feuerschale, die hier zahlreich in regelmäßigen Abständen für den Allgemeingebrauch bereit standen, Feuerholz aufgeschichtet, das Ethan nun in Brand setzte.

Die Stimmung war ausgelassen, was sicher auch mit dem Alkoholkonsum zusammenhing, aber eben nicht nur. Das Feuer verbreitete eine angenehme Wärme und vermittelte außerdem den Eindruck von Freiheit und Abenteuer. Die Schultage waren gezählt, es ging immer schneller auf die Ferien zu, so dass von den meisten der Leistungsdruck abgefallen und einer urlaubsähnlichen Einstellung gewichen war. Irgendjemand hatte eine Packung Marshmallows mitgebracht, die Eve, Jordan und Anne jetzt an angespitzten Ästen über den Flammen rösteten.

Dee stützte sich auf ihre Unterarme und streckte die langen Beine aus. Gelöst beobachtete sie die gut gelaunten jungen Leute um sich herum. Das wunderbare Gefühl, nicht alleine zu sein, legte sich tröstend wie ein wärmender Mantel über sie.

Bis ihr Blick an Christina hängen blieb. Erschrocken bemerkte sie die bösartig zusammengekniffenen Augen, mit denen Christina sie taxierte.

Der Augenblick dauerte nur Sekunden, aber trotzdem spürte Dee, wie ein eiskalter Schauer ihre Wirbelsäule hinunter lief.

Ebenso plötzlich war Christina aufgestanden und zum Feuer hinübergelaufen. Hier griff sie sich nun einen Ast, nahm sich einige Marshmallows aus der Tüte und befestigte sie an der dünnen Spitze. Dann ließ die sich neben Eve in den Sand fallen, und begann ein Gespräch mit ihr.

Dee konnte erkennen, dass sich Eve dabei immer wieder nach Jake umsah, der den Kasten Bier abgestellt und einige Flaschen Hochprozentiges daneben platziert hatte.

Zunächst war nicht zu hören, was Christina erzählte, aber es dauerte nicht lange, bis ihre Stimme eine unangenehme Dezibelzahl erreichte. Dee fragte sich nicht zum ersten Mal, woher dieses Bedürfnis kam, ständig im Mittelpunkt stehen zu wollen. Für einen Moment schloss sie ihre Augen und versuchte, Christinas Stimme auszublenden, aber das war unmöglich.

Als sie wenig später eher zufällig bemerkte, dass Jake, wenn er das Bier verteilte, die Flaschen fast jedes Mal aus der vorderen Hälfte des Kastens griff, formte sich ein Gedanke, wie man Christina vielleicht ein einziges Mal einen kleinen Dämpfer verpassen konnte.

The Soulcollector - Rätselhafte TodesfälleWhere stories live. Discover now