Dieses Kapitel enthält grausame Szenen und verstörende Mobbinginhalte. Solltet Ihr Euch durch diese Themen und Schilderungen getriggert fühlen, nehmt bitte auf jeden Fall Abstand davon, es zu lesen.
Ventura 1984
Stanley blickte sich hektisch um. Die Laurel Canyon Street war voll von Fußgängern. Menschen mit Einkaufstüten schlenderten an ihm vorbei und betrachteten interessiert die Schaufenster, einige Anzugträger hasteten während ihrer Mittagspause über den Bürgersteig in einen Starbucks oder einen Chinese Takeaway. Eine Mutter zog mühsam ihr Kleinkind hinter sich her, das so sehr mit seinem Wassereis beschäftigt war, dass es vergaß zu laufen. Etliche Autos fuhren direkt neben ihm und trotzdem befürchtete Stanley - oder nein, er wusste - dass ihm niemand zu Hilfe kommen würde, wenn seine Peiniger ihn angriffen.
Voller Angst blickte er jetzt auf Finley, der in der Mitte seiner vier Kumpel stand und hämisch grinste.
Die Fahrgeräusche der Autos und Gesprächsfetzen der vorbei eilenden Menschen drangen in sein Ohr, doch es klang seltsam hohl, so als würden sie sich in einer Parallelwelt befinden, oder aber Stanley in einem Vakuum.
Welche Chance hätte er, wenn er einfach losrennen würde? Was wäre schlimmer, sich mit Finley anzulegen oder auf die Straße zu springen und einen Unfall zu provozieren? Mit etwas Glück würde er nur leicht verletzt, wenn ihn ein herannahender Wagen erwischte, er käme vielleicht ins Krankenhaus und wäre seine Verfolger los.
Doch er wagte es nicht.
Finley fing an zu kichern, so als hätte ihm jemand einen Witz erzählt. Bei dem Laut stellten sich die Haare in Stanleys Nacken auf.
Ventura heute
150 Jody Lane lag im Osten Venturas inmitten des hügeligen Hinterlandes. Das Navi dirigierte Gregory direkt vor ein kleines Holzhaus mit noch kleinerem Kräutergarten. Er stieg langsam aus seinem Wagen und ließ die ländliche Idylle auf sich wirken. Der Gartenzaun strahlte in sauberem Weiß, und an dem kleinen Eingangstor war ein dunkelblaues Keramikschild mit der hellblauen Hausnummer darauf befestigt.
Gregory schellte.
Es dauerte nicht lange, bis die Haustür geöffnet wurde und eine ältere Dame heraustrat.
„Yvette Saunders?"
„Wer will das wissen?", rief die Frau, nicht unfreundlich, aber doch so zurückhaltend, dass Gregory realisierte, es würde vielleicht nicht ganz so einfach sein, an Informationen zu kommen.
„Mein Name ist Gregory Masterson. Hätten Sie einen kleinen Moment?"
Yvette Saunders kam ihm langsam entgegen.
„Söhnchen, was immer sie mir verkaufen möchten, ich habe es sicher schon", sagte sie. Ein schiefes Lächeln zierte ihr sonnengebräuntes Gesicht, in das sich etliche Falten eingegraben hatten.
„Oh, nein, nein", beeilte sich Gregory zu sagen und zückte dann seine Polizeimarke.
„Ich ermittle in einem Mordfall und würde ihnen gerne zu einem Artikel, den sie 1984 geschrieben haben, einige Fragen stellen."
Yvettes Gesichtsausdruck änderte sich von unverbindlich zu überrascht.
„Wenn das so ist, ja natürlich, möchten sie hereinkommen?"
„Das wäre sehr freundlich", erwiderte Gregory und folgte ihr den mit üppig blühenden Rosen bepflanzten Weg durch den Vorgarten hinein ins Innere des Hauses.
Sie bot ihm in ihrem geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmer einen Platz an. Gregory ließ sich vorsichtig auf einen der filigranen Sessel nieder, sorgsam darauf bedacht, mit seiner Körpergröße keinen Schaden anzurichten.
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The Soulcollector - Rätselhafte Todesfälle
Teen FictionStell Dir vor, Du bist siebzehn und die Sommerferien stehen bevor. Deine größte Sorge ist eigentlich, was Du zum Schulball anziehst. Doch dann geht es schiefer als Du Dir jemals hättest vorstellen können. Du verlierst Deine Mutter durch einen Unfall...