Kapitel 44 - Gregorys Schuld

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Triggerwarnung!
Dieses Kapitel enthält explizite Szenen von Gewalt und thematisiert Suizid.

Bei suizidalen Gedanken gibt es viele Anlaufstellen, die rund um die Uhr erreichbar sind, wie zum Beispiel die Telefonseelsorge:
116123

oder für Jugendliche die Nummer gegen Kummer:
116111

***

Chris zitterte vor Wut, als er den Wohnungsschlüssel in das Schloss schob und versuchte, die Tür zu seinem Appartement zu öffnen. Seine regennassen Finger rutschten von dem glatten Metall des filigranen Schlüsselkopfes ab, weshalb er mehrere Anläufe benötigte, bis er endlich den Wohnungsflur betreten konnte.

Wohltuende Wärme und der Geruch nach Rosenblüten empfingen ihn, doch das nahm er in seinem Zorn gar nicht wahr. Die Sohlen seiner Schuhe hinterließen dunkle, feuchte Abdrücke auf dem Holz des geschmackvollen Parketts. Achtlos warf er den Schlüsselbund auf das antike Sideboard, das ihn ein kleines Vermögen gekostet hatte, weshalb er akribisch Wert darauf legte, es pfleglich zu behandeln. Aber nicht heute. Heute kreisten seine Gedanken um ganz andere Dinge, die den Schutz eines antiken Möbelstückes in keiner Weise beinhalteten.

Warum nur weigerte Gregory sich so vehement, zu ihrer Beziehung zu stehen? Dass sein neuer Freund keine ernsthaften Gefühle hegte, das glaubte Chris gar nicht unbedingt. Man spürte doch, wenn der Partner es ernst meinte.

Wobei, konnte man Gregory als Partner bezeichnen? Sie verstanden sich wirklich gut, das musste man sagen. Gregory war nicht nur unglaublich attraktiv, nein, er hatte auch Humor. Und er verstand es, ihm das Gefühl zu vermitteln, etwas Besonderes zu sein. Wieso, zur Hölle, tat er das denn bloß immer nur im Verborgenen?

Chris machte sich nichts vor. Würde Gregory ihn jetzt anrufen, ließe er sich sowieso erweichen. Nicht sofort vielleicht, aber ganz sicher wäre sein Zorn, der ihn gerade so konsequent aus Gregorys Wohnung hatte stürmen lassen, bald verraucht und die Sehnsucht würde die Oberhand gewinnen.

Frustriert entledigte er sich seiner Schuhe, bevor er das geräumige Wohnzimmer betrat. Kurz registrierte er das angenehme, weiche Gefühl des handgeknüpften Perserteppichs unter seinen Füßen. Sein Blick glitt stolz über die hochwertigen Möbelstücke, die er mit so viel Liebe ausgewählt hatte und die diesen Raum so behaglich machten. Ach wenn er doch dieses Talent für harmonische Konstruktionen auch bei der Wahl seines Partners anbringen könnte.

Chris bemühte sich, seinen Atem zu kontrollieren und sein aufgewühltes Gemüt zu beruhigen. Vielleicht würde ein Glas Wein helfen?

Im Kühlschrank, in seiner vergleichsweise kleinen, aber mit allen technischen Raffinessen ausgestatteten Küche, stand noch eine halboffene Flasche Rotwein.

Nachdem Chris sich eingeschenkt hatte, stellte er sich an das große Panoramafenster, das einen weitläufigen Blick auf das Hinterland Venturas bot.

****

Gregory lief unruhig in seiner Wohnung hin und her, skeptisch beobachtet von Chris' zurückgelassenem Kater.

„Du bist mein Bindeglied. Sicher will er dich wieder haben. Wir rufen ihn sofort an, oder was meinst du, Johnny Depp?"

Johnny Depp bedachte ihn mit einem missbilligenden Blick, was Gregory mit einem verärgerten Schnauben kommentierte.

Entschlossen griff er zum Telefon.

****

Chris wusste intuitiv, dass es Gregory war, als er das Klingeln wahrnahm. Sein Herz begann augenblicklich schneller zu schlagen.

The Soulcollector - Rätselhafte TodesfälleWhere stories live. Discover now