Kapitel 13 - Träume sind Schäume, oder?

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Gregory Masterson musste sich mit einem Vermisstenfall auseinandersetzen. Und so langsam erregten diese Fälle sein Interesse. Zwei tote, ein vermisster Teenager, alle aus der Gegend. Konnte das noch Zufall sein? Obwohl er mit Privatpersonen nicht über seine Arbeit sprechen durfte, nahm er sich vor, sich darüber mit Chris auszutauschen. Er konnte die Fälle ja als fiktiv bezeichnen.

Er hatte sich jetzt schon einige Male mit dem jungen Mann aus dem Dating Portal getroffen und musste sich eingestehen, dass er sich selten so wohl mit einem Menschen gefühlt hatte. Außerdem verfügte Chris seiner Meinung nach über die Fähigkeit, Menschen sehr genau analysieren zu können. Das hatte ihn schon am ersten Abend enorm beeindruckt.

Ausgesprochen ärgerlich dagegen fand er die Anwesenheit eines Katers, der mit Chris zusammen lebte und den dieser zu allem Überfluss auch noch Johnny Depp getauft hatte. Johnny Depp war überall mit dabei. Er saß beim Essen auf einem extra für ihn herangerückten Esszimmerstuhl, er belegte einen beträchtlichen Teil des Sofas und selbst ins Schlafzimmer hatte er uneingeschränkten Zutritt. Gregory fühlte sich von dem Kater beobachtet. Und er war ganz klar der Auffassung, dass Johnny Depp ein richtiges Arschloch war.

***

Jake schlug zornig mit der Faust auf den Tisch. Das war wieder einer dieser Tage! Gerade hatte sein Vater ihn in der Mangel gehabt, nachdem er von einem Gespräch mit seiner Lehrerin äußerst übellaunig zurückgekehrt war. „Es ist ja kein einziges Fach in dem du gut bist", hatte er gepoltert. „Herr Gott nochmal Jake, was machst du nur mit deinem Leben?"

Und nun war auch noch eine Nachricht von Dee auf seinem Mobiltelefon erschienen, in der sie ihn fragte, ob sie am Abend etwas unternehmen wollten. Er hatte zuvor angedeutet, dass sie ja demnächst mal eine Netflix-Nacht bei ihm machen könnten. Doch jetzt bekam er plötzlich Angst vor seiner eigenen Courage. Er hatte Beziehungen immer eher als Last empfunden, weil er keine Lust verspürte, sich besser verkaufen zu müssen als er tatsächlich war. Er wollte sich nicht in ein Raster pressen lassen, sich nicht den hohen Moralvorstellungen einer Freundin beugen, indem er beispielsweise auf Alkohol und Marihuana verzichtete oder vorgab, seine Abende lieber immer mit der gleichen Person zu Hause zu verbringen, anstatt mit seinen Kumpels abzuhängen.

Außerdem hatte er weder die Intelligenz eines Ethan Brewsters noch die sportliche Eleganz von Richie Harper, es erschien ihm aber auch viel zu anstrengend, sich immer und überall hervortun zu müssen. Er wollte zur Zeit eigentlich nur eins, nämlich Spaß haben, und akzeptiert werden, aber ohne sich dafür verbiegen zu müssen.

Fairerweise musste man sagen, dass Dee derart hohe Ansprüche gar nicht stellte und Menschen sicher nicht nur nach ihren moralischen Prinzipien oder nach ihren besonderen Fähigkeiten beurteilte. Sie war im Gegenteil offen und tolerant, kurz, man konnte wirklich mit ihr Pferde stehlen.

Dee war verdient zur Königin gewählt worden. Die Frage war jetzt nur, ob sie auch seine Königin werden könnte.

Jake starrte eine Weile auf das Display seines Telefons, ohne dass er Anstalten machte, die Nachricht zu beantworten. Tatsächlich schaffte er es erst zwei Stunden später, sich bei Dee zu melden und tat es dann mit den Worten: „Oh, Mann, hatte voll verpennt. Naja, jetzt lohnt es sich ja eigentlich gar nicht mehr."

***

Die nächsten Tage in der Schule waren für Dee ein einziges Chaos. Richie hatte den Kontakt zu ihr nahezu komplett eingestellt, was ihr doch ziemlich zu schaffen machte. In den Pausen orientierte er sich vollkommen neu, stellte sich mit Jordan zu anderen Leuten und grüßte sie kaum noch. Während der Kurse, die sie gemeinsam hatten, behandelte er sie wie eine Mitschülerin unter vielen anderen. Es überraschte sie ein wenig, wie traurig sie das machte. Auf der anderen Seite war sie allerdings auch zu stolz, auf Richie zuzugehen und das Gespräch oder wenigstens seine Nähe zu suchen.

The Soulcollector - Rätselhafte TodesfälleWhere stories live. Discover now