Kapitel 58 - Eine unentspannte Party

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„Du kannst die Musikbox doch auch in den Baum hängen, da hast Du eine bessere Akustik", schlug Jordan vor.

Bones streckte sich und versuchte, einen dünnen Zweig in die Finger zu bekommen, um die Kordel, die er an dem Karabiner der Box befestigt hatte, über einen der unteren Äste zu schlingen.

Dee schmunzelte, als sie ihn dabei beobachtete. Der Bund seiner Jeans war soweit herunter gerutscht, dass man den weißen Stoff seiner Calvin Klein Boxershorts und einen Streifen vorgewölbten Specks erkennen konnte. Es erinnerte sie ein wenig an Elefantenballett. Sofort meldete sich das schlechte Gewissen, weil sie ihn so schamlos frontete, aber es sah nun mal einfach witzig aus. Und das war in keiner Weise böse gemeint, denn wenn sie jemanden ohne Vorbehalte einfach gern hatte, dann war das Bones.

„Hey, da seid ihr ja! Was für eine coole Location", drang im selben Moment eine laute, aufgeregte Stimme in ihr Ohr.

Christina!

Fast schon aus Gewohnheit zog sich Dee der Magen zusammen. Ob das wohl nun für immer so bleiben würde? Unwillig blickte sie in die Richtung, aus der die enthusiastische Begrüßung gekommen war.

Offenbar hatte Christina ein Mädchen aus ihrem Kunstkurs mitgebracht, Alice Irgendwas. Dee erinnerte sich nicht an den vollen Namen, hatte die zierliche Brünette mit dem Pixie Cut aber schon häufiger gesehen. Sympathisch und offen, das war ihr erster Eindruck gewesen. Insgeheim fragte sie sich jetzt, wie lange es wohl dauern würde, bis dieses Mädchen Christinas Geltungsdrang bemerken, wie lange, bis ihr auffallen würde, dass Neid und Missgunst Christinas Verhalten prägten. Aber dann erinnerte sich Dee an die Zeit, in der sie selbst sehr gut mit ihr befreundet gewesen war.

Jetzt lehnten die beiden Mädchen ihre Räder an den Stamm einer dicken alten Eiche und näherten sich der Feuerstelle, die Jordan und Richie vorhin sorgsam mit ein paar dicken Steinen aus dem nahegelegenen Flussbett errichtet hatten.

Dee war mit Allegra und Isabelle unterwegs gewesen, um Brennmaterial zu besorgen. Der Haufen aus dürren, trockenen Zweigen und pergamentartigen, verdörrten Blättern brannte mittlerweile verlässlich knisternd vor sich hin und verströmte den typisch würzigen Geruch nach geräuchertem Holz.

Alice Irgendwas setzte sich ruhig in die Runde, während Christina sofort eine ihrer Anmachattacken startete.

Vermutlich ist sie auch nur deswegen hierher gekommen, dachte Dee genervt.

Wie so häufig war Jake das Opfer.

„Jakey, hast du noch Platz neben dir, ich habe dich sooo lange nicht gesehen", säuselte sie, während Jake bereitwillig zur Seite rückte. Dee zog die Augenbrauen hoch.

In dem Moment drang Rihannas Love on the Brain aus der Musikbox, und löste das vorherige Good for you von Olivia Rodrigo ab. Die virtuos überbordende Melodie berührte augenblicklich Dees Sinneszellen. Das vermochte Musik häufig bei ihr. Unbeeindruckt von Christinas Gehabe setzte sie sich ebenfalls an das leise prasselnde Lagerfeuer, direkt neben Richie, der ihr vorsorglich eine Flasche Corona entgegenhielt.

Ethan, der ihnen schräg gegenüber saß, beobachtete mit einem entrückten Blick das Züngeln der Flammen und wirkte dabei seltsam unbeteiligt. Dee spürte, wie sich die Härchen auf ihren Unterarmen aufrichteten, als sie ihn betrachtete. Seine ganze Körpersprache erweckte den Eindruck, als hätte er sich längst von dieser Freundesgruppe zurückgezogen, als sei er in einem komplett anderen Universum.

Offenbar hatte auch Jordan bemerkt, dass Ethan sich merkwürdig verhielt, denn jetzt klopfte er ihm vertraulich auf die Schulter und sagte:

„Sag mal Kumpel, wo warst du eigentlich die ganze Zeit, wir alle hatten dich schon vermisst."

The Soulcollector - Rätselhafte TodesfälleWhere stories live. Discover now