49.: Jannis Brandt×Kai Havertz

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Genre: drama and friendship again (sorryyy)

Sie waren jung; gerade mal achtzehn Jahre alt, als sie in diese Autos stiegen. Sie hatten beide gerade ihren Führerschein frisch in der Tasche, hatten noch nicht viel Fahrerfahrung und trotzdem reizte es sie; oder vielleicht auch gerade deswegen. 
Im Nachhinein schämte Jannis sich dafür. Wie konnte er so kindisch und unverantwortlich sein?
Er hatte nicht nur sein Leben sondern auch das der anderen leichtsinnig aufs Spiel gesetzt. Und wofür? Für einen vermeintlich geilen Adrenalinkick, der nur ein paar Augenblicke andauerte. 
Und doch hatten sie es getan. 
Er saß in dem Auto seines Bruders, was er sich unter dem Vorwand, eine kurze Spritztour mit Kai zum frisch bestandenen Führerschein machen zu wollen, von diesem geliehen hatte. Begeistert war Julian nicht gewesen, aber nach einigen Minuten, in denen Jannis immer und immer wieder auf ihn eingeredet hatte und beteuert hatte, den Wagen genauso tadellos zurückzustellen, hatte er dann doch zugestimmt. Immerhin wusste er, wie sehr Kai und Jannis befreundet waren und er wollte ihnen den Spaß nicht nehmen. 
Rechts neben ihm stand ein schwarzes Auto; das von Kais Eltern. Er hatte es wesentlich leichter gehabt, denn seine Eltern waren mit dem anderen Auto auf einem Kurztrip an die Ostsee, sodass Kai sturmfrei hatte und niemanden hatte überreden müssen.
Vor ihnen lag eine selbst ausgesuchte Strecke mit markiertem Ende und links und rechts neben ihnen standen ihre Freunde, welche ihnen begeistert und aufgeheizt zujubelten. 
Ein solches Ereignis konnten sie sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Diese Wette würde in die Geschichte der Clique eingehen, das war sofort klar und genau deshalb waren auch alle da.
"Na, bist du bereit, Jannis?", fragte Kai großspurig. Sein Arm lehnte lässig auf dem heruntergelassenen Fenster, während er selbstsicher zu seinem Kumpel herüber blickte. "oder willst du doch kneifen?"
Erfolgssicher atmete der Blonde aus.
"Das könnte dir so passen, ne? Ich gewinne, du wirst schon sehen. Jules Auto ist eh viel schneller als die alte Karre von deinen Eltern."
"Klar", gab der Jüngere ironisch zurück," Wir werden es sehen."
Ohne auf eine Antwort zu warten startete er den Motor. 
Jannis tat es ihm gleich. 
Die Motoren heulten ungeduldig auf, während ihre Freunde draußen nur noch lauter grölten und entweder den einen oder den anderen tatkräftig anfeuerten.
Ein letzter Blick noch zu Kai, ein letztes Mal selbstbewusst grinsen, bevor einer der Jungs vorne die Fahne schwenkte. Das Startsignal.
Sofort fuhren sie an; die Reifen quietschten und die Autos preschten los. 
"Woho", schrie Jannis mit breitem Grinsen im Gesicht. Sein gesamter Körper kribbelte vor Aufregung; er fühlte sich so frei.
 Wenn er gewusst hätte, was für Konsequenzen diese Aktion haben würde, dann hätte er mit Sicherheit keinen Blick in den Rückspiegel geworfen und gesehen, dass Kai einige Meter hinter ihm war. Er war tatsächlich in Führung. 
Mit triumphierenden Gesichtsausdruck drehte er sich etwas, um durch die Rückscheibe nach hinten sehen zu können und sich zu versichern, dass Kai hinter ihm war. 
Was er daran nicht bedacht hatte, war der Fakt, dass er nur in eine Richtung schauen konnte und das war nun nicht mehr vorne. Da, wo er eigentlich hätte hingucken sollen.
Was hatte sein Fahrlehrer nochmal gesagt? 
Wo man hinguckt, fährt man auch hin... 
Und genau das passierte. 
Jannis verlor die Kontrolle über seinen Wagen; plötzlich fuhr er nach rechts, ohne es zu wollen. 
Er konnte nichts dagegen tun; es war, als hätte das Auto sich selbstständig gemacht. 
Der Blonde wurde panisch, versuchte mit aller Kraft, das Lenkrad wieder rumzureißen und den Wagen langsamer zu machen, doch es klappte nicht. Sein Atem wurde schneller und auf einmal befand er sich in einem Tunnel. 
Das letzte, was Jannis wahrnahm, war ein erschütternder Knall. Sein ganzer Körper fiel in sich zusammen nach vorne. 
Und dann war da noch dieser ohrenbetäubender Knall, der ein unangenehmen Ton in seinen Ohren verursachte und ein unerträgliches Hämmern in seinem Kopf.

Jannis schlug die Augen auf. 
Er wusste nicht, wo er war. 
War er tot? 
Das Einzige, an das er sich erinnern konnte, war dieser Aufprall und dann der Knall. Dann war alles schwarz. 
Langsam begannen seine Augen, seinen Blick wieder scharf zu stellen und er konnte greller, unangenehmes Licht über ihm erkennen. 
Langsam bewegte er seinen Kopf, nur um festzustellen, dass er in einem Bett lag und dass seine Umgebung ziemlich ähnlich zu der eines Krankenhauses war.
"Jannis?"
Müde und langsam bewegte er seinen Kopf zur Seite, woher die bekannte Stimme kam und er konnte Julians besorgtes Gesicht erkennen.
"Jannis, kannst du mich hören?"
Vorsichtig nickte der Jüngere. Ihm tat alles weh; er fühlte sich, als hätte ihn ein Lkw überfahren.
"Wie fühlst du dich?" 
Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern, zu mehr hatte er gerade keine Kraft.
"Geht so."
Zitternd atmete sein Bruder aus, bevor er sich von seinem Stuhl erhob und unruhig im Zimmer hin und her tigerte.
"Was habt ihr euch dabei gedacht, verdammt", donnerte er nun mit deutlich lauterer Stimme los," Du hättest sterben können, Jannis. Weißt du eigentlich, was für ein fucking Glück du hattest, du Idiot?"
Und mit einem Mal prasselte wieder alles auf Jannis ein. All die Erinnerungen kamen zurück und ließen seine Kopfschmerzen nur noch schlimmer werden.
Die Rennstrecke, ihre Freunde, die Autos, das Startsignal, die quietschenden Reifen, der Blick über seine Schulter und dann... Kai, wie er mit verbissenem Blick am Steuer saß und versuchte, seinen Kumpel einzuholen. 
Kai.
"Kai", brachte der Blonde unter Mühe hervor," Wo ist er? Was ist mit ihm?"
Jule blieb am Fußende des Bettes stehen und stützte sich darauf ab.
Jannis sah seinem Bruder sofort an, wie abgekämpft und besorgt dieser war.
Augenblicklich realisierte er, was sie da getan hatten. Warum?
"Sie operieren ihn gerade. Mehr wollten die Ärzte mir auch nicht sagen." Er machte eine kurze Pause.
"Aber seine Eltern sind auf dem Weg hierher. Sie müssten eigentlich bald da sein."
Jannis' Augen wurden größer. 
"Nein Jule. Wenn die-"
"Wenn die was?", unterbrach der Ältere ihn ungehalten," Wenn die es rausbekommen? Was denkst du denn, Jannis? Ihr Sohn wird gerade notoperiert und das nur weil ihr Idioten so ein scheiß Autorennen gestartet habt. Weißt du eigentlich, wie gefährlich das ist?"
Schweigend sah Jannis zu Boden; das Schlucken fiel ihm sichtlich schwer. 
"Es tut mir leid... dass ich dich angelogen habe."
Ungläubig ließ der Ältere die Luft aus seinen Lungen entweichen, während er höhnend mit dem Kopf schüttelte. 
"Darum geht es doch jetzt gar nicht. Mein Auto ist mir scheiß egal. Ich..."
"Wissen Mama und Papa auch davon?"
Jule nickte. "Sie sind nur kurz Kaffee oder so holen gegangen", erklärte er niedergeschlagen.
Jule wusste, dass er nichts dafür konnte, aber er fühlte sich irgendwie trotzdem schuldig. Immerhin hatte er seinem Bruder sein Auto geliehen, aber woher sollte er auch wissen, dass er und Kai so einen Scheiß damit anfangen würden?

Die Tür öffnete sich und eine Ärztin betrat das Zimmer. Im Gegensatz zu Jannis kannte Jule sie schon und sah sie erwartungsvoll an. Sie hatte Kai operiert.
"Wie geht es ihm?"
Verlegen strich sie über ihren perfekt gebügelten, weißen Kittel, während sie zwischen den Brüdern hin und her sah.
"Ich unterliege der ärztlichen Schweigepflicht und darf Ihnen deshalb nichts Genaues über seinen Zustand sagen. Was ich aber sagen kann, ist, dass er die Op gut überstanden hat und da seine Eltern noch nicht da sind und Sie ja auch gut mit ihm befreundet zu sein scheinen, dachte ich, dass Sie vielleicht bei ihm sein wollen, wenn er aufwacht?"
Fragend sah sie Jannis an, welcher sich inzwischen etwas aufgerichtet und ihr aufmerksam zugehört hatte. Augenblicklich nickte Jannis; er musste gar nicht lange überlegen. Das war er Kai mindestens schuldig. 
Nickend nannte sie den Brüdern die Zimmernummer und erinnerte nochmal ausdrücklich daran, dass Jannis sich nur im Rollstuhl fortzubewegen hatte, bevor sie sich verabschiedete und ging.
Jannis kam sich in diesem Rollstuhl zwar mehr als albern vor, aber es war ihm egal. Er musste Kai sehen; sich versichern, dass es ihm gut ging und eventuell wollte er auch nicht mit seinen Eltern konfrontiert werden. 
Die Worte seines Bruders hatten ihm vorerst gereicht. Die konnten später mit ihm schimpfen.

Ein regelmäßiges Piepen kam ihm entgegen, als Jule ihn ins Zimmer schob. 
Kais Herzschlag. Er war da und regelmäßig. Das war gut, oder?
Erleichtert atmete Jannis aus, nur um im nächsten Moment wieder geschockt die Luft anzuhalten. 
Kais Anblick war nicht schön und das Schlimmste daran war, dass Jannis Schuld daran war. 
Ein großer Kratzer zog sich über die Stirn des Jüngeren bis hin zu seiner Wange.
Seine Haut war blass und er war an einigen Geräten angeschlossen. 
Die Augen des Lockenkopfes waren geschlossen und er atmete regelmäßig ein und aus.
Julian hielt sich im Hintergrund, während Jannis langsam und unsicher seine Hand nach Kais ausstreckte.
Ein kalter Schauer lief seinen Rücken runter, als er Kais sanft in seine nahm. Die Haut seines Freundes war eiskalt. 
Nach einigen Minuten begannen die Augenlider des Jüngeren träge zu flattern. 
"Kai?"
Müde und irritiert öffnete Kai seine Augen, genau wie Jannis vorhin. Er bekam sie jedoch nur einen kleinen Spalt auf; die Narkose hatte seinen Körper noch fest im Griff.
"Jannis?"
Kais Stimme war kaum mehr als ein leises Hauchen und doch verstand Jannis ihn zu gut.
"Ich bin da, Kai, ich bin da."
Beruhigt nickte Kai und schloss wenige Momente später wieder seine Augen, schaffte es aber trotzdem einen leichten Druck auf Jannis' Hand auszuüben.
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Jüngeren, ein leises Schluchzen folgte. 
Was hatten sie hier nur getan?
Nie wieder würde er sein oder ein anders Leben so leichtfertig in Gefahr bringen. Nie, nie wieder.

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