Tag 12.1

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"Arthur, hast du kurz Zeit?"

Arthur erstarrte in der Bewegung und drehte sich um. Sein Vater bedachte ihn mit einem sorgenvollen Blick.

"Ich wollte dich nur fragen, wie es dir so geht im Moment?"

Arthur hob fragend die Augenbrauen. Wohin sollte dieses Gespräch denn führen, wenn sein Vater so begann? Er ging ein paar Schritte auf ihn zu, damit sie nicht über eine gesamte Raumdistanz miteinander kommunizieren mussten. Er hatte so ein Gefühl, dass dies länger dauern könnte.

"Mir geht's gut", meinte er leichthin. "Wieso fragst du?"

"Ach, mir ist nur in letzter Zeit aufgefallen, dass du dich wieder anders verhältst." Er lächelte aufmunternd. "Also im positiven Sinne. Außerdem habe ich dich nicht mehr nach diesen Morden recherchieren gesehen oder gehört, also ...?"

Arthur nickte. "Ja, das hat irgendwie ganz plötzlich aufgehört."

Sein Vater atmete erleichtert aus und öffnete kurz die Arme, als wolle er ihn umarmen, zog sie dann jedoch wieder zurück. "Das freut mich. Tut mir leid, dass ich dich mit diesen Märchen belastet habe."

Arthur winkte ab. "Schon gut. Es war mir selbst ja auch nicht ganz geheuer, was da mit mir passiert ist. Aber jetzt scheint wieder alles normal zu sein..."

Eine Pause entstand, und Arthur beachtete das Gespräch schon als beendet, als sein Vater doch noch einmal das Wort ergriff. "Hast du dich eigentlich darüber erkundigt? Über die Jäger, meine ich."

Arthur nickte nur knapp. Wieso fing er jetzt doch wieder damit an? Hatte seine Veränderung dieses Thema nicht abgeschlossen?

"Aber wie du schon gesagt hast - es ist ein Märchen." Irgendwie war Arthur unwohl bei dieser Aussage. Also beschloss er, kurzerhand das Thema zu wechseln. "Ich hab übrigens am Samstag ein Date", verkündete er grinsend und hoffte, seinen Vater so von der ganzen Blutmond-Geschichte wegzubringen.

Das gelang ihm auch. "Oh, mit Mara?"

Etwas erstaunt darüber, dass sein Vater den Namen noch wusste, nickte er. "Genau. Aber wir werden uns etwas weiter weg von hier treffen, da werde ich den Zug oder Bus nehmen. Ich werde also voraussichtlich den ganzen Samstag unterwegs sein."

Nun hielt sich sein Vater nicht zurück, sondern ging einen Schritt auf ihn zu und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. "Sie muss ja etwas Besonderes sein, wenn du so einen langen Weg auf dich nimmst."

Arthur verdrehte die Augen. "Klar, Paps."

Dann drehte er sich um und verschwand nach oben in sein Zimmer.

Endlich war es so weit. Bereits am Morgen erwachte Arthur mit einem Lächeln im Gesicht. Außerdem viel zu bald, wie ein Blick auf den Wecker bezeugte. Er hatte noch etwas über drei Stunden, bis der erste Bus abfuhr. Arthur hatte sich im Internet schlau gemacht, er würde insgesamt wohl drei Mal umsteigen müssen. Aber mit der passenden Musik auf seinem iPod sah er in der langen Busreise kein Problem.

Voller Motivation sprang er beinahe aus dem Bett, und in der Dusche begann er, leise vor sich hin zu summen. Danach verbrachte er eine gefühlte Stunde vor seinem Kleiderschrank, nur um sich am Ende dann sowieso für ein einfaches weißes Printshirt und dunkelblaue Jeans zu entscheiden.

Seine Haare versetzte er mit ein paar Tropfen Gel, gerade so viel, dass die Frisur gut aussah, aber gleichzeitig auch nicht zu abgeschleckt wirkte. Das passierte ihm leider manchmal, wenn er zu viel Gel erwischte, aber heute schien das Glück auf seiner Seite zu sein.

Zum Frühstück zog er eine Pfanne heraus und schlug drei Eier hinein. Dazu schnitt er Wurst und Käse, und machte sich eine deftige Eierspeise. Gerade als er damit fertig war, kam sein Vater im Bademantel in die Küche.

"Wow, das riecht aber lecker! Bekomme ich davon auch etwas ab?"

Arthur putzte sich die letzten Bröckchen auf seinen Teller und deutete dann auf die leere Pfanne. "Die ist noch heiß, da kannst du dir gleich selbst was machen!"

Kopfschüttelnd sah sein Vater ihm zu, wie er sich an den Esstisch setzte und das Essen in sich hineinstopfte. Er kaute, ohne es wirklich zu schmecken, und sein Magen protestierte leicht. Arthur fühlte sich, als ob er gerade aus einer Achterbahn ausgestiegen wäre. Immer noch ein bisschen schwindelig, aber voller Adrenalin.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm schließlich, dass er sich bereits auf den Weg machen konnte. Die Busstation war etwa zehn Gehminuten von seinem Haus entfernt, und der Bus würde in einer knappen halben Stunde wegfahren. Aber ein bisschen ein Puffer war ja nie schlecht, befand Arthur und schlüpfte in einen schwarzen Mantel und seine Schuhe.

"Tschüss, Paps!", rief er ins Haus hinein.

"Viel Spaß!", kam es zurück, und Arthur ließ die Tür ins Schloss fallen.

Vergessen hatte er eh nichts, überlegte er noch kurz, und tastete nach der Geldbörse, dem iPod, dem Handy und seinem Schlüssel in der Jackentasche. Alles genau da, wo es hingehörte. Perfekt. Jetzt mussten nur mehr die Busse alle pünktlich kommen, und in guten dreieinhalb Stunden würde er Mara wiedersehen.

BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now