Teil II / 1

65 7 1
                                    

A/N:
Wie versprochen geht es nun im Februar weiter! Ich habe ewig herum überlegt, ob ich einen Zeitsprung machen soll, die Perspektive wechseln (es wird in diesem "2. Teil" voraussichtlich eine weitere Hauptperson eingeführt werden), vielleicht beides; und hab mich dann aber entschlossen, direkt dort anzuschließen, wo ich im November aufgehört habe. 
Ich weiß, ich bin ziemlich aus der Übung, aber ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht zu übel und bleibt trotzdem dabei! :)

___________

Am nächsten Morgen wurde Arthur erst durch seinen Vater geweckt.

"Arthur?"

Eine Hand rüttelte an seiner Schulter.

"Arthur, aufwachen!"

Ein missmutiges Brummen ertönte und der Junge drehte sich langsam auf den Rücken. Verschlafen blinzelte er ins Licht und blickte seinen Vater vorwurfsvoll an. "Wie spät ist es denn, wieso weckst du mich?"

"Ich hab deinen Wecker bis in die Küche gehört. Er hat bestimmt zehn Minuten geläutet."

Arthur zog die Augenbrauen zusammen. "Was..?" Ein kurzer Blick auf besagtes Teil ließ ihn verzweifelt die Augen wieder schließen. Viertel nach sieben. Verdammt. Er zog sich die Decke über den Kopf. "Ich kann heute nicht."

Mit einem Ruck wurde die Decke weggerissen und Arthur krümmte sich reflexartig zusammen.

"Wer in der Nacht lang fortbleiben kann, kann auch am nächsten Tag früh aufstehen. Und jetzt steh auf, mach schon!"

Sein Vater blieb noch neben dem Bett stehen, bis Arthur sich geschlagen gab und seine Beine über den Bettrand schwang. Mit einem Schlag hatte er wieder sämtliche Bilder der vergangenen Nacht im Kopf und er stützte diesen in seine Handteller.

Nachdem er die Hütte verlassen hatte, war er kopflos in eine Richtung weggestürmt, die ihn scheinbar auf direktem Weg nach Hause geführt hatte. Es war bereits nach zwei Uhr gewesen, als er schließlich in sein Bett gefallen war. Eigentlich nicht so spät, aber er hatte sich noch gefühlte Stunden herumgewälzt und keinen Schlaf gefunden. Die Paranoia, die von ihm in dem fensterlosen Raum Besitz ergriffen hatte, hatte ihn nicht losgelassen und veranlasste ihn dazu, sich unter seiner Decke zu verstecken. Das hatte dazu geführt, dass er am ganzen Körper wie verrückt schwitzte.

Bei der Erinnerung daran wischte er sich unwillkürlich über die Stirn und fühlte, wie seine Haare darüber verklebt waren. Angeekelt verzog er sein Gesicht.

"Hopp!", kam es plötzlich wieder von seinem Vater, und dieses Mal erhob sich Arthur wirklich. Wie ferngesteuert trugen ihn seine Beine ins Badezimmer, wo er sich eiskaltes Wasser ins Gesicht klatschte und sich einen Teil seiner Haare befeuchtete. Um sie zu waschen hatte er keine Zeit mehr, also musste das reichen.

Das Wasser verlieh ihm neue Lebensgeister, und rasch hatte er sich die Zähne geputzt und war in frische Klamotten geschlüpft.

In der Küche drückte ihm sein Vater ein fertig geschmiertes Butterbrot und seine Schultasche in die Hand, dann stürmte er aus dem Haus.

Als er wenige Minuten später am Schulhof ankam, schluckte er gerade den letzten Bissen Brot hinunter. Er hörte, wie jemand hinter ihm seinen Namen sagte, doch er reagierte nicht darauf. Die Müdigkeit drohte wieder, ihn zu übermannen, und er wollte davor noch wenigstens sein Klassenzimmer erreichen.

Dort angekommen, ließ er sich sofort auf seinen Platz neben Paul fallen, der ihn geflissentlich ignorierte. Arthur legte seine Arme als Kissenersatz auf den Tisch und bettete seinen Kopf darauf. Das Klingeln zur ersten Stunde bekam er gerade noch mit, doch bevor der Lehrer die Klasse betrat, war er auch schon weggedämmert.

Ein Stoß in seine Rippen ließ ihn schließlich zusammenzucken. Verärgert warf Arthur einen Blick in Richtung der Störung. Es war Paul, der ihm anscheinend nur durch einen Blick irgendetwas zu sagen versuchte. Seine Augenbrauen bewegten sich in alle möglichen Richtung, die Augen wurden mal größer und mal kleiner, und der Mund war seltsam zusammengekniffen. Arthur starrte einige Sekunden darauf und versuchte, es zu entschlüsseln, als ihn eine tiefe Stimme von der anderen Raumseite aus dem Grübeln riss.

"Arthur, würdest du uns nun bitte auch mit deiner geistigen Anwesenheit bereichern, und nicht nur mit deiner körperlichen?"

Arthurs Blick schnellte nach vorne, wo er Herrn Hoffmann ausmachte, der ihn finster musterte. Anstatt zu antworten, nickte er nur schwach.

"Gut. Dann darfst du uns gleich das Beispiel auf Seite zweiundvierzig erklären", forderte er ihn auf.

Arthur warf einen hilfesuchenden Blick zu seinem Banknachbar, der kurz mit sich rang, und ihm dann aber sein Buch hinüberschob.

Arthur hatte schnell das einzige Textbeispiel auf der angegebenen Seite gefunden und überflog es kurz. Doch in seinem Gehirn kam nichts an, er nahm kein einziges Wort auf.

"Ähm", murmelte er, als er sein Schweigen selbst schon als unangenehm empfand. "Ähm..." Er hob den Kopf und versuchte sich an einem mitleidserregenden Dackelblick. "Mir geht's heute leider gar nicht so gut", versuchte er sich zu erklären.

Herrn Hoffmanns Blick wurde immer düsterer. "Du weißt schon, dass das gar keinen guten ersten Eindruck hinterlässt, bereits in der zweiten Stunde keine Leistung mehr erbringen zu können?" Missbilligend schüttelte er den Kopf. "Ich rate dir, dieses Beispiel zu Hause als Übung zu machen." So, wie er es sagte, stand eine Freiwilligkeit außer Frage.

Ergeben nickte Arthur, doch seine Hand ballte sich unter dem Tisch zu einer Faust. Die Lehrer in seiner alten Schule waren viel gemütlicher gewesen.

Zu seinem Glück schien Herr Hoffmann damit genug zu haben, denn er wandte sich von ihm ab. "Hannah, dann rechnest du uns bitte das Beispiel drei auf der nächsten Seite an der Tafel vor!"

Eine braunhaarige Schülerin aus der dritten Reihe erhob sich und ging selbstbewusst nach vorne. Sie brauchte nicht einmal eine Minute, um das Beispiel fertig anzuschreiben und auszurechnen.

"Sehr gut. Da kann sich der ein oder andere ein Beispiel daran nehmen!", erklärte der Lehrer und seine Augen bohrten sich in Arthurs. Dieser gab sein bestes, munter zu bleiben, doch Herr Hoffmann nahm ihn nicht mehr dran.

Einige Rechnungen und viele Erklärungen später läutete endlich die Glocke zur ersten Pause.

Arthur ließ seinen Blick kurz über seine Klassenkameraden schweifen, doch als sich niemand zu ihm gesellte, legte er den Kopf auf den Tisch und schloss kurz die Augen.

In den nächsten Stunden schaffte er es dann wieder, zumindest halbwegs anwesend zu wirken, und nach einer gefühlten Ewigkeit war der Vormittag überstanden.

Zuhause angekommen ließ Arthur sich sofort in sein Bett fallen und war augenblicklich eingeschlafen. 

BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now