Tag 12.4

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Einige Sekunden blieb es noch still, die Luft zwischen ihnen schien zu knistern. Dann zog Mara sich zurück. "Mir tut es leid, dass ich damit angefangen habe." Sie schlang die Arme um ihren Körper, als wäre ihr plötzlich eiskalt. Arthur trat näher zu ihr und legte einen Arm um sie. "Ach was, du kannst überhaupt nichts dafür. Lass uns einfach das Thema wechseln, in Ordnung?"

Mara legte sofort einen Arm um seine Körpermitte, und nickte.

"Erzähl mir etwas über dich, das sonst niemand weiß!", forderte sie ihn schließlich auf.

Arthur lachte. "Diese Dinge behalte ich aber meist bewusst für mich."

"Das weiß ich schon, aber gibt es wirklich nichts, das du vielleicht doch preisgeben könntest?" Mara grinste ihn verschmitzt an und Arthur seufzte.

"Na gut, lass mich überlegen... Hm. Ja, ich weiß was. Ich bin in den letzten Monaten oft, wenn ich alleine spazieren gegangen bin, zu dieser Wiese gegangen, auf dem ein kleines Pferd war. Manchmal bin ich nur am Zaun gestanden und habe ihm zugesehen, stundenlang, und bin dann wieder gegangen. Manchmal bin ich auch zu ihm rein, hab es gestreichelt und mit ihm geredet." Arthur fühlte, wie sich das Blut in seinem Gesicht ansammelte und ihn rot werden ließ. Er erwartete einen spöttischen Kommentar von Mara, aber die drückte sich nur noch enger an ihn.

"Das finde ich schön. Aber ich verstehe auch, dass du das normalerweise für dich behältst. Das ist deine persönliche Zeit, die du mit jemandem verbringst, das muss nicht jeder wissen. Danke, dass du mir das erzählt hast!"

Arthur war so verblüfft über ihre Worte, dass das, was er in den nächsten Sekunden tat, mehr aus Intuition geschah, und sein Verstand dabei ausgeschaltet war. Er blieb stehen, zog Mara vor sich, hielt ihren Kopf zwischen seinen Händen und berührte ihre Lippen mit den seinen. Ganz zart, als wären es Schmetterlingsflügel, doch selbst bei dieser sanften Berührung breitete sich Gänsehaut auf seinem ganzen Körper aus.

Im ersten Moment schien Mara überrascht, aber dann fühlte er ihr Lächeln an seinem Mund. Ihre Hände fanden ebenfalls den Weg zu seinem Gesicht und sie streichelte über seine Wange, als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten. Ihre Augen hatten sich während dem Kuss geschlossen, genau wie die seinen. Doch nun blickten die beiden einander an, in den Blicken Erstaunen, Faszination, Verlangen.

Sie sprachen kein Wort, niemand wollte diesen Moment zerstören. Ihre Gesichter waren immer noch so nahe aneinander, das sie den Atem des jeweils anderen fühlen konnten. Die Welt um sie herum schien still zu stehen, der Wald war stumm, das einzige Geräusch war das ihrer pochenden Herzen. Maras Lippen waren gerötet, ebenso ihre Wangen. Ihre blauen Augen leuchteten, und Arthur wünschte sich, dieser Moment würde niemals enden.

Doch natürlich ging dieser Wunsch nicht in Erfüllung. Ein eisiger Windstoß fuhr zwischen die beiden, und Mara zog lachend ihren Kopf ein. Dann trat sie einen Schritt zurück, griff nach Arthurs Hand und begann, weg zu laufen. Die ersten paar Meter zog sie ihn noch mit sich mit, doch dann ließ sie ihn los. Sofort zog sich Arthurs Brust zusammen, als hätte er etwas unheimlich Wichtiges verloren. Seine Beine bewegten sich schneller, er lief ihr nach, folgte dem glockenhellen Lachen immer tiefer in den Wald hinein. Ihre Haare flatterten, die rote Jacke machte sie zu einem leichten Ziel. Zweige brachen knackend, als Arthur nicht darauf achtete, wohin er stieg. Einige Male kam er Mara so nahe, dass er sie fast greifen konnte, doch sie drehte sich und entwischte ihm wieder.

"Komm schon!", rief sie ihm zu. "Nur keine Müdigkeit vortäuschen!" Sie breitete die Arme aus und begann, sich zu drehen. Arthur war inzwischen langsamer geworden, sein Atem ging schneller. Mara hingegen schien immer noch fit zu sein. Inzwischen war ihre Bewegung eine Mischung aus hüpfen und laufen, währenddessen sie sich auch noch drehte.

"Mara, warte doch!" Arthur fiel wieder in ein schnelleres Tempo.

Als sie sah, dass er die Verfolgung wieder aufgenommen hatte, versteckte sie sich hinter einem Baum. Arthur kam leicht außer Atem davor zu stehen und griff nach ihrer Hand, die auf einer Seite leicht vorragte.

"Hab dich!"

Mara wirbelte hervor, griff nach seiner anderen Hand, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. "Gut gemacht!", meinte sie dann mit funkelnden Augen und Arthur wurde ganz warm.

"Komm, ich will dir was zeigen!"

BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now