Tag 23

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Die nächsten Tage erschienen Arthur fast unreal. Alles war wie immer, was nach diesen Vorkommnissen überhaupt nicht mehr gewohnt schien. Die Leute in seiner Klasse ätzten herum, Moe war Moe, seine Lehrer beschwerten sich über nicht gemachte Hausaufgaben, und er selbst war meistens zu sehr in Gedanken versunken, um irgendetwas mitzubekommen.

"Huhu, Arthur?!" Gerade fuchtelte wieder jemand mit der Hand vor seinem Gesicht herum.

"Der ist in den letzten Tagen schon so, das kannste vergessen." Arthur riss es aus seiner Starre.

"Hm, ja, 'tschuldigung, was?" Sein Mittagsessen stand unberührt neben ihm, er saß neben Moe in der Cafeteria und es war Beth, die nach seiner Aufmerksamkeit verlangte.

"Ich hab gefragt, wie es denn mit der vom der Party läuft. Mira, oder?"

Ein Stich durchfuhr Arthurs Brust. "Mara", presste er hervor. Dann räusperte er sich und versuchte, Beth in die Augen zu sehen. "Wir haben uns ein paar Mal getroffen, ja."

Beth nickte ganz langsam, als hätte sie es mit einem Bekloppten zu tun. "Und weiter?" Sie betonte jede einzelne Silbe.

Arthur zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Was erwartest du denn? Dass wir zusammenziehen, Haus bauen und Kinder bekommen?"

Moe neben ihm schüttelte den Kopf. "Sag ich doch."

Beth stöhnte dagegen auf. "Ach Arthur, was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen? So kenne ich dich ja gar nicht!"

Arthur verdrehte die Augen und stand auf. Sein Tablett nahm er unangerührt mit. "Ist ja nicht dein Problem, oder?" Mit diesen Worten wand er sich ab und ließ Beth mit offen stehendem Mund zurück. Moe sprang auf und folgte ihm.

Sobald sie aus dem Raum waren packte er Arthur am Kragen seines Pullis. "Ernsthaft, Mann! Das gibt's doch nicht, was geht mit dir denn ab?"

Arthur griff nach Moes Handgelenken und zog ihn von ihm weg. "Lass mich einfach, okay?"

Er riss sich los und ging schnellen Schrittes hinaus aus dem Schulgebäude. Zwar hätte er noch zwei Stunden Kunst, aber das war ihm im Moment egal. Er musste weg hier. Weg von den Menschen, die eigentlich seine besten Freunde waren. Aber was sollte er machen, er konnte darüber nicht mit ihnen sprechen. Er hasste es, nicht mit ihnen darüber reden zu können, aber das würden sie ihm niemals glauben.

Zuhause ließ er die Tür laut ins Schloss fallen. Beinahe hoffte er schon, sein Vater würde ihn ermahnen, aber dieser war ja nicht daheim.

Arthur schmiss seine Schulsachen im Wohnzimmer auf den Boden und lief die Treppe hinauf in sein Zimmer. Dort setzte er sich an den Laptop. Er hatte in den letzten paar Tagen immer mit Alice hin und hergeschrieben, die ihm dringendst riet, nach Sedemoid zu ziehen. Natürlich hatte er auch schon daran gedacht, aber er wollte nicht hier weg. An seinen Vater musste er auch denken, ein Umzug war nicht immer etwas, was man einfach so machen konnte.

Als er seine Mails checkte, war wieder eine neue Nachricht von Alice angekommen.

Lieber Arthur,

lass mich dir noch einen letzten Tipp geben: Du hattest mir doch erzählt, dass die Blutmondgeborenen dich sofort Schmerzen fühlen ließen, als du dich im Geiste für etwas für sie Falsches entscheiden wolltest. Im Moment wirkt es auf mich so, als wärst du zwiegespalten, also du weißt nicht, ob du bleiben oder deinen Vater zu einem Umzug überreden sollst. Ich würde nun also an deiner Stelle versuchen, dich dazu zu entscheiden, zu bleiben. Aber es muss ein wirklicher Entschluss sein, ein glaubhafter, einer, den du wirklich durchziehen möchtest. Nur so kann es funktionieren.

BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now