Tag 6.3

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Sein Herz pocht wie wild in seinem Brustkorb, als er ihre gleichmäßigen Atemzüge neben sich hörte. Sie blickten beide in den tiefschwarzen Himmel, auf dem jedoch tausende von Sterne erstrahlten. Obwohl Arthur wirklich versuchte, sich nur auf die Schönheit über ihm zu konzentrieren, war er sich mit jeder Faser seines Körpers bewusst, dass nur wenige Zentimeter neben ihm Mara lag, und atmete, und er nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie sich ihre Brust langsam hob und senkte, wie das Kleid sich an ihren Körper anschmiegte, als wäre es eine zweite Haut.

Fast ohne es zu bemerken, rutschte Arthurs Hand Millimeter für Millimeter in Maras Richtung, bis sie schließlich auf fremde, warme, weiche Haut stieß. Wie elektrisiert hielt Arthur in der Bewegung inne, doch dann waren es Maras Finger, die sich erneut um die seinen schlossen.

Arthur hatte das Gefühl, er würde gleich explodieren. Seine Brust schmerzte bei jedem Atemzug, da er sich bemühte, diese in einem gleichmäßigen, ruhigem Tempo zu halten. Er hoffte, seine Hand würde nicht all zu sehr schwitzen, oder Mara würde es für das Tau halten. Was sollte er jetzt denn bloß tun? Wollte sie, dass sie einfach so liegen blieben? Wollte sie, dass er sich über sie beugte und sie küsste? Wollte er sie küssen? Traute er sich, sie zu küssen?

Tausende Gedanken rasten ihm durch den Kopf, während nur Sekunden verstrichen. Als Mara schließlich seine Hand drückte, wusste er es ganz bestimmt: Noch nie in seinem Leben hatte er etwas so sehr gewollt, wie er gerade diesem Mädchen neben sich nahe sein wollte. Vorsichtig richtete er sich auf, darauf bedacht, die eine Hand nicht von Maras zu lösen. Der Mond warf Licht auf ihr Gesicht und er sah ein Lächeln darauf, während sie ihn mit strahlenden Augen ansah. In Arthurs Kopf begann sich alles zu drehen, und seine Hand zitterte, als er mit ihr nach Maras Kopf griff und ihr sanft über die Wange streichelte. Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, senkten sich seine Lippen auf die ihren herab.

Zuerst passierte gar nichts, doch plötzlich richtete Mara sich ebenfalls auf, sie griff mit ihrer freien Hand in seinen Nacken und zog ihn näher an sich. Ihr Körper presste sich an den seinen, während sich ihre Hände immer noch fest hielten.

Als sich ihre Lippen kurz von einander lösten, spürte Arthur Maras heißen Atem auf seinem Gesicht.

"Mara", flüsterte er. "Mara."

Dann küsste er sie wieder, und sie erwiderte den Kuss zuerst stürmischer, dann immer sanfter, bis sie schließlich die Finger aus seinen Haaren löste und auf seine Brust löste. Mit einem leisen Schmatzen trennten sich ihre Münder voneinander, und Mara legte den Kopf in die Kuhle zwischen Arthurs Hals und Schulter. Er streichelte ihr unaufhörlich über ihr Haar, über ihren Rücken, über ihr Gesicht.

"Ich mach so etwas normalerweise nicht", flüsterte Mara plötzlich in seine Jacke, beinahe unhörbar.

Arthur überlegte, ob er lügen und 'Ich auch nicht' antworten sollte, entschied sich dann jedoch dagegen.

"So etwas ist mir noch nie passiert."

"Mir auch nicht." Und das war die Wahrheit. So eine starke Anziehung hatte noch kein Mädchen auf ihn gehabt.

Mit einem wehmütigen Seufzen löste Mara sich von ihm und blickte ihm traurig in die Augen.

"Du bist etwas Besonderes", versicherte sie ihm. "Das hier war besonders."

Arthur nickte nur, unsicher, was als nächstes kommen würde.

Mara richtete sich auf und blickte in den Himmel. "Meine Cousine wird sich schon fragen, wo ich bin...", murmelte sie. "Wir sollten wieder zurück hinein gehen."

Schon alleine der Gedanke daran, sie gehen zu lassen, oder auch nur ihre Aufmerksamkeit mit irgend jemand anderem teilen zu müssen, hinterließ ein schmerzendes Loch in Arthur. Doch er nickte.

"Ja, du hast Recht."

Langsam rappelte er sich auf, und gemeinsam gingen sie in Richtung Haus. Kurz davor fasste Arthur Mara am Arm und hielt sie zurück. "Warte kurz. Ich würde dich gerne wieder sehen!"

Mara drehte sich zu ihm um, blickte ihm tief in die Augen. Mit einem Schritt war sie bei ihm, stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn.

"Ich wünschte, das könnten wir. Aber ich wohne weit weg, das würde nicht funktionieren, glaub mir." Betreten schüttelte sie den Kopf.

Arthur war völlig benebelt, er musste sich anstrengen, um den Sinn ihrer Worte erfassen zu können. "Alles geht, wenn man nur will!", versuchte er, sie zu überzeugen. "Woher bist du denn?"

Langsam entzog sich Mara seinem Griff, und bei ihrer Antwort stockte das Blut in Arthurs Adern. "Wirst du wahrscheinlich nicht kennen. Etwa fünf Autostunden von hier entfernt. Der Ort heißt Sedemoid."

Als Arthur nichts mehr erwiderte, drehte sie sich um und verschwand.


BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now