Tag 22

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Nach Luft ringend taumelte Arthur zurück. Die Pferde waren weggetreten, ließen ihm mehr Platz. Was war das gerade geschehen? Vor seinen Augen tanzten noch Sterne, sein Herz raste und er musste sich vorneüber beugen und auf den Oberschenkeln abstützen, sonst wäre er wahrscheinlich umgefallen.

Minutenlange blieb er in dieser Position, während er sich den Blicken der Tiere immer bewusster wurde. Schließlich richtete er sich wieder auf.

"Was zum Teufel wollt ihr?" Er gestikulierte mit den Händen in ihre Richtung, machte kräftige Schritte auf sie zu, doch die Monster wichen nur kurz einen Schritt zurück, um diesen dann wieder auf ihn zuzumachen.

"Verschwindet! Das ist alles nicht wahr!" Arthur war voller Zorn, Wut, Angst. Er brüllte auf die Tiere ein, doch diese schien das nicht zu stören. Als er das bemerkte, blieb er zitternd stehen. Seine Arme hingen schlaff neben seinem Körper hinab, und die Tränen strömten ungehindert über seine Wangen. Wieso musste das ihm passieren? Was sollte er denn jetzt machen?

Plötzlich schnaubte eines der Pferde, das Schwarze. Es trat auf ihn zu und Arthur hätte schwören können, dass es ihn mit einem warnenden Blick bedachte. Er riss die Augen auf, doch er wich nicht zurück. Wieder spürte er diesen Bann, der von dem Tier ausging und dem er sich nicht entziehen konnte.

Als der Rappe sich dann blitzartig umwandte, duckte sich Arthur instinktiv. Doch nichts geschah, die anderen drei wendeten sich ebenfalls ab und gemeinsam verließen sie die Lichtung. Arthur blieb zurück, wenige Meter neben ihm lag noch die Leiche des toten Jungen. Die ersten Sonnenstrahlen ließen das Blut schimmern, und Arthur wandte den Blick ab. Nun, da er alleine war, fühlte er in sich hinein. Irgendetwas fehlte, ein Teil von ihm war fort, das spürte er. Aber etwas seltsames, Unbekanntes, Wildes wütete in dieser Leere.

Arthur ballte die Hände zu Fäusten, sodass die Adern hervortraten. Er durfte nicht in Selbstmitleid versinken, er musste stark bleiben. Er würde diese Lichtung verlassen, alles hinter sich lassen, nach Hause fahren und dieses Wochenende vergessen.

Sobald er den Gedanken fertig gedacht hatte, brach er keuchend zusammen. Ein heißer Schmerz durchzuckte seinen Körper, als hätte er einen seltsamen Anfall. Sein Herz stockte, und ihm brach überall der Schweiß aus. Arthur wand sich am Boden, ihm wurde schwarz vor Augen. Beinahe hoffte er schon, er würde in Ohnmacht fallen, nur um diesem Schmerz zu entgehen, doch nichts änderte sich an seinem Zustand. Sein Magen verkrampfte sich, es war ein Gefühl als würde ihn eine Säure von innen zerfressen, und ihm gleichzeitig jemand bei lebendigem Leibe alle Organe entreißen.

Obwohl es beinahe unmöglich war, fasste er einige konkrete Gedanken. Es musste etwas mit diesem neuen Teil zu tun haben, der nun ein Teil von ihm war. Es musste etwas mit diesem extrakörperlichen Erlebnis zu tun haben, es musste mit den Pferden zusammenhängen. Sie kontrollierten ihn, wurde ihm bitter bewusst. Er war ihn Jäger, sie konnten ihn nicht mehr gehen lassen.

Arthur nahm all seinen Mut und seine Kraft zusammen und dachte: Ich werde bleiben. Mit einem Schlag setzte der Schmerz aus. Alle Muskeln entspannten sich, nur noch sein Atem raste und der Herzschlag holperte von der Anstrengung. Arthur schloss die Augen und blieb erschöpft liegen. Na toll, seine Vermutung war also richtig gewesen. Es gab kein Zurück mehr.

Die Busfahrt lief reibungslos. Zufälligerweise war genau dann ein Bus gekommen, als Arthur an der Bushaltestelle ankam. Auch die Wartezeiten dazwischen kamen ihm nicht so schlimm vor. Arthur nutzte die Zeit, um seinen Gedanken nachzuhängen.

Er war nun offiziell ein Jäger, und er hatte seine Blutmondgeborenen gefunden. Doch was nun? Lag es nun tatsächlich in seinen Händen, diese Monster zu stoppen?

BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now