II.8

8 2 0
                                    

Obwohl Arthur immer noch müde war, beschloss er, am Abend wieder in den Wald zu gehen. Der Vollmond rückte näher, und er hoffte, auch mit den anderen Pferden eine solche Begegnung zu haben, wie er sie mit Deinos letzte Nacht erfahren durfte.

Sein Vater nickte dieses Mal nur, als er ihm von seinem Vorhaben erzählte. Ein Anflug schlechten Gewissens durchfuhr Arthur, doch er wischte es schnell beiseite. Es war nicht seine Schuld, dass er so war. Es tat ihm zwar leid, seinen Vater so hilflos zu sehen, aber er konnte die Situation nicht ändern.

Dieses Mal fand er den Weg durch den Wald sogar ohne Taschenlampe, und als er auf die Lichtung trat, wurde er bereits erwartet. Deinos hob als erste ihren wunderschönen Kopf und blickte ihn an. Die anderen beiden schienen hinter ihr zu grasen, doch sie unterbrachen das ebenfalls, um ihm entgegenzusehen.

Mutig ging Arthur auf die drei zu. Deinos schnaubte ihm zu, als er mit seiner Hand über ihren warmen Hals fuhr. Er spürte die unendliche Kraft, die unter ihrer Haut zu schlummern schien.

"Hallo, meine Schöne", flüsterte er ihr zu. Dann trat er einen Schritt zur Seite, um auch die anderen beiden ansehen zu können. Das Pferd, das ihm näher stand, schien rotes Fell zu haben, so weit er das im fahlen Mondschein erahnen konnte. Es war schlanker gebaut als Deinos, und auch die Mähne war weit nicht so üppig. Langsam machte Arthur einen Schritt auf das Tier zu, welches sofort alle Muskeln anspannte und ihn mit gespitzten Ohren argwöhnisch beäugte. Sofort hielt Arthur an und senkte instinktiv den Blick. Das Pferd streckte langsam den Kopf zu ihm aus und als es ihn misstrauisch beschnupperte, gab es seltsam grunzende Geräusche von sich. Plötzlich zog es den Kopf wieder zurück und tänzelte unruhig auf der Stelle. Arthur wagte es, seinen Blick auf den Hufen des Tieres zu halten. Mit jedem Mal, wenn ein Bein den Boden berührte, wurde das schlanke Gelenk gebeugt, nur um sich sofort wieder reflexartig zu strecken, wenn das Bein angehoben wurde. Die Gräser waren schon umgeknickt unter dieser Bearbeitung, aber sämtliche Mondblumen, die auch üppig vorhanden waren, wurden nicht getroffen.

Als Arthur unwillkürlich einen Schritt auf das Tier zumachte, verlagerte dieses sein Gesicht auf seine Hinterhand und hob mit den Vorderbeinen vom Boden ab. Gefährlich nahe schrammten die Hufe an Arthurs Gesicht vorbei, ehe das Geschöpf sie wieder absetzte, auf der Stelle wendete und innerhalb eines Wimpernschlags im Unterholz des Waldes verschwunden war. Arthur wusste gar nicht, wie ihm geschah, als er plötzlich von hinten angestupst wurde. Erschrocken drehte er sich um und traute seinen Augen kaum. Es war dasselbe Pferd, das anscheinend innerhalb von Sekundenbruchteilen die halbe Lichtung umrundet hatte und nun vorsichtig auf eine Reaktion von ihm zu warten schien. Immer noch waren seine Muskeln angespannt, als wäre Arthur das Raubtier und es rechnete jeden Augenblick damit, flüchten zu müssen. 

BlutmondgeborenWhere stories live. Discover now