II.5

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Vier Tage noch, dann war wieder Vollmond.

Arthur hoffte, die Pferde dennoch anzutreffen. Draußen hatte es bereits zu dämmern begonnen, als er den Kühlschrank öffnete und überlegte, ob er wohl besser Karotten oder Würste mitnehmen sollte. Schließlich entschied er sich für die Möhren.

"Ich gehe in den Wald und schau, ob ich die Pferde finde", teilte er seinem Vater mit.

"Pass bitte auf dich auf!"

Arthur würde seinem Vater am liebsten sagen, dass alles gut werden würde. Aber konnte er das, wenn er dabei war, sich freiwillig in die Nähe blutrünstiger Monster zu begeben? Zwar hatten sie ihn beim letzten Mal verschont, aber vielleicht war das auch nur, weil der Junge vor ihm schon genug gewesen war.. Arthur schüttelte den Kopf. Mit solchen Gedanken konnte er nun wirklich nichts anfangen.

Sobald er die Haustüre hinter sich geschlossen hatte, blickte er sich um. Es war gut, dass das Haus etwas abseits stand und sie somit keine Nachbarn hatten, die ihn neugierig durch ihre Fenster beobachten könnten. Dennoch hielt Arthur sich immer im Schatten der Büsche und Bäume, bis er schließlich den Weg erreicht hatte, wo auch die spärlichen Straßenlaternen endeten und er keine Angst vor Entdeckung mehr haben musste.

Seine Hände hatte er in den Taschen seiner Jacke vergraben und den Kopf eingezogen, damit ihm nicht so schnell kalt wurde. Er fühlte sein Herz schneller in seiner Brust schlagen, doch das wunderte ihn nicht. Es war finster, er war alleine, er ging in den Wald - wer hätte da nicht ein wenig Angst, selbst, wenn kein Mörder sein Unwesen trieb.

Schließlich hatte er den Waldrand erreicht und packte sein Handy aus, das er als Taschenlampe benutzen würde. Bei jedem seiner Schritte knackste ein Ast unter seinen Schuhen, und hier und da bewegte der Wind die Bäume und ließ die Nadeln rascheln.

Bereits nach wenigen Minuten spürte Arthur plötzlich eine Kraft, die ihn vom Weg abbringen wollte. Mit gemischten Gefühlen gab er ihr nach und drängte sich zwischen den Bäumen hindurch. Immer wieder musste er sich Zweige vom Gesicht weghalten, und immer wieder kratzte er sich trotzdem an einem. Doch dann war es endlich so weit, vor ihm lichtete sich der Wald ein wenig und wenige Schritte später stand Arthur am Rande der Lichtung mit den Mondblumen. Diese waren in dieser Nacht geschlossen, und auch Blutstropfen konnte Arthur dieses Mal keine ausmachen. Er begann schon zu fürchten, dass dies bedeuten würde, die Pferde könnten nicht kommen, doch dann fesselte eine Bewegung am anderen Ende der Lichtung seine Aufmerksamkeit.

Obwohl der Weg dorthin weit war und er eigentlich nichts sehen dürfte, hatte er im Kopf ein Bild, was sich dort abspielte. Etwas Weißes blitzte zwischen den Ästen hindurch, war noch unkenntlich, bis schließlich ein edler Pferdekopf erkennbar wurde. Arthur sah ihn nur den Bruchteil einer Sekunde, dann war er auch schon wieder verschwunden.

Als er ganz plötzlich einen warmen Atem auf seiner linken Wange spürte, stolperte er hastig zurück. Neben ihm stand ein anderes Pferd, es war tiefschwarz. Arthur fühlte sich wie gelähmt. Als er die Tiere beim letzten Mal so nahe gewesen war, hatte er keine Zeit gehabt, sich wirklich auf sie zu konzentrieren. Doch nun, wo er seine ganze Aufmerksamkeit auf den Rappen neben ihm legte, kam ihm das Tier plötzlich unendlich viel größer und mächtiger vor als je ein anderes Lebewesen es jemals gewesen war. Obwohl das Pferd den Kopf nicht übermäßig in die Höhe streckte, war seine Nase trotzdem über Arthurs Kopf. Eine gewaltige Mähne hing ihm bis weit über den Hals und der Schopf war so lang und dicht, dass Arthur bezweifelte, dass das Tier irgendetwas sehen konnte. Und obwohl er die Augen nicht sehen konnte, fühlte er sich von dem Pferd unter die Lupe genommen.

Blutmondgeborenحيث تعيش القصص. اكتشف الآن