Kapitel 26

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Isabella hüpfte nervös von Fuß zu Fuß in Richtung Wohnzimmer. Ich ging mit erhobener Augenbraue hinter ihr her.

'...sie werden alle mit ihren Partner oder einer Begleitung zu dieser Woche kommen und ich weiß, wie schwer es für dich ist, aber sie erwarten, dass auch von dir. Ich kann dich zu nichts zwingen, weil ich weiß, dass du deinen Partner nicht fragen willst.'

'Jetzt weiß ich auch wo der Hacken war. Warum du eigentlich die ganze Zeit so nervör warst? Du wolltest diese Informationen herauszögern? Aber Miss Moric? Wird erwartet, dass ich mit meinem Partner erscheinen werde?'

Die junge Frau blickte zu mir und dachte längere Zeit nach. Sie legte Zeigefinger und Daumen an ihr Kinn. Ihre Blicke streiften die meine und fuhren durch den Raum. Ziellos und ohne irgendetwas zu suchen, drehte sie sich einmal um sich selbst. Schmunzelnd, dass sie das noch immer tat, sah sie mich im selben Augenblick an.

'Ich denke nicht!'

Schnell zog ich mir ein wirklich elegantes cremefarbiges Etuikleid an, ließ meine Haare rechts über meine Schulter fallen, steckte mir goldene Ohrringe ein, legte mir goldenen Schmuck an und suchte mir passende Pumps aus. Ich schminkte mich dezent, nachdem ich meine Zähne schon vorher geputzt hatte. Nach fünfzehn Minuten stand ich total hübsch vor Isabella und bekam große Augen von ihr geschenkt.

'WOOOW, warst du schnell?'

'Mach dir wegen der Fashionweek keine Gedanken, ich werde mich um eine Begleitung kümmern. Zum Outfit muss ich sagen, was alles ausmacht, wenn man ausgeschlafen ist.'

Isabella verstand den Wink mit dem Pfosten wegen der Aktion am Vortag und schmunzelte mich an.

'Ich vertraue dir.'

*

Ich hatte jetzt drei Stunden damit verbracht mich Löcher in den Bauch fragen zu lassen. Ich versuchte sie kühl und sachlich zu beantworten. Es ging um meinen Beruf, um mein Leben und um den Abflug von Brasilien.

Reporter: Warum waren Sie im Krankenhaus?

Ich: Ich hatte mich beim Baden gehen verletzt, da ich in ein stacheliges Meeresbewohner gelaufen bin.

Reporter: Also hat Neymar Sie gar nicht geschlagen?

Ich: Nein, dass würde er auch nie machen, dazu kenne ich ihn zwar erst seit einem Jahr.

Reporter: Wieso sind Sie dann einfach gegangen? Hätte er das gar nicht verstanden, wenn Sie es ihm erklärt hätten?

Ich: Es tut mir wirklich leid, aber diese Frage werde ich hier nicht beantworten.

Reporter: Sie waren sonst immer gesprächiger wie heute?

Ich: Wissen Sie, es war ein sehr harter Arbeitstag gestern und ich wollte eigentlich heute einfach Mal in Ruhe gelassen werden und ich bitte inständig, dass sie mich nicht weiter mit Fragen bombardieren. Ich möchte mit meiner Vergangenheit abschließen, wollte mein Leben in der Gegenwart leben und sehe meine Zukunft neben Neymar. Also wenn ich bitten dürfte, gehen Sie doch einfach andere Prominente nerven!

Ich wandte mich um und ging gut gelaunt an ihnen vorbei. So ehrlich hätten die mich wahrscheinlich gar nicht vermutet.

*

Es war kurz vor dem Spiel USA - Deutschland in Recife als ich im Internet über den Hotelzimmerlaptop gesehen hatte, dass Brasilien ihr letztes Vorrundenspiel am Montag gewonnen hatten und somit weiter ins Achtelfinale gerückt waren. Ich würde das Spiel nicht hier anschauen, denn Isabella hatte mir erzählt, dass auf dem Marktplatz unserem Aufenthaltorts Public Viewing auch für die Urlauber unter ihnen veranstaltet werden würde. Also zog ich mein neues Trikot an, dass ich mir Originial aus einem Sportgeschäft gekauft hatte. Ich war nach dem Interview zum Gedanken sortieren etwas in der Stadt und hatte etwas Frustshoppen gemacht. Typisch Frau, eben! Ich lief schließlich an diesem Shop vorbei und sah das Auswärtstrikot, welches mir sofort in die Augen gesprungen war. Ich hatte überlegt, ob ich Mats', Mario's oder Kevin's Nummer plus Nachnamen nehmen sollte. Doch am Ende entschied ich mich für ein ganz Verstecktes. Als ich nun mein Deutschlandtrikot anhatte, welche noch mit drei Sternen versehen war, konnte ich mir die deutsche Fahne auf meine Wangen streichen. Davor betonte ich meine Augenpaare mit Wimperntusche und schwarzem Kajal. Euphorisch legte ich meine Schwarz-Rot-Gelbe- Blumenkette, Ohrringe, Haarband, Schweißband und Armreife an. Schließlich hatte ich dann das weinrot-schwarze Trikot mit weißer Schrift, eine schwarze Hotpant und neongelbe Chucks. Ich war wohl Deutschland auf zwei Beinen. Ich öffnete die Tür und wollte in die Lobby als Isabella in den Aufzug sprang.

'Woooaaaaaaah, du hast ein Trikot? Woheeeeeeer?' kreischte sie fassungslos.

Ich merkte sofort, dass es keine Arbeitsveranstaltung war, sondern eine Private. Wir beide waren zueinander anders, da wir beides so gut es ging voneinander fernhielten. Wir sprachen in der Arbeit kaum etwas über Privates und andersrum genauso wenig. Isabella war zweiundzwanzig genauso wie ich und deswegen sah ich sie manchmal sogar als gute Freundin oder auch schon als Schwester. Wir liefen beim Öffnen des Aufzugs aus dem Hotel.

'Aus dem Geschäft.'

Ich musste lachen, als ich ihr das Geschäft zeigte und sie kurz darin verschwand. Am Ende kam sie mit einem ... Oh f*ckin sh*t ... Müllertrikot raus. Muss sie selbst wissen? Anscheinend hatte sie meinen Blick gesehen und legte ihren Kopf fragend auf ihre rechte Schulter.

'Wen hast du den?'

Isa wandte sich zu meinen Rücken und lachte auf.

'Na, wenigstens habe ich keinen auf meinem Trikot stehen, der wegen Verletzung Daheim bleiben musste.'

'Sei nicht so fies. Er spielt besser als Müller Fußball. Er hätte diesen Stammplatz mehr verdient!'

Ich lief einfach weiter und wusste, dass das Trikot die Gerüchte weiter hochpuschten. Ich konnte die Schlafzeile vor meinem inneren Auge schon sehen.

>Amina Hummels und das Reustrikot...<

Innerlich fing ich derbe das Lachen an und sah die Menschenmasse in meiner Nähe. Wir setzten uns auf einem Biertisch mittig dem ganzen Geschehen und holte meine Klatsche raus. Schließlich setzte ich meine Deutschlandbrille auf und schon war ich gewöhnlich wie jeder andere hier auf diesem Platz. Isa kam schließlich wieder mit paar Getränke in der Hand und was würde es geben? Bier!

'Isa, ich vertrag kein Bier. Ich muss morgen fit sein!'

'Ach wegen einem!'

'Und das will meine Vorgesetzte sein?' kicherte ich.

An diesem Abend gewonnen Deutschland sehr nervenaufreibend mit 0:1. Aus diesem einen Bier wurden es schließlich vier, danach noch zwei Sex on the Beach, drei Wodka Energy und ein paar Williams Birne. Irgendwann verabschiedete sich auch noch Isabella, die einen hübschen Mann gesichtet hatte. Als ich mich schwungvoll umwandte, rutschte vom Stuhl und landete unsanft auf den Boden.

Zeiten ändern dich.Where stories live. Discover now