Kapitel 33

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Irritert legte ich mein Kopf auf die Seite und wusste gar nicht, was er von mir wollte.

„Da hat uns eine mit auf sein Selfie bekommen!"

Diese Stimme? Ich wandte mich um und sah in die Augen meines ersten Freundes.

„Moooo!"

Ich fiel ihn um den Hals und weinte leicht vor Freude. Er legte seine Hände auf meine Hüfte und drückte mich noch enger an sich.

„Ich hab dich echt vermisst." hauchte er in mein Ohr.

Ich legte mein Gesicht auf seine Schulter.

„Ich dich auch!"

„Das hört man dich gern, aber wieso weinst du dann?"

Seine Stimme war noch immer so schön wie damals. Wir haben uns seit 2011 nicht mehr gesehen, da er ein Jahr auf Leihe in Augsburg und noch die nächste Saison bei Stuttgart spielen würde. Ich hatte also kaum noch Kontakt zu ihm gehabt.

„Weil mir bewusst wurde, wie sehr du mir noch immer gut tust!"

Er lächelte und wollte sich wieder lösen als wir wieder zusammengepresst wurden.

„Leooooooooo, du zerdrückst uns!" lachten wir beide.

„Er hätte es bis nach der Weltmeisterschaft gar nicht ausgehalten."

„Kommt ihr, wir haben noch einen straffen Plan!"

Ich sagte doch, dass Isabella viel lustiger gewesen wäre. Aber man kann die Situation auch nicht ändern. Wir liefen hinter meinen Manager zu einem Multivan und stiegen nach Autogramme schreiben dort ein.

*

Als es abends wurde, saßen wir in einer schwarzen Limousine und wurden zu dieser Halle chauffiert. Leo hatte schwarze elegante Weste an, drunter ein graues sehr edles Hemd mit einer schwarzen Fliege, eine schwarze Hose - die wirklich gut dazu passte und glänzende Lederschuhe. Mo hatte einen klassischen schwarzen Anzug mit einem schlichten weißen Hemd und einer Krawatte an. Diese Kombination war wirklich atemberaubend an ihm. Er hatte die selben Lederschuhe an wie Leo. Sie sahen ziemlich teuer aus, aber sie konnten sich das auch leisten.

„Ich hab mir zwei hübsche Begleitungen angelacht!" lächelte ich ihnen zu.

Mo lag seine Hand auf mein zittriges Bein.

„Wie hätten wir je Nein zu dir sagen können. Wie hatte Oma Traudl immer gesagt?"

„Was lange währt, wird wieder gut." zitierte ich sie.

Oma Traudl war eine ältere Frau im selben Viertel, in dem Mo und ich in München lebten. Wir hatten sie einmal von der Straße gerettet, seither lud sie uns jeden Tag dankbar auf den Nachhauseweg von der Schule bei sich ein. Sie saß immer auf diesem Stuhl vor der Haustür und wartete auf uns, weil sie keine anderen Verwandten hatte, die in der Nähe wohnten. Wir halfen ihr sehr gerne, da sie immer wieder Späße mit uns machte. Sie konnte auch für ihre stolze 89 Jahre noch immer sehr gut Fußball spielen. Wie oft hatten wir gegen sie verloren? Sie hatte auch immer ihren Gehstock dabei, was die Sache lustiger machte. Aber sie ist ein Jahr bevor Mo und ich beschlossen hatten getrennte Wege zu gehen, verstorben. Sie hatte die letzte Zeit auch sehr ausgeprägte Demenz, dennoch hatte unsere gemeinsame Zeit nie vergessen. Sie hat uns sehr viel über das Leben gelehrt, dafür waren wir ihr sehr dankbar. Ich hörte immer noch ihre Stimme in meine Ohren als sie sagte, dass in ihre Augen nur Mo zu mir perfekt passte.

„Sehe ich gut aus?" wollte ich ängstlich wissen.

Die Jungs durften das ganze schon ziemlich oft beantworten und doch nahm es mir kein Stück Aufregung.

„Amina? Schau dir deine Haare an. Sie sind wunderschön, auch wenn du gerade aus dem Bett gekrochen kommen würdest. Dein Gesicht ist makellos wie immer, für dieses Gesicht würden viele sich unter das Messer legen und für dieses Gesicht lieben einige Fußballspieler an dir. Dein Körper passt perfekt zu deinem figurbetonten Kleid. Mach dir keine Gedanken, dass du nicht gut aussehen würdest."

Hatte er mir wirklich ein Kompliment gegeben? Sowas Schönes hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Amina? Unterstehe dich, du weißt, dass du schon mal mit diesem Mann zusammen warst, also weißt du, wie er ist und wie er war. Sprach ich jetzt sogar schon mit mir selber? Irritiert über diese Situation verließ ich als erste die Limousine, danach stiegen meine zwei 'Charlies' raus.

„Eine neue Schlagzeile: Zwei Charlies für ein Engel."

Ich hörte einen Reporter zu und fing das lächeln an, als ich bemerkte, dass die Jungs diese Worte auch gehört hatten. Ich war in letzter Zeit wirklich mit vielen Fußballspieler abgelichtet worden. Erst Neymar, dann mit meinem Bruder, mit der deutschen und der brasilianischen Nationalmannschaft und zu guter letzt mit ihnen: Mo und Leo. Wir liefen über den roten Teppich an die jubelten Fans vorbei, als wir am Eingang waren, verstummten alle und sprachen miteinander. Ich wandte mich um und erkannte, dass da Paris Hilton mit ihrem Chihuahua angekommen war. Lächelnd blickte ich zu Leo, der das ebenfalls mitbekommen hatte. Mo drehte sich kühl um und hob die Augenbraue.

„Jeder wie er verdient, hn?"

Ich lächelte ihn an. Wir liefen zusammen zu der Sponsorenwand, ließen uns fotografieren und filmen. Auf einmal zeigte ich hinter Leo Hasenohren, als ich Mo die Zunge zeigte. Das Bild war mehr ein Scherz gewesen und doch sollte es morgen auf der Titelseite sein. Wir liefen durch die Halle und ich erkannte neue und alte Arbeitgeber, die mich als Model noch immer sehr hoch anrechneten. Ich musste an jenem Abend sehr viel Sprachen sprechen, weil da waren welche, die kein Wort bis gebrochen deutsch reden konnten. Also musste ich entweder Englisch, Französisch, Spanisch, Brasilianisch oder Italienisch sprechen, schließlich wollte ich auch nicht unhöflich sein.

„Woher kannst du so viele Sprachen?" fragte nun Leo nach einer Stunde doch mal nach.

„Französisch, Englisch und Spanisch hatte ich am Gymnasium. Italienisch, Brasilianisch und Spanisch hatte ich durch Neymar gelernt." erklärte ich ihm belustigt.

„Stimmt, du bist ja gebildeter." lachte Leo ironisch.

„Deine Ironie kannst du dir sonst wohin stecken! Klar?"

Wir standen nun irgendwann an der Bowletisch und trank wieder viel zu viel. Als sich plötzlich ein weiteres bekanntes Gesicht zu unserer Runde gesellte.

„Guten Abend, was macht ihr den hier?" wollte dieser jemand wissen.

Zeiten ändern dich.Where stories live. Discover now