Kapitel 74

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Es war ein kleines Mädchen, welches versuchte über die Mauer zu klettern. Ich lief zu ihr hin und half ihr auf die Mauer, damit sie uns ohne Probleme ansehen konnte. Erschrocken wich ich ein Millimeter weg. Ich konnte es nicht glauben, wer da vor mir saß? Es war das Mädchen, welches mir nach dem Tod meines Kindes im Traum immer wieder mit mir sprach.

'Gib dich nicht auf. Manches ist mehr Schein als Sein.'

Mit jedem Wort wurde das Mädchen im Traum älter und lächelte mir bei dem letzten Wort zu, bevor sie verschwand. Erinnernd blickte ich das Mädchen mit den haselnussbraunen Haaren, ebenso farbigen Augen und das kindliche Gesicht an.

„Guten Morgen, kleines Mädchen." begrüßten Mo das Kind.

„Wie alt bist du denn?" wollte ich wissen.

„Ich bin sechs Jahre alt." lächelte mich das Mädchen an.

Dieses Mädchen weckte aus einen nicht erklärenden Grund meine Mutterinstinkte. Ich trug sie ins Haus, da es Anfang zu regnen.

„Bist du erkältet?" fragte das Mädchen nach.

„Ja, aber halb so schlimm." munterte ich sie wieder auf.

„Wie heißt du eigentlich?"

Ich wusste nicht, warum Mo so misstrauisch dem Mädchen gegenüber war. Fühlte er auch diese steigende Instinkte dieses Mädchen näher verbunden zu sein?

„Theresa!"

„Ein sehr schöner Name." entfuhr es mir.

„Warum bist du alleine unterwegs? Hast du dich verlaufen?" fragte Mo skeptischer.

„Ich suche nach meinen richtigen Eltern." gab die kleine Theresa zu.

Einige Minuten der Stille verging als sie weiter sprach.

„Meine Adoptiveltern sagten mir, bei denen ich bis vor kurzem lebte, dass meine Eltern mich nicht haben wollten, dass sie mich weggegeben hatten gleich nach der Geburt und dass sie sich kaum gemeldet hatten."

Ich sah in ihren Augen, dass sie weinte. Wie schrecklich sowas doch war? Wie konnte man so einem kleinen Mädchen das nur antun? Moritz setzte sich neben uns auf die Couch und musterte das Mädchen intensiv.

„Wo kommst du den her?" stellte ich meine Frage.

„Ich bin in München geboren und lebte bis vor kurzem in einem kleinen Dorf hier in der Nähe."

Ich konnte erkennen, dass Mo's Augen erleuchteten.

„Wie heißt du mit Nachnamen?" wollte er sehr direkt wissen.

„Cameron."

„Du bist die Adoptivtochter von denen, die diese Ferienhütte an mich vermietet hatten?"

Seine Frage war mehr eine Feststellung, die Theresa verständlich nickte.

„Würdest du uns zu deinen Eltern führen?" wollte der gebürtige Münchner wissen.

Sie nickte freudestrahlend. Während sie auf der Couch sitzen blieb, zogen wir uns etwas Alltagstaugliches an. Als wir mit all dem morgendlichen Ritual fertig waren, sah ich Mo musternd an.

„Was hast du?"

„Ich hab irgendwas sehr Komisches in meiner Blase!"

Der Braunhaarige sah immer noch nicht erleichterter aus. Er wurde mit jeder Minute skeptischer.

Zeiten ändern dich.Where stories live. Discover now