Kapitel 1

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Tills Sicht:

Ich saß auf der Treppe und hörte meiner Mum und ihrem neuen Lebensgefährten zu. Klar man belauscht keine Gespräche, aber da sie über mich sprachen konnte ich nicht anders, als zulauschen.
"Er muss dahin! Marie und Ben, müssen sich erstmal hier in Ruhe einleben und Till macht nur Stress seit dem wir hier eingezogen sind. Er bringt die beiden ganz durcheinander. Es ist wirklich problematisch mit ihm. Außerdem wird es nicht besser werden, wenn das Baby dann auch noch da ist.", hörte ich Lutz sagen.
Ich spannte meinen Kiefer an und versuchte meine Enttäuschung und meinen Schmerz herunterzuschlucken. Krass wie schnell man ersetzt werden konnte. Durch neue Kinder. Durch bessere Kinder. Durch unkompliziertere Kinder.
"Aber Lutz wir können ihn doch nicht einfach auf ein Internat abschieben.", entgegnete meine Mum besorgt. "Es muss ja nicht für immer sein. Nur bis sich die Kleinen hier eingelebt haben und das Baby da ist." "Na gut. Dann bespreche ich das Morgen mit ihm.", gab meine Mutter sich geschlagen. Na toll. Auch sie hatte mich aufgegeben.

Enttäuscht ging ich in mein Zimmer und viel in einen unruhigen Schlaf. Das konnte nicht deren Ernst sein. Sie wollten mich einfach so los werden.

"Till hast du mal nen Moment? Deine Mutter will was mit dir besprechen.", fragte mich Lutz, als ich gerade vom Laufen kam und nach oben unter die Dusche wollte. "Jetzt musst du schon für sie sprechen oder was?", fuhr ich ihn direkt an. "Und du musst direkt wieder Ärger machen", provozierte er mich wieder. Ich schnaubte verächtlich. Jedes weitere Wort von mir würde er sowieso gegen mich verwenden, also blieb ich lieber still, warf ihm noch einen vernichtenden Blick zu und ging dann an ihm vorbei zu meiner Mum.

"Was gibt's?", fragte ich sie genervt. "Bitte setzt dich. Ich muss was mit dir besprechen." An ihrem Tonfall merkte ich schon, dass es ihr alles andere als leicht fallen wird. "Kann ich nicht erst duschen? Ich fühle mich echt..." "Jetzt hör ihr doch einfach zu!", unterbrach mich Lutz mit harter Miene. Ich atmete hörbar aus. Was wollte er schon wieder von mir?! Er war nicht mein Vater, also hatte er mir gar nichts zu sagen. "Till, Schätzchen. Lutz und ich sind zu dem Entschluss gekommen, dass es besser ist, wenn du auf ein Internat gehst. Es ist auch nicht für immer! Nur so lange, sich die Kleinen hier eingelebt haben und das Baby da ist. Versprochen.", sagte sie als sie meinen enttäuschten Blick sah. Auch wenn ich es ja schon indirekt durch meine Lauscherei wusste, was kommen würde, traf es mich doch hart. Es aus dem Mund der eigenen Mutter zu hören, machte es noch schlimmer." Wars das? ", sagte ich möglichst ruhig und ließ mir so nichts anmerken.
Meine Mum nickte. Ich drehte mich um und ging nach oben duschen. Immer wieder spielte ich die Szene nochmal durch, aber es ging nicht in meinen Kopf. Ich wurde schön abgeschoben und sie konnten hier einen weiter auf Happy Family machen. Ganz ohne mich.

Die 6 Wochen Sommerferien, gingen viel zu schnell um. Ich hatte kaum ein Wort mit meiner Mum und erst recht nicht mit Lutz gewechselt, seit dem Gespräch. Das war doch eh alles auf seinem Mist gewachsen. Er hatte meine Mum so lange belabert, bis sie zugestimmt hat. Anders konnte ich mir das gar nicht erklären.
Also stand ich nun hier und packte meine Sachen zusammen. Sie erzählten mir noch, dass es sich um ein Sportinternat handelt mit echt guten Leichtathletik Programmen. Vielleicht würde ja doch was Positives dabei rausspringen, wenn ich es in die Staffel schaffe. Oder sogar an Meisterschaften teilnehmen konnte. Aber das würde die Zeit zeigen. Jetzt musste ich erstmal mein zu Hause zurück lassen, um auf dieses ätzende Internat zu gehen.

"Machs gut. Ich hab dich lieb.", sagte meine Mum als sie mich vor dem Internat verabschiedete und sich aus der Umarmung löste. "Ich dich auch.", flüsterte ich. "Bau keinen Scheiß und benimmt dich!", sagte Lutz und haute mir dabei gegen die Schulter. Ich nickte ihm nur einmal kurz zu. War ja klar, dass das seine einzige Sorge war.
"Okay dann könnt ihr jetzt auch abhauen. Ich komm schon klar. ", sagte ich und drehte mich auch schon um und ging mit meiner Tasche Richtung Eingang. Ich hörte wie die Autotüren auf und zu gingen und der Motor gestartet wurde. Dann fuhren sie los und ich drehte mich doch nochmal um und blickte ihnen nach, bis das Auto um die Ecke gebogen war.
Dann wollen wir mal, dachte ich mir und betrat mein neues Zuhause.

What if?Where stories live. Discover now