Kapitel 40

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"Ich wollte eigentlich nie so gemein zu dir sein. Ich weiß auch nicht, aber es hat mir Angst gemacht, dass da jemand ist, der ernsthaft Interesse daran hat wie es mir geht. Ich war überfordert damit. Gerade nachdem ich hier wieder her kam. Ich dachte, wenn ich zurück komme, freuen sich alle und schauen wieder zu mir auf. Aber so war es natürlich nicht. Ich wurde hier genau so schnell ersetzt, wie zu Hause auch. Und das hat bei mir nur diese ganzen alten Narben wieder aufgerissen. Niemand hat mich beachtet. Niemanden hat es interessiert ob ich da bin oder nicht. Niemanden bis auf dich. Und um diese Verwirrung, den Schmerz und die Enttäuschung zu verdrängen, verhalte ich mich wie der Tillinator und laufe entweder nur weg oder bin gemein und wütend auf andere. Ich kann den Tillinator ja selbst nicht ausstehen. Aber er ist ein Teil von mir geworden. Leider ein viel zu großer. Er ist stärker als Till. Besser als Till.", sagte ich dann und schaute sie an.
"Wow. So ehrlich und sentimental war ich schon lange nicht mehr. Ich habe dir gerade Dinge erzählt, die ich jahrelang nur für mich behalten habe.", stellte ich dann erstaunt über mich selbst fest.
"Also ich mag Till tausend Mal lieber als den Tillinator. Er ist definitiv nicht besser als Till. Der Tillinator tut anderen Leuten weh und stößt sie nur von sich weg. Till hingegen ist ein so lieber und hilfsbereiter Mensch. Ja, den mag ich definitiv lieber. Ich würde gerne mehr über Till erfahren und Till besser kennen lernen, wenn es der Tillinator zulassen würde.", sagte sie gedankenverloren. Das klang alles echt sehr schizophren. Aber ein bisschen war es ja so. Ich hatte zwei Persönlichkeiten. Sie waren unterschiedlich wie Tag und Nacht. Wie Engel und Teufel. Wobei der Teufel, leider momentan die Oberhand hatte. Aber das wollte ich ändern. Ich brauchte Till zurück. Ich bin Till. Und nicht dieser blöde Tillinator.

"Till? Meinst du die Tür ist mittlerweile wieder offen?", durchbrach sie dann meine Gedanken. "Keine Ahnung.", sagte ich, stand auf, ging zur Tür und versuchte sie zu öffnen. Aber nichts passierte. "Fehlanzeige.", sagte ich und drehte mich dann wieder zu ihr um. "Boar Viktor.", zischte sie. Dann schlang sie ihre Arme um ihren Oberkörper und rieb sich über die Arme.
"Ist dir kalt?"
Sie nickte kaum merkbar "Ein bisschen schon. Man hätte ich jetzt meinen Bademantel." "Den mit den Einhörner?", lachte ich. Sie streckte mir nur die Zunge raus und sie stieg in mein Lachen ein.
Doch dann wurde ich wieder ernst, musterte sie kurz und sie zitterte tatsächlich etwas. Und auf ihrer Haut hatte sich eine leichte Gänsehaut gebildet.
Kurzerhand zog ich mir meinen Pullover über den Kopf und reichte ihr ihn wortlos. Erst sah sie mich nur mit großen Augen an, aber streckte dann doch zögerlich ihre Hand danach aus und nahm ihn. "Danke.", murmelte sie nachdem sie ihn angezogen hatte. 'Ihr steht der Pulli echt gut' , schoss es mir durch den Kopf. Dann setzte ich mich wieder neben sie.
"Wenn Viktor nicht bald hier auftaucht, wird er was zu hören bekommen.", sagte ich in die Stille.

"Naja jetzt wird es doch erst richtig...", setzte Martha an, brach aber direkt ab, als ihr klar wurde was sie da gerade sagen wollte. "Also interessant, meinte ich.", versuchte sie sich zu retten. Ich musste schmunzeln.
Sie hatte ja recht. Es wurde wirklich gerade erst richtig schön.

Die Aktion hätte, aber auch von dir kommen können. ", sagte ich dann und musste wieder leicht lachen. "Ey!", rief sie empört und schlug mir gegen meinen Arm. Das führte nur dazu, dass ich noch mehr lachen musste. So viel hatte ich die letzten Wochen nicht mehr gelacht. Was war da nur los? Sollte es echt nur an ihrer bloßen Anwesenheit liegen? Vielleicht. Schon verrückt. "Okay ja. Wahrscheinlich hätte sowas auch von mir kommen können.", gab sie dann aber doch zu. Und schon wieder schlich sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen.

What if?Where stories live. Discover now