Kapitel 55

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"Martha ich hab sie glaub ich gefunden!", überfiel Sibel mich dann als ich später ins Zimmer kam. "Wen?", fragte ich verwirrt. Meine Gedanken waren immer noch bei Till. "Na seine Mutter." "Echt?! Zeig her!", sagte ich aufgeregt und stürzte mich schon fast auf sie drauf, als sie mir ihr Tablet hinhielt. "Marion Hainzinger & Lutz Kemper. Marienweg 14, 99428 Weimar. Telefonnummer: 01285/83562.", murmelte ich vor mich hin. Das könnte sie tatsächlich sein. Wie viele Frau Hainzinger gab es schon in Kombination mit einem Lutz in Weimar? Laut der Liste nur sie. Aber um ganz sicher zu gehen, würde ich Till morgen mal unauffällig nach dem Vornamen fragen. Oder war das dann doch zu auffällig? Vielleicht könnte ich auch in seiner Schulakte nachsehen. Aber da würde ich nicht so leicht rankommen. Ich zerbrach mir noch die halbe Nacht meinen Kopf darüber, wie ich es machen wollte, aber konnte mich einfach nicht entscheiden.
Vielleicht konnte ich auch irgendwie an sein Handy und ich würde da etwas Brauchbares finden.
Wahrscheinlich war das die einfachste Lösung.

"Was machen wir Hübschen heute? Ich meine das Wetter ist super und es ist Samstag. Also kein Training oder irgendwelche nervigen Hausaufgaben.", fragte Till mich begeistert, als ich dann am nächsten Morgen zu ihm an den Tisch kam und mich neben ihn setzte. Ironischerweise trug er seine Laufsachen, was bedeutete er hatte seine Runde für heute schon absolviert. So viel zum Thema kein Training. Ich würde wohl nie verstehen, wie man freiwillig so viel Sport machen konnte. Und dann noch so früh am Morgen!
"Ähm keine Ahnung. Was schwebt dir denn vor?" "Lass uns doch mit den Rädern raus fahren in die Felder.", schlug er dann vor. Irgendwie hatte ich das Gefühl er hatte das geplant. "Mit dem Fahrrad? Wirklich jetzt?", sagte ich augenrollend. "Ey komm schon! Die paar Kilometer bekommst selbst du als Körperklaus hin!", lachte er. "Es muss ja nicht jeder so ein Sportfreak sein wie du. Du Oberturnbeutel!"
Ach, wie ich es liebte wenn wir uns gegenseitig aufzogen. Es war so unbeschwert und leicht zwischen uns. Wir waren einfach auf einer Wellenlänge. Aber eigentlich fande ich seine Idee ganz schön und deshalb willigte ich dann auch ein. Mit ihm machte eh alles Spaß und solange wir es gemeinsam machten, war mir schon fast egal was es war. Außer Joggen gehen. Dazu würde er mich nie im Leben überredet bekommen.
Also packten wir noch ein bisschen Proviant ein und dann ging es eine Stunde später schon los.
Die Sonne wärmte unsere Gesichter und der Fahrtwind wehte durch unsere Haare. So musste sich wohl die Freiheit anfühlen.
"Schau mal, hier können wir eine Pause machen.", sagte ich zu Till, als wir an einer großen Trauerweide vorbei kamen. Neben ihr schlängelt sich ein kleiner Bach. Es sah wirklich schön aus. "Okay.", sagte er und wir stiegen von unseren Rädern ab. Dann legten wir sie im Gras ab und holten unser Proviant aus den Rücksäcken. Wir setzten uns ans Ufer und ich zog meine Schuhe aus und hielt meine Füße in das kühle Nass. Das tat so gut und ich merkte erst jetzt wie warm mir eigentlich war. Till tat es mir dann gleich und seufzte erleichtert auf. "Jap. Das fühlt sich richtig gut an." und legte dann den Kopf in den Nacken und schaute verträumt in den Himmel. Ich musterte ihn und konnte nicht anders als zu strahlen. Seine blonden Haare schimmerten immer wieder Gold auf, wenn sich doch mal ein Sonnenstrahl durch das Blätterdach des Baumes verirrte. Dieser Ort hatte etwas magisches.
Dann schaute auch ich in den Himmel und beobachtete die Vögel die über uns kreisten. "Hier ist es wunderschön.", sagte ich gedankenverloren. "Du bist wunderschön.", flüsterte er dann und ich spürte dann seinen Blick auf mir. Ich lächelte verlegen und schaute auch ihm in die Augen. Er war so süß. "Ich liebe dich.", sagte ich und grinste schon wieder wie ein Honigkuchenpferd. "Ich dich auch.", sagte er leise und schon lagen seine Lippen auf meinen. Wie ich diesen Jungen doch liebte. Er war so anders als ich ihn vor zwei Jahren kennengelernt hatte. Okay unsere erste Begegnung auf dem Flur damals, war auch nicht der beste Start. Da hätte ich nicht mal eine Sekunde daran geglaubt, dass wir jemals Freunde und schon gar nicht ein Paar sein könnten. Aber jetzt saßen wir hier zusammen im Gras und küssten uns innig und voller Liebe, als würde es nichts anderes als uns zwei auf dieser Welt geben. Naja in unserer Welt war das auch so.
"Woran denkst du gerade?", fragte er mich dann interessiert. Ich hatte unbewusst aufgelacht. "An unsere erste Begegnung im Flur. Als du dich als  "Chef" vorgestellt hast."  "Das war schon lustig.", entgegnete er lachend. "Ich dachte mir nur, was für ein Spinner. Und ich hatte recht.", lachte ich und er sah mich mit offenem Mund an. "Du bist und bleibst ein Kampfhund!", sagte er und direkt bohrte er seine Finger in meine Hüften und kitzelte mich wie wild durch. Ich schrie und lachte bis er endlich Erbarmen mit mir hatte.
"Du Idiot", japste ich immer noch ganz außer Atmen.
"Nur dein Idiot." Man er war so süß!
Dann legten wir uns auf die Wiese und hingen unsere eigene Gedanken nach. Ich schloss zufrieden meine Augen und das Lächeln wollte einfach nicht aus meinem Gesicht verschwinden. Ich war so glücklich mit Till. Bei ihm konnte ich all meine Probleme und Sorgen vergessen.
"Na schon eingeschlafen?", sagte Till belustigt und als ich meine Augen dann öffnete, hatte er sich aufgesetzt und musterte mich schon wieder. "Nein nur kurz davor.", lachte ich und setzte mich auch wieder auf. Dann küsste ich ihn kurz und sprang dann auf. Fragend sah er mich an. "Na komm. Weiter geht unsere Tour. Genug Pause für heute.", und ich hüpfte freudig zu unseren Fahrrädern zurück. Heute fühlte sich alles so leicht an. So als würde ich auf Wolken laufen. Fühlte sich so die berühmte Wolke 7 an?

Mit genau dieser Leichtigkeit, kamen wir dann zwei Stunden später am Internat an. "Danke, dass du mich zu diesem schönen Ausflug überredet hast.", sagte ich zu Till, als wir unsere Sachen in die Küche brachten um sie dort wieder zu verstauen. "Tja manche muss man halt zu ihrem Glück zwingen. Nicht wahr?" "Ha.ha. Witzig." Naja aber eigentlich hatte er damit recht. Aber er war genau so. Ihm musste man auch manchmal einen kleinen Schupser in die richtige Richtung geben. So wie mit seiner Mutter. Ach Mist! Mein Plan! Den hatte ich komplett aus den Augen verloren, als wir unterwegs waren.
"Ich geh eben auf die Toilette.", sagte er dann, während ich noch die letzte Dose in die Spülmaschine räumte. "Okay" Und dann war er durch die Tür verschwunden. Ich scannte nochmal die Arbeitsplatten ab, ob ich nochwas übersehen hatte, aber da war nichts mehr. Also schloss ich die Klappe wieder. Moment was war das?  Ich blickte erneut auf die Kochinsel. Dort lag Tills Handy. Und dann kam mir DIE Idee.

What if?Where stories live. Discover now