Kapitel 58

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Tills Sicht:

Ich versuchte krampfhaft nicht zu zeigen, wie sehr es mich verletzte, dass ich mal wieder von meiner Mum versetzt worden war. Doch leider funktionierte mein Pokerface bei Martha nicht mehr. Sie hatte mich natürlich durchschaut. Aber ich war ihr dankbar, dass sie nicht weiter nachharkte und mich einfach nur unterstützte. Auch wenn es noch so auswegslos schien, war sie trotzdem da. Sie ist das beste, was mir je hätte passieren können.
Ich kam gerade von meinem Lauf und wollte duschen gehen, als Viktor mich mit den Worten "Hey Till. Hast du nen Moment?" aufhielt. Also drehte ich mich mit meinen Sachen in der Hand zu ihm um und blickte ihn erwartungsvoll an. "Geht es dir gut? Ist alles okay bei Martha und dir?" Verwirrt sah ich ihn an. "Wieso fragst du?" "Naja du wirkst so angespannt und nervös in den letzten 2 Tagen. Und ich hab dich und Martha vorhin reden sehen und dachte vielleicht... Naja, dass es bei euch krieselt.", sagte er und rieb sich dabei mit der flachen Hand über den Nacken. "Nein bei Martha und mir ist alles bestens.", sagte ich angespannt, da ich wusste er würde jetzt nur wieder weitere Fragen stellen, die ich ihm aber nicht beantworten wollte. Klar wir waren sowas wie Freunde, aber trotzdem wollte und musste ich ihm deswegen nicht meine ganze Lebensgeschichte auf die Nase binden. "Was ist es dann?" "Nicht so wichtig okay? Ich geh dann jetzt auch duschen." Also drehte ich mich um und verschwand aus dem Zimmer und ließ ihn einfach so stehen. Schon wieder war ich vor der Realität geflohen. Wieso erzählte ich es ihm nicht einfach? Er würde es bestimmt nicht weiter erzählen und mich auch nicht verurteilen. Dafür war Viktor einfach nicht der Typ. Vielleicht hätte er sogar einen Tipp für mich, wie ich damit umgehen könnte. Ich meine er hatte mir ja schon bei der ein oder anderen Sache gute Ratschläge geben können. Also wieso auch nicht dieses Mal? Unter der Dusche zerbrach ich mir schon wieder den Kopf über meine Mum. Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken, aber ich konnte es einfach nicht verhindern. Wieso hatte sie sich nicht gemeldet? War ich ihr echt so egal? Hatte sie mich schon vergessen? Einfach so aus ihrem Leben gestrichen?
Diese Gedanken machten mich noch verrückt und wollten einfach nicht stoppen. Ich trocknete mich ab, zog mich schnell an. Ich musste jetzt zu Martha. Sie musste mich beruhigen und ablenken, sonst würde ich noch durchdrehen.
Ich klopfte an ihre Zimmertür, aber es kam ein "Momeeent" von Innen. Dann einen  kurzen Moment später öffnete Sibel die Tür. Sie verdrehte die Augen. Okay wow, ich dachte sie hätte es langsam mal akzeptiert, dass es zwischen Martha und mir etwas Ernstes war. "Was willst du Till? Martha ist nicht hier. Also verzieh dich.", gab sie dann zickig von sich. "Okay.", sagte ich verwirrt über ihre Distanziertheit. "Wo ist sie denn?", fragte ich sie dann trotzdem. "Wahrscheinlich draußen.", sagte sie und schloss dann einfach die Tür vor meiner Nase. Was war das bitte?! Es hatte mich nur noch mehr durcheinander gebracht und schon wieder flammten diese blöden Selbstzweifel in mir auf. Sie schien mich echt nicht zu mögen. Und da schossen mir ihr Worte wieder in den Kopf, die sie zu Martha letztens in der Küche gesagt hatte. 'Niemand mag Till' Das war wohl ihr voller Ernst gewesen, sonst hätte sie eben nicht so reagiert. Ich stolperte in meinen Gedanken gefangen durch den Flur, bis sich plötzlich eine zarte Hand in meine Hand legts. Erschrocken sah ich auf und blickte direkt in Marthas besorgten Augen. "Till Was ist los? Du siehst so durcheinander aus." "Ich. Ich. Ach nicht so wichtig.",wich ich ihr aus. Man wieso machte ich das immer wieder?! Ich weiß doch, dass ich ihr vertrauen konnte. Aber schon wieder stand ich mir selbst im Weg und wollte einfach nur vor meinen Gefühlen und Gedanken weglaufen, anstatt mich mit ihnen auseinander zusetzen. Weglaufen war einfacher. Aber weglaufen war auch für Feiglinge. Wo wir wieder beim Thema wären. Ich wollte kein Feigling mehr sein. 'Du wirst immer einer bleiben. Du bist ein Loser. Ein Nichts. Ein Niemand. Dich wird nie jemand richtig lieben können, so erbärmlich wie du bist. Weder deine Familie liebt dich, noch Martha liebt dich richtig. Sie könnte jeden haben. Sie könnte bessere haben. Sie ist doch nur mit dir zusammen, weil du ihr Leid tust.' Meine Selbstzweifel wirbelten nur so durch meinen Kopf und ließen mich keinen klaren Gedanken mehr fassen. "Till?", hörte ich Marthas Stimme, aber ich sah sie nicht mehr. Meine Tränen verschleiherten mir meinen Blick. Mir war plötzlich ganz heiß und gleichzeitig kalt. Mir war auch plötzlich total schlecht. Meine Hände fingen an zu zittern und es drehte sich alles. Marthas Aufschrei war das letzte was ich hörte bevor ich mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug und um mich herum alles schwarz wurde.

What if?Where stories live. Discover now