Kapitel 61

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Marthas Sicht:

Ich machte die ganze Nacht kaum ein Auge zu. Auch in der Schule war ich nur körperlich anwesend. Der Tag zog nur so an mir vorbei ohne, dass ich wirklich was von meiner Umgebung mitbekam. Natürlich wusste mittlerweile die ganze Schule bescheid was mit Till war und ich wurde nur so mit Blicken durchlöchert. Aber mich interessierte das alles nicht. Ich wollte einfach nur zu Till und endlich wissen wie es ihm geht und was der Auslöser dafür war. Deshalb machte ich mich dann auch nach der Schule direkt auf den Weg zum Krankenhaus. Eigentlich hasste ich Krankenhäuser. Immer wenn ich eins betrat, hatte ich direkt ein beklemmendes Gefühl in mir und alleine dieser penetrante Geruch nach Desinfektionsmittel, war nur schwer zu ertragen. Dennoch machte ich mich dann auf den Weg zum Empfang. "Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?", fragte mich eine Dame freundlich und sah mich durch ihre kleine rundliche Brille an, die ihr etwas schief auf der Nase saß. "Guten Tag, ich würde gerne zu Till Hainzinger." "Okay ich schaue mal eben im System nach der Zimmernummer.", sagte sie und tippte schon auf der Tastatur rum und schaute auf den Bildschirm vor ihr. Nervös schaute ich ihr dabei zu. Sie rückte ihre Brille zurecht und sah dann zu mir auf. "Zimmernummer 306. Auf Station 4. Am besten gehen sie hier den Flur entlang, biegen rechts zu den Aufzügen ab und fahren dann zu Station 4 hoch.", erklärte sie mir und zeigte in die besagte Richtung. Ich nickte und verabschiedete mich dann mit den Worten "Vielen Dank. Einen schönen Tag noch." und ging dann den Flur entlang Richtung Aufzug. Mit jedem Meter den ich dem Zimmer näher kam wurde ich nervöser. Ich wusste einfach nicht was mich erwarten würde. In welchem Zustand ich Till antreffen würde. Und das machte mir ein wenig Angst. 300,301,302....305,306. Und schon stand ich vor seiner Zimmertür. Ich zögerte kurz, bis ich dann zaghaft klopfte und ein leises "Herein" hinter der Tür ertönte. Also drückte ich die Klinke runter, öffnete die Tür und trat in den Raum. Ich sah Till in einem Bett liegen. Er lächelte als er mich reinkommen sah. Eigentlich sah er aus wie immer, doch irgendwas war los. Das spürte ich einfach. "Hey. Wie geht's dir?", versuchte ich mich aber dann normal zu verhalten. Ich wollte ihn nicht zeigen, wie sehr ich mir Sorgen machte. "Hey! Ich freue mich so dich zu sehen.", sagte er und lächelte mich an. "Ich bin auch froh, dass du wieder wach bist.", sagte ich und umarmte ihn dann und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. "Wie geht es dir? Was haben die Ärzte gesagt? Wann darfst du wieder nach Hause?", sprudelten die Fragen nur so aus mir heraus, während ich mich auf der Bettkante niederlies. Er schaute mich aus belustigten Augen an. Aber ich spürte, dass da irgendwas nicht stimmte mit ihm. Und das machte mich total nervös. "Mir geht es gut Martha. Mach dir keine Sorgen. Ich hatte nur einen Kreislaufkollaps. Meiner war halt echt. Nicht so wie deiner im Stadion.", zog er mich auf. Ich musste kurz auflachen, als ich an diese echt bescheuerte Aktion zurückdachte. Naja obwohl, so blöd war sie eigentlich nicht, denn das Gespräch danach im Park war das erste richtige welches wir bis Dato geführt hatten. So gesehen hatte sich die Show gelohnt. Nur Schauspielererin würde ich damit wohl nicht werden. "Die Ärzte haben mich über Nacht nur zur Kontrolle da behalten. Also ich denke, ich kann heute wieder gehen.", erzählte er mir dann und holte mich so aus meiner Erinnerung zurück ins Hier und Jetzt. Aber so richtig bei der Sache war ich trotzdem nicht. Das merkte auch Till sofort. "Martha? Was ist los?" "Irgendwas ist mit dir los.", entgegnete ich ihm dann direkt. "Man Till, du musst vor mir nicht deine Fassade aufbauen. Du kannst mit mir über alles reden. Ich bin da. Ich höre dir zu.", sagte ich und auch wenn ich es nicht wollte, schwang ein bisschen Wut in meiner Stimme mit. Er seufzte und schloss kurz seine Augen. So wie er es immer tat, wenn er mit sich kämpfte. "Okay.", gab er sich dann geschlagen. Aber ich wollte ihm nicht dazu drängen, sondern wollte, dass er von sich aus zu mir kam und mir erzählte was ihn bedrückt. Es enttäuschte und verletzte mich, dass er mir doch noch nicht zu vertrauen schien. Obwohl er sich mir gegenüber schon sehr geöffnet hatte. Aber genau deshalb verstand ich nicht, wieso er sich jetzt wieder in sein Schneckenhaus verkriechen wollte.
Vorsichtig spürte ich wie seine Hand über meinen Handrücken strich. Langsam sah ich zu ihm auf, nachdem ich in Gedanken versunken auf die Bettdecke gestarrt hatte. "Bitte sei jetzt nicht sauer.", bat er mich dann schon fast flehend. "Ich bin nicht sauer. Es ist nur, naja. Ich will halt, dass du weißt du kannst immer mit mir reden. Egal um was es geht, okay?", sagte ich nun ganz sanft. Er lächelte mich dankbar an und zog mich kurzerhand auf sich drauf und gab mir einen Kuss. "Ich liebe dich.", flüsterte er dann leise in mein Ohr.  "Und ich liebe dich.", sagte ich genau so leise und dann  war es wieder da: Dieses dummseelige verliebte Lächeln auf meinen Lippen.

What if?Where stories live. Discover now