Kapitel 13

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Als ich Abends im Bett lag, dachte ich über den Tag nach. Er war echt beschissen angefangen, aber dann hatte Martha ihn irgendwie versüßt. Ich musste an Olivias Worte denken. "So verschieden wie die anderen seid ihr nämlich gar nicht." Und sie hatte verdammt recht damit. Martha und ich waren uns ähnlicher, als wir am Anfang gedacht haben. Naja, als ich am Anfang gedacht habe. Sie könnte eine echt gute Freundin werden. Haha!
Wem machte ich hier eigentlich was vor?! Was dachte ich da für einen Schwachsinn?! Als ob sie mit mir befreundet sein wollen würde. Nicht mit dem einsamen Tillinator.
Mein Handy vibrierte plötzlich und ich schaute drauf. Eine Nachricht vom Stieftrottel. Ich seufzte auf. Was kam jetzt wieder von ihm?! "Hallo Till, du bist jetzt wieder an der Schule angemeldet, aber glaube nicht, dass du in den Ferien zu uns kommen brauchst. Du hast dich gegen die Familie entschieden, also musst du jetzt mit den Konsequenzen leben." Wütend schaute ich auf das Display. Ich war doch eh schon lange kein Teil der Familie mehr. Dann hatte ich ihm ja jetzt einen Gefallen getan und er war mich endlich los.
Stumm rollte eine Träne über meine Wange. Fuck ich musste hier raus. Laufen. Egal wohin. Egal wie weit. Einfach hier raus. Es war zwar schon spät, aber trotzdem zog ich mich um und schlich mich raus, damit ich wenigstens noch eine Runde durch die Stadt drehen konnte. Doch als ich mir gerade meine Kopfhörer in die Ohren stecken wollte, hörte ich ein leises Schluchzen. Es kam vom Basketballfeld. Ich starrte angestrengt in die Dunkelheit und konnte tatsächlich Umrisse erkennen. Erst wollte ich es einfach ignorieren, aber ich hatte kein gutes Gefühl dabei. Also ging ich langsam in die Richtung. "Hallo? Ist da jemand?", fragte ich leise. "Nein", murmelte die Person. "Kann man dir helfen? Bist du okay?", fragte ich weiter. Es blieb still. Dann holte ich mein Handy raus und leuchtete in die Ecke. "Martha?!" Überrascht starrte ich sie an. "Man mach das Licht aus du Turnbeutel!", zischte sie. Ich ließ den Lichtkegel von ihrem Gesicht vor ihr auf den Boden aufleuchten, trotzdem sah ich wie sie versuchte, die verheulten Augen mit dem Ärmel trocken zuwischen. "Geht es dir gut?" "Klar. Siehst du doch. Wo willst du denn hin? Jetzt sag nicht schon wieder trainieren?!", lenkte sie schnell von sich ab. Ihre Stimme war immer noch brüchig. Aber was war passiert? Wieso saß sie hier draußen weinend und alleine? "Naja, ich wollte laufen gehen. Aber nicht des Trainings wegen." "Sondern?" "Nicht so wichtig." "Okay. Dann egal. Ich geh wieder rein.", sagte sie und stand auf. "Martha bist du wirklich okay? Irgendwas hast du doch. Sonst wärst du doch nicht hier." "Lass es gut sein Till. Du erzählst mir auch nichts, also wieso sollte ich dir dann was erzählen?!" Da konnte ich ihr nicht widersprechen. Ich konnte nicht von ihr verlangen, dass sie mir was Persönliches anvertraute, wenn ich bisher immer abgeblockt habe. "Okay. Du hast gewonnen!", rief ich ihr nach, als sie schon an der Treppe war. Sie drehte sich um. Ich ging ihr entgegen. Ich sah ihren fragenden Blick. "Ich bin auch voller Probleme.", sagte ich ihr. "Das dachte ich mir.", sagte sie matt und ging rein. Ich schaute ihr verwirrt nach. Was war das denn? Ich wollte mich ihr gerade öffnen und sie gab mir gar nicht die Chance dazu.
Man wieso machte ich mir überhaupt die Mühe?
Ich schüttelte den Kopf.
Fürs Laufen war es jetzt auch zu spät. Frustriert ging ich wieder in mein Zimmer und warf mich aufs Bett. An Schlaf war aber nicht zu denken. Immer wieder kreisten meine Gedanken um Martha. Man was machte sie nur mit mir?! Ich erkannte mich selbst nicht mehr wieder. Vor paar Tagen noch, hätte ich keine Sekunde an sie verschwendet, aber irgendwie war es seit dem heutigen Tag anders. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich verstehen würde. Und mir tat es immer mehr Leid, dass ich so fies zu ihr war.

What if?Where stories live. Discover now