Kapitel 64

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Tills Sicht:

Seelig lächelnd schaute ich Martha dabei zu, wie sie in meinen Armen schlief. Sie war einfach das schönste, liebste und süßeste Mädchen der Welt. Und ausgerechnet ich hatte das Glück, sie als meine Freundin zu haben. Sie hatte es vorhin tatsächlich geschafft mich aus meinem Loch rauszuholen. Ich fragte mich jedes Mal aufs Neue, wie sie das nur hinbekam. Aber mit ihrer zauberhaften Art, baute sie mich jedes Mal wieder auf. Ich hatte ihr sogar von meinen Panikattacke erzählt und bereute es, dass ich ihr nicht direkt die Wahrheit gesagt hatte. Sie war so verständnisvoll und rücksichtsvoll. So ein Verhalten war ich gar nicht gewohnt. Normalerweise war ich immer derjenige der zurück stecken musste, aber bei ihr stand ich an erster Stelle. Für sie war ich die Nummer 1, genau so, wie sie es für mich war.
Plötzlich spannte Martha sich neben mir an. Ihr ganzer Körper schien unter Strom zustehen und drohte zuzerreißen. Besorgt musterte ich sie. Ihr Hände hatte sie so fest zu Fäusten geformt, dass die Knöchel schon weiß hervor traten. Was träumte sie nur? Es konnte auf jeden Fall nichts Gutes sein. Dann schlug sie ihre Augen auf und atmete panisch. Doch als sie dann zurealisieren schien, dass sie immer noch hier bei mir war, beruhigte sich ihre Atmung ein wenig. Ihr Blick schweifte umher, bis ihre Augen meine Augen fanden. "Was ist los? Was hast du geträumt?", fragte ich sie sanft. "Es war schrecklich. Und so realistisch. Bitte verlass mich nicht und bitte rede dir so etwas nie ein.", murmelte sie an meine Brust gekuschelt. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen. Was sollte ich mir nicht einreden? Und wieso zur Hölle sollte ich sie verlassen wollen? "Was meinst du damit?" "In meinem Traum. Da. Da haben wir ganz fürchterlich gestritten und du meintest, ich würde dich gar nicht lieben und ich würde nur solange mit dir zusammen sein, bis ich jemand Besseren finde, aber das stimmt doch nicht. Du bist schon der beste, den es gibt. Ich will nur dich und keinen anderen." Sie klang so verzweifelt, dass sich mein Herz schmerzhaft zusammenzog. "Hey Martha, ganz ruhig.", sagte ich und legte beruhigend meine Hand an ihre Wange. Sie schloss kurz die Augen und genoss diese Berührung. "Ich werde dich nie verlassen. Denn auch du bist das beste was mir je passiert ist. Ich liebe dich. Nur dich. Und verdammt ich brauche dich. Ohne dich bin ich ein Nichts. Ein Niemand." Sie lächelte zaghaft, es wirkte fast schon schüchtern. "Ich liebe dich auch.", erwiderte sie dann und schon lagen unsere Lippen aufeinander. 'Wow sie küsst so gut.', schoss es mir durch den Kopf und schon wieder bekam ich dieses berauschende Gefühl. Ich war süchtig danach. Süchtig nach ihr. Von mir aus hätte dieser Moment für immer dauern können, aber leider wurden wir von dem Geräusch der sich öffnenden Tür zurück in die Realität geholt.
"Till. Wie ich sehe geht es dir schon besser.", kam eine lachende Frau Schiller in das Zimmer spaziert. Wie unangenehm. Peinlich berührt setzte Martha sich auf und sah mich kurz an und um ihre Augen spielte sich ein Lächeln. Ich schaute sie genau so an und wir mussten uns zusammen reißen nicht laut los zulachen.
"Ja ich fühle mich auch besser.", sagte ich in der Hoffnung endlich zurück zum Internat zudürfen. "Das trifft sich gut. Ich bin nämlich hier, um dich abzuholen. Martha dich kann ich dann natürlich auch mitnehmen.", wendete sie sich dann Martha zu. Ich strahlte. Endlich konnte ich hier raus. Direkt sprang ich aus dem Bett, ging zu dem Schrank, stopfte meine paar Klamotten in die Sporttasche und stand dann abfahrbereit vor Frau Schiller.
Sie schüttelte amüsiert den Kopf, drehte sich dann zur Tür und ging durch diese hindurch auf den Flur. Ich blickte kurz zu Martha, die immer noch am Bett stand. "Kommst du?" "Klar.", sagte sie und kam dann zu mir. Ich nahm ihre Hand und schon merkte ich, wie sie sich entspannte. Dann gingen wir Frau Schiller hinterher und fuhren zurück zum Internat. Zurück nach Hause.

Wir hielten mitten auf dem Internatshof, auf dem sich noch einige wenige Schüler aufhielten. Manche standen im Kreis und warfen sich einen Ball zu. Andere saßen zusammen und redeten. Doch als wir ausstiegen, lagen ihre Blicke auf uns. Und es wurde ganz still auf dem Hof. Mit schnellen Schritten ging ich zum Eingang, um von diesen gaffenden Blicken wegzukommen. Ich war doch nur zwei Tage im Krankenhaus, also was schauten sie jetzt so blöd?! "Hey Till, warte doch.", rief Martha mir hinterher und stolperte mir nach. "Till, nicht so schnell. Ich würde dich gerne in meinem Büro sprechen!", rief Frau Schiller die Treppe rauf. Genervt blickte ich an die Wand, bevor ich mich zu ihr umdrehte. Ich seufzte laut auf und folgte ihr dann in ihr Büro. "Setzt dich bitte.", sagte sie. "Frau Schiller ich will doch einfach nur in mein Zimmer. Was gibt es denn so wichtiges?", wollte ich direkt wissen und ließ mich auf den Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand, fallen. "Hör mal ich habe vorhin mit den Ärzten gesprochen und sie haben mir erzählt was mit dir los ist. Keine Sorge ich behalte es für mich, aber möchtest du mir vielleicht erzählen woher das alles kommt? Ich habe auch versucht deine Eltern zu erreichen, aber da ging keiner ran." "Das kann ich mir denken. Sie hatten heute was besseres vor.", lachte ich verächtlich. "Was ist los bei dir zu Hause?", fragte sie sanft. Ich merkte direkt wie ich mich wieder hinter meiner Fassade versteckte und diese unkontrollierbare Wut in mir aufkochte. "Das geht Sie überhaupt nichts an.", zischte ich ihr entgegen und rutschte dabei auf meinem Stuhl hin und her. Sie atmete laut aus und sah mich nochmal fordernd an, ich blieb aber still und funkelte sie nur böse an. "Kann ich jetzt gehen? Ich bin müde.", sagte ich dann genervt. Sie nickte kaum merkbar und schon sprang ich auf und war heilfroh dieser angespannten Situation entfliehen zukönnen.
Im Flur stand Martha und als sie die Tür hörte schaute sie auf und sah mich unsicher an. " Was wollte Frau Schiller von dir?" "Ach, nicht so wichtig. Komm, wir gehen in mein Zimmer.", sagte ich immer noch leicht wütend, nahm ihre Hand und zog sie ohne auf eine Antwort zuwarten hinter mir her. Überfordert stolperte sie mir nach und ich ließ sie erst wieder los als die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war. Verwirrt starrte sie mich an und rieb sich das Handgelenk. Mist war ich zu grob gewesen? Das wollte ich nicht. Aber dieses blöde Gespräch hatte so vieles wieder aufgewühlt, was ich doch eigentlich erfolgreich verdrängt hatte. "Till? Was ist?" "Ach man. Ich hasse sie!", rief ich verzweifelt und raufte mir dabei die Haare und trat gegen den Bettpfosten. "Du hasst sie nicht wirklich. Sie hat dich enttäuscht, aber du darfst sie trotzdem vermissen.", hörte ich sie sagen. Es waren zwar simple Worte, aber sie lösten so viel in mir aus, dass ich wieder anfing zu zittern. Langsam kam Martha auf mich zu und nahm mich in den Arm." Ssshh es wird alles gut. Es ist okay, hörst du? Es ist vollkommen okay."
'Nichts ist okay. Du bist so eine Wurst. Anstatt, dass du sie beschützt, muss deine Freundin dich hier trösten. Einfach nur erbärmlich. Lächerlich. Sei mal ein Mann und heul hier nicht immer so rum', Die Gedanken in meinem Kopf hörten sich genau so an wie die Stimme meines Vaters. Das gab mir nun entgültig den Rest. Ich sackte zusammen und Martha schaffte es noch gerade so, mich in mein Bett zu manövrieren. Ich merkte wie sie sich neben mich legte und sich an meinen Rücken kuschelte und ihre Arme um mich schlang. Ihre Nähe beruhigte mich langsam und ich schlief erschöpft ein.

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